Hallo zusammen,
nachdem Detlefs Kurzbericht von der Islandtour auf so reges Interesse gestoßen ist, dachte ich mir, ich verzähl Euch mal was aus dem hierzulande eher unbekannten Kamerun, auch wenns schon 'n paar Monate her ist, daß ich dort unterwegs war. Meinen Reisepartner Falko hatte ich übrigens hier übers Forum kennengelernt ...
Kamerun ist kein typisches Reiseland, schon gar nicht für Radler. Auf den Straßen fahren lauter Bekloppte und auf den Pisten kann es ziemlich anstrengend werden, weil die besonders nach der Regenzeit in erbärmlichen Zustand sein können. Unser Negativrekord in 10 Stunden lag bei 27 km. An manchen Schlammlöchern ziehen sich die LKWs gegenseitig durch und jeder, der zuletzt durchgezogen wurde, muß dann warten, bis der nächste kommt, um diesem zu helfen. Das kann Stunden oder Tage dauern, ist aber die einzige Möglichkeit, die Piste befahrbar zu halten.
Das folgende Bild zeigt ein inzwischen "trockenes" Schlammloch auf ehemals ebener Piste, welches über 2m tief ausgefahren wurde. Wenn man unten drin steht, kann man den Arm nach oben strecken und erreicht teilweise nicht die Oberkante der Erdwälle.
Die Probleme im Land fingen schon beim Geldwechseln an. Trinkwasser mußten wir häufig aus Bächen entnehmen und filtern und unsere Eßgewohnheiten wurden angepaßt. Ich wurde zum Teilzeitvegetarier und Brot auf Vorrat kaufen ging auch nicht, weil es wegen der hohen Luftfeuchtigkeit meist schon über Nacht verschimmelte. Es gibt jede Menge unangenehme Krankheiten, Malaria ist sehr verbreitet und ohne Gelbfieberimpfung kommt man gar nicht erst ins Land. Dengue und Bilharziose, Hakenwürmer, Guineawürmer, Leishmaniasis, Loa-Loa (Kamerun-Beule) usw. sind ebenfalls unerfreulich häufig. Information über die vorkommenden Krankheiten ist m.E. wichtig. Vorbeugen ist immer besser als auf die Schuhe kotzen.
Was Kamerun trotz aller Widrigkeiten so interessant macht, sind die aufgeschlossenen und freundlichen Menschen. In keinem afrikanischen Land gibt es mehr Schüler, die Deutsch lernen und viele wollen ihre (meist schwer verständlichen) Sprachkenntnisse ausprobieren.
Kamerun war früher mal deutsche Kolonie und Deutschland hat das Schulwesen und die Kirchen nach Kamerun gebracht. Als Deutscher ist man in Kamerun deshalb noch heute gern gesehener Besucher.
In die Dörfer abseits der Teerstraßen kommen Weiße mancherorts nur selten. Das folgende Bild entstand, als ich ein Schulkind am Straßenrand fotografieren wollte. Von überall auf dem Schulgelände kamen die Kinder herbeigerannt, um noch irgendwie aufs Foto zu kommen.
In Kamerun herrschen auf dem Land oft sehr einfache Bedingungen. Es gibt weder Strom noch Wasser und auch keine Toiletten. Der durchschnittliche Monatsverdienst beläuft sich auf 15 Euro, also unglaubliche 50 Cents pro Tag, um eine oftmals große Familie durchzubringen. In den kleinen Läden in den Dörfern ist manchmal nicht einmal Wechselgeld im Wert von 15 Cents vorhanden.
Mancherorts gibt es Jugendliche, die gerne ein Fahrrad hätten, aber sich natürlich nicht leisten können. Entlang guter Straßen an größeren Bergen begegnet man manchmal irgendwelchen Urenkeln von Barnie Geröllheimer, die sich ein Fred-Feuerstein-Gedächtnis-Fahrrad zusammengedengelt haben, mit dem sie die langen Gefällstrecken runterrollen können. Der Rückweg wird dann halt geschoben. Die abgebildete Konstruktion hatte übrigens eine Lenkung, die genauso leichtgängig und ohne Spiel war wie die Lenkung von meinem Rad. Keine Ahnung, wie die das mit so einfachen Mitteln geschafft haben ...
.... Entschuldigung für den langen Beitrag und evtl. muß der/die ein oder andere die Bildschirmhelligkeit und/oder Kontrast verstellen, damit die Bilder vernünftig aussehen ...
Gruß
Wolfgang