In der Diskussion werden mittlerweile zwei Sachen vermischt.
Es gibt touristische Hot-Spots wie beispielsweise den Mont Saint Michel, Roms Zentrum oder die Cote d´Azur, wo die Infrastruktur und die Preise extrem an den Tourismus angepasst sind. Inländer sind dort ebenso betroffen wie Ausländer, denn beide Gruppen kommen aus dem gleichen Umfeld und bilden die gleiche Klientel.
Dann gibt es Gegenden mit einer von unserer abweichenden Kultur und mit einem anderen sozialen und wirtschaftlichen Gefüge. Dazu gehören zum Beispiel Marokko oder Indien. Dort treffen ausländische Touristen auf inländische Armut, wo auch der aus seiner Sicht „nicht sofort als typischer Tourist mit Taschen voller Geld auszumachende Besucher“ natürlich trotzdem sofort als solcher erkannt wird. Wer nämlich nicht jeden Tag aufs Neue damit beschäftigt ist, genug zum Überleben seiner Familie herbeizuschaffen sondern wer stattdessen wochenlang und ohne wirtschaftliche Gründe durch fremde Länder reisen kann und durch die Souks der Medinas schlendern kann, der ist im Vergleich natürlich reich und wirtschaftlich unabhängig.
Zusätzlich herrschen in anderen Kulturen auch andere Mentalitäten im Wirtschaftsverkehr und die Preisfindung gehorcht anderen Gesetzen. Handeln ist wesentlicher Teil des Geschäfts. Geht das Transportmittel kaputt, ist das Obst morgen am Stand teurer, da das Fahrzeug repariert werden muss. Ich habe aber im muslimischen Raum grundsätzlich ein aggressiveres Verhalten von Verkäufern erlebt als in Gebieten mit anderen Religionen. In Nordindien kann man das gut vergleichen. In buddhistischen Gebieten wie Ladakh ist das Handeln sehr entspannt, es sei denn, man gerät an die die Ladakhis verdrängende kaschmirischen Händler. In muselmanischen Gebieten wie Kaschmir empfand ich das Verhalten der Händler ähnlich aggressiv und unangenehm wie in Marokko. Die hinduistischen Gegenden fand ich so in der Mitte liegend.
Es gibt aber auch die andere Seite. Nicht-muslimische Händler und Hoteliers beklagten sich in Indien mir gegenüber unisono über das aggressive Verhalten der israelische Touristen, die anscheinend sehr überzeugend fabulieren, dass sie alle arm wie eine Kirchenmaus seien und damit um jede Rupie bis aufs Blut feilschten. Erstaunt waren die Einheimischen, wenn man Ihnen erklärte, dass Israelis ähnlich wohlhabend seien wie der Rest der Touristen (dies war nämlich immer der Ausgangspunkt der Gespräche).
Wenn man nicht bereit ist, die Gebräuche in einem anderen Land halbwegs zu akzeptieren, dann macht zumindest eine individuelle Reise dorthin nicht wirklich Spaß.