Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf
von: Christian
Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 19:20
Guten Abend liebe Mitstreiter,
ich würde euch gern um Rat hinsichtlich der Rahmengeometrie und des Fahrverhaltens fragen.
Vor 4 Jahren kauften mein Vater und ich in einer kleinen Rahmenschmiede jeweils einen für uns gefertigten Reiseradrahmen - 26 Zoll, Stahl, gemufft, dazu eine schicke Kronengabel…
Nach dem Aufbau haben wir beide uns gewundert, dass die Räder vom Verhalten ein wenig nervös sind, positiv ausgedrückt - agil, sie fahren sich also irgendwie besonders.
Das hielt uns nicht davon ab, auch 2 Reisen in Norwegen damit zu unternehmen.
Trotzdem ließ mir das Verhalten keine Ruhe, weil ich eben gern das perfekte Rad zum Ziel habe.
So habe ich ein paar Messungen durchgeführt:
Der Steuerrohrwinkel ist mit 74 Grad recht steil.
Die Gabelvorbiegung mit ca. 65 mm jedoch recht groß.
Es resultiert ein Nachlauf von ca. 20 mm +/- 4 mm (mir sind sicher Messungenauigkeiten unterlaufen)
Dies erklärt aus meiner Sicht das Fahrverhalten .
Wie würdet ihr vorgehen?
Hab gelesen dass ein Nachlauf von 40-60 mm im Bereich der Norm liegt - und unserer eben weit außerhalb…
Fahren wir eine -übertrieben ausgedrückt- eine tickende Zeitbombe?
Die einzige Option die mir vorschwebt ist der Austausch der Gabel durch ein Modell mit geringerer Vorbiegung.
Würde eine geringere Vorbiegung das Rad auch leicht anheben? Hintergrund dieser Frage ist das relativ niedrig liegende Tretlager (26 cm hoch).
Bei Norwid habe ich beim Gotland eine Gabel gesehen, die etwas höher baut und vielleicht diese beiden Eigenarten unserer Räder positiv beeinflusst…
Was meint ihr dazu? Bin auf eure Meinungen sehr gespannt…
Vielen Dank und schöne Grüße
Christian
von: BaB
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 19:28
Würde eine geringere Vorbiegung das Rad auch leicht anheben? Hintergrund dieser Frage ist das relativ niedrig liegende Tretlager (26 cm hoch).
Dazu brauchst du eine längere Gabel.
Bei Norwid habe ich beim Gotland eine Gabel gesehen, die etwas höher baut und vielleicht diese beiden Eigenarten unserer Räder positiv beeinflusst…
Klingt doch gut.
Eine Vorbiegung von 65mm ist schon reichlich. 45 bis 55 eher die Norm (wenn man dabei von Normen reden kann).
Vielleicht gibst du uns mal ein paar Fakten zu deiner Gabel? Einbauhöhe, Schaftdurchmesser und -länge... dann könnten wir dir vllt. auch andere Gabeln empfehlen bzw. einfach mal eine leihen zum Einbauen und Testfahren? Bevor du dir eine neue Gabel kaufst und dann vllt. wieder enttäuscht bist.
Was für Laufräder und Reifen fährst du?
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 19:40
Hallo,
danke für deine Nachricht…
meinst du denn dass jemand geeignete Gabeln über hat?
Die Länge ist 39,5 cm, der Schaft ca 28 cm lang.
Es ist eine 1 1/8 Zoll Ausführung, ahead…
Viele Grüße
Christian
von: panta-rhei
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 20:08
So habe ich ein paar Messungen durchgeführt:
Der Steuerrohrwinkel ist mit 74 Grad recht steil.
Die Gabelvorbiegung mit ca. 65 mm jedoch recht groß.
Es resultiert ein Nachlauf von ca. 20 mm +/- 4 mm (mir sind sicher Messungenauigkeiten unterlaufen)
ups, dass ist schon ziemlich extrem!
Hab gelesen dass ein Nachlauf von 40-60 mm im Bereich der Norm liegt - und unserer eben weit außerhalb…
Fahren wir eine -übertrieben ausgedrückt- eine tickende Zeitbombe?
Noe. Eine nichttickende Fehlkonstruktion - vermutlich gabs grad keine Muffen in den richtigen Winkeln - und zum Richten fehlte die Lust

...
Wer war der Künstler?!
Die einzige Option die mir vorschwebt ist der Austausch der Gabel durch ein Modell mit geringerer Vorbiegung.
... und etwas höherem Abstand "Achse - Gabelkonussitz"
von: BaB
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 21:17
Ja, da gibt es schon so das ein oder andere Testexemplar in der Werkstatt. Hast du zufällig eine Scheibenbremse? Dann könnte man auch testweise 28" Gabeln verbauen UND du hast weiterhin eine VR-Bremse.
Diese hier habe ich z.B. auch zu Hause:
https://shop.ra-co.com/de/gabeln/trekkin...arz-093350.html Mit 435mm Einbauhöhe sollte der Lenkwinkel schon etwas flacher werden.
Ansonsten ginge auch noch eine Federgabel (soll ja nur zum Testen sein und nicht auf Dauer). Gerade wenn man einen "extremen" Unterschied (also nicht nur 1cm sondern gleich 6cm Änderung) macht, sollte man das im Fahrverhalten spüren.
Wenn du magst, könnten wir uns z.B. mal in der Werkstatt in X-berg treffen (frühestens ab nächster Woche) und den Umbau und Fahrtests dort vornehmen.
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 21:26
steile Lenkwinkel und üppige Vorbiegung machen das Rad sehr agil. Es ist üblich, das bei Rädern zu machen, die für Frontgepäck optimiert sind. Z.B. dem Soma Grand Randonneur. Das Surly Pack Rat hat z.B. auch 74° Lenkwinkel, allerdings nur 44 mm Fork Rake.
Wenn ihr das ändern wollt, bietet sich bei dem niedrigen Tretlager eine längere Gabel an.
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 07.02.22 22:13
Also ich habe bei meinen Maßrahmen immer einen Lenkwinkel von 71° bauen lassen, was zusammen mit einer vernünftigen Gabelvorbiegung einen Nachlauf von 45-50 mm bedeutete. Allerdings waren klassische Rennräder früher vorn und hinten tatsächlich mit 74° Winkeln ausgestattet, das baut heute auch eher niemand mehr so.
Es wurde schon gesagt: du brauchst mehr Höhe. Ich habe zB ein Rad, welches auf 32-559 Bereifung ausgelegt ist, mit 28-622 Laufrädern ausgestattet und der Effekt ist schon eine spürbar größere Trägheit im Lenkverhalten, das nur als Symptom dafür, daß ein größerer Nachlauf schon seine Auswirkung hat.
Für dich käme eine Gabel mit deutlich weniger Vorbiegung in Betracht, weiß nicht, ob es sowas am Markt (noch) gibt. Eine höher bauende Gabel brächte einen ähnlichen Effekt, wie wirksam, kann man leicht in einer 1:10 Zeichnung auf einem A3 Blatt verifizieren.
Eine nur höher bauende Gabel hätte zudem den Nachteil, daß sie auch den Sitzrohrwinkel verändert und damit die Sitzposition bezogen auf die Kurbel, was auch spürbar ist. Je flacher das Sitzrohr, desto mehr tritt man nach vorne und bleibt selber mehr sitzen, je steiler, desto mehr tritt man nach unten und setzt sein Körpergewicht mehr ein, ohne deswegen gleich im Stehen zu fahren.
Eine dritte Option könnte bei Scheibenbremsen sein, vorne ein größeres Laufrad zu nutzen. Das aber natürlich nur, wenn dafür am Gabelkopf genügend Platz für Reifen und ggf Schutzblech vorhanden ist. Viele Gabeln würden immerhin eine diesbezügliche Prüfung nicht ausschließen.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 06:50
Guten Morgen...
und danke für Dein Angebot.
Allerdings habe ich V-Brakes, so dass da gewisse Einschränkungen in der Auswahl sind.
Ich werde heute mal mit dem Rahmenbauer sprechen und bin auf seinen Vorschlag gespannt.
Was denkt ihr eigentlich zu den Daten - ist hier eine Änderung aus eurer Sicht geboten?
Einen schönen Tag
Christian
von: irg
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 07:09
Mei, die ruhig bis phlegmatisch rollenden Räder sind heute nicht mehr üblich. Ich kann ein Lied davon singen. Selbst macht mir das kaum etwas (es ist eher lästig als gefährlich), aber meinem Vater ein weniger agiles Rad auf zu treiben war schwierig, und meine Frau fühlt sich auf sehr agilen Rädern gar nicht wohl.
Ihr habt also ein ganz normales Problem.
Beim Umbau eines Tourenrades haben wir aus der Basis, einem KTM Cross-Trekkingrad, die Federgabel aus gebaut, und diese durch eine starre Gabel ersetzt. Die Starrgabel hat keine Federgabelgeometrie, ist also kürzer. Dadurch wurde die Geometrie verändert, denn der Rahmen steht dadurch vorne etwas tiefer als davor. Das Rad läuft seitdem ziemlich stur und lässt sich auch von knapp überholenden LKW´s nicht aus der Ruhe bringen. Das soll es auch.
Wenn ich dieses Wissen auf dein Rad übertrage, nehme ich an, dass eine längere Gabel die Agilität (um nicht zu sagen Instabilität) vergrößern würde. Ob eine Gabel mit weniger Vorbiegung das Rad stabilisiert, kann ich nicht sagen. Rennradgabeln sind nur wenig vor gebogen, und sind für sehr agiles Fahrverhalten gebaut.
Hast du vielleicht Zugang zu einer gebrauchten Gabel, mit der du testhalber das Fahrverhalten erkunden kannst? Vielleicht gibt es bei euch so etwas wie eine Fahrradküche, da könnten Gabeln zu finden sein.
Wenn es dir ausschließlich um Perfektion geht, könnte das eine ziemliche Ausgabe bedeuten. Denn bis du genau das Rahmenset, das das gewünschte Verhalten an den Tag legt, hast, könnte das auch mehrere Rahmensets bedeuten. Als Pragmatiker wäre mir das den Aufwand nicht wert. Aber das ist nur mein persönlicher Zugang.
lg!
georg
von: panta-rhei
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 11:14
Was denkt ihr eigentlich zu den Daten - ist hier eine Änderung aus eurer Sicht geboten?
s.o. (baue selber Rahmen)
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 11:23
Was denkt ihr eigentlich zu den Daten - ist hier eine Änderung aus eurer Sicht geboten?
2 cm Nachlauf (wenn das dann so stimmt)- ich sag mal so: ich weiß nicht, wo nach allgemeiner Auffassung die Grenze zur Unfahrbarkeit liegt, aber weit weg liegt man damit nicht. In meinen Augen schlicht eine Fehlkonstruktion. Bei Lebensmitteln würde man sagen: nicht verkehrsfähig.
von: schorsch-adel
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 13:50
An den 74 Grad kommst du halt nicht vorbei, die sind voll auf Wettkampf gepolt und gewährleisten schnelles Ausscheren im Pulk. Darunter leidet aber der Geradeauslauf, der eben gerade beim Reiserad - auch wegen des Gepäcks - ohne viel Lenkaufwand gefordert ist.
Inwieweit man da mit den geschilderten Korrekturen entgegenwirken kann kann ich nicht beurteilen. Wenns aber so wäre, hätte man da glaubich schon mehr drüber gehört/gelesen. Nix ist umsonst, wahrscheinlich bezahlst Du solche Korrekturen mit Einbußen beim Lenken, wie z.B. Wagendeichsel-Effekt und so Zeug.
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 13:51
Ich werde heute mal mit dem Rahmenbauer sprechen und bin auf seinen Vorschlag gespannt.
Was denkt ihr eigentlich zu den Daten - ist hier eine Änderung aus eurer Sicht geboten?
ich habe gerade noch mal die Geometrie vom Soma Grand Randonneur gecheckt. Der alte für Felgenbremse hatte sogar 69 mm Vorbiegung. Lenkwinkel in der Region um 73°.
Das macht bei 32-584 Bereifung 29 mm Nachlauf.
Ich bin das Teil nicht gefahren, aber bei Randonneuren mit dicken Taschen vorne ist der Rahmen recht beliebt. Wird dort aber meist eher mit 47-584 oder so gefahren...
Ich bin gespannt, was der Rahmenbau dazu sagt. Hatte er einen Frontloader im Blick?
Ansonsten haste die folgenden Optionen um den Nachlauf zu vergrößern:
- die dickst-möglichen Pellen
- neue Gabel mit gleicher Einbauhöhe aber weniger Vorbiegung
Die folgenden Optionen machen den Sitzwinkel flacher, das Tretlager höher, die Sitzposition etwas aufrechter (weniger Reach, mehr Stack) und den Radstand länger:
- vorne dickere Pellen als hinten
- Gabel mit mehr Einbauhöhe
Es gibt noch Steuersätze von CaneCreek, mit denen man den Winkel etwas verändern kann.
Habe ich noch nicht ausprobiert, will ich auch gar nicht. Denn die Vorstellung, dass der Gabelschaft nicht koaxial im Steuerrohr steckt, finde ich irgendwie abstoßend. Wollte nur erwähnen, dass es das gibt. Vermutlich um MTBs "longer, slacker, more stable"zu machen ;-)
Und ich glaube, dass es sich auch im Bereich <1° abspielt...
von: Fichtenmoped
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 14:04
Ich habe noch eine 26" Starr-Gabel in Stahl liegen, die ich für Testzwecke anbieten könnte.
Die einzigen Daten, die ich aus dem Kopf weiß sind 1 1/8 Ahead und Cantisockel
Schaftlänge, Einbauhöhe (für Federgabel mit 65 mm Federweg) Vorbiegung könnte ich abends mal nachmessen.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 14:05
Ja, damals war klar dass wir vorn Gepäck mitnehmen.
Mein Anruf hat leider eher Belustigung hervorgerufen, dass ich mich damit nach 4 Jahren und 2 (unfallfreien) Touren melde...
Verstehe ich zum einen, zum anderen hätte ich Wert auf die ehrliche Meinung des Experten gelegt. Er sagte lediglich, dass diese Gabeln bei vielen Rädern verbaut werden - allerdings vermute ich- in diesen Fällen mit flacheren Lenkrohrwinkeln.
Ich werde sehr wahrscheinlich keine größeren Umbauten vornehmen, sondern einen (auch hinsichtlich der Geometrie) bewährten Rahmen aufbauen, wie z.B. das Norwid Gotland...
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 14:08
Gern..
die Einbauhöhe misst man doch richtig von der Radaufnahme bis zum Gabelkonus, korrekt?
von: kangaroo
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 15:38
zeig doch mal ein Foto von dem Bike
von: Lampang
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 16:08
Steuerrohrwinkel und Gabelbiegung/Nachlauf sind Rennrad Geometrien. Evtl. ist der Radstand auch rennmäßig kurz. Dann besteht bei einer Gabel mit weniger Vorbiegung die Gefahr von Kontakt des Vorderrads/Schutzblechs mit den Schuhspitzen. Checke das mal.
Roland
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 17:16
Hier ist ein Link zum Foto:
Bild Im Hintergrund ein Koga Randonneur.... Man sieht sehr gut den anderen Lenkrohrwinkel
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 18:20
Der Rahmen sieht verboten aus. Zu viel Vorbiegung ==> zu wenig Nachlauf. Eine so viel steiler als das Sitzrohr stehende Gabel sieht man sehr selten.
Viele Gabeln (Stahl, starr) werden aus einem in Seiten-Ansicht zunächst geraden Teil (Gabelscheiden und Gabelschaft) mittels Kaltverformung mit einer Vorbiegung versehen. Wenn die zu groß ist, kann man eine Reduzierung der Vorbiegung mittels einfacher Werkzeuge selber durchführen. Ich habe das selber an meinen 406-er Falter vor 12 Jahren durchgeführt (meine Werkbankplatte hat deswegen immer noch 2 Löcher !). Aus einem nervösen Falter wurde danach ein Freihand-fahrbarer Falter. Dessen Rahmen hatte danach noch andere Macken, aber die zurückgebogene Gabel (die war neu gekauft, eine Gabel mit korrekter Geometrie gab es am Markt nicht !) tut ihren Dienst auch heute noch wie einst im Mai. Sitzrohr- und Lenkkopf-Achse sind fast parallel, das Sitzrohr könnte leicht flacher stehen.
Bild von meiner längsten Strecke Bi-Steinhude-Bi 200 [km]) in 2021. Bis jetzt ~ 11 100 [km].

MfG EmilEmil
von: schorsch-adel
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 08.02.22 18:41
Uri Geller war eigentlich fürs Gabelnverbiegen zuständig.
Schön, dass es bei Dir am Fahrrad geklappt hat. Anderen raten würd ich sowas aber nicht.
von: irg
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 07:19
Der Rahmen sieht verboten aus. Zu viel Vorbiegung ==> zu wenig Nachlauf. Eine so viel steiler als das Sitzrohr stehende Gabel sieht man sehr selten.
Viele Gabeln (Stahl, starr) werden aus einem in Seiten-Ansicht zunächst geraden Teil (Gabelscheiden und Gabelschaft) mittels Kaltverformung mit einer Vorbiegung versehen. Wenn die zu groß ist, kann man eine Reduzierung der Vorbiegung mittels einfacher Werkzeuge selber durchführen. Ich habe das selber an meinen 406-er Falter vor 12 Jahren durchgeführt (meine Werkbankplatte hat deswegen immer noch 2 Löcher !). Aus einem nervösen Falter wurde danach ein Freihand-fahrbarer Falter. Dessen Rahmen hatte danach noch andere Macken, aber die zurückgebogene Gabel (die war neu gekauft, eine Gabel mit korrekter Geometrie gab es am Markt nicht !) tut ihren Dienst auch heute noch wie einst im Mai. Sitzrohr- und Lenkkopf-Achse sind fast parallel, das Sitzrohr könnte leicht flacher stehen.
Bild von meiner längsten Strecke Bi-Steinhude-Bi 200 [km]) in 2021. Bis jetzt ~ 11 100 [km].

MfG EmilEmil
Du bist mutig! (Oder unbedarft, je nach Sichtweise) Ich hätte mich das nicht getraut!
lg!
georg
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 10:15
Du bist mutig! (Oder unbedarft, je nach Sichtweise) Ich hätte mich das nicht getraut!
Aber es könnte eine gute Idee sein, diese Gabel von einem Rahmenbauer gezielt bearbeiten zu lassen. Statt dieser Riesenvorbiegung nur die Hälfte: und promt ist wenistens der Nachlauf vernünftig und wahrscheinlich reduziert sich auch der Winkel um 1 Grad, weil das Rad dann höher kommt. Nachteil: der flache Sitzwinkel wird auch flacher.
Ich vermute ja, daß hier die Daten für Sitz- und Lenkwinkel vertauscht wurden....
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 11:36
.......
Du bist mutig! (Oder unbedarft, je nach Sichtweise) Ich hätte mich das nicht getraut!
lg!
georg
Weder das eine noch das andere !
Wer ein Spannung-Dehnung-Diagramm eines St37 (Heute S235) lesen kann, weis, was passieren wird.
Im Grunde wird bei einer kaltverformten Gabelscheide, deren Vorbiegung zurück genommen wird, Festigkeits-mäßig Alles günstiger. Wenn ich mich richtig erinnere, war die vorhandene Vorbiegung ca. 60 [mm] und ist jetzt ca. 20 [{mm](Die Daten vermodern auf einem alten Rechner, deren Hauptplatine einen Defekt hat !).
In einer technischen Zeichnung einer Fahrrad-Gabel ist der Vorbiegungs-Radius und die Vorbiegung angegeben (z.B. 622-er Trekkingrad 150 [mm] und 65 [mm]). Für kleinere Laufradgrößen muß man aus Geometrie Gründen die Vorbiegung geringer machen. Und nochmal geringer aus Fahr-dynamischen Anforderungen (Ein kleineres Laufrad hat im Prinzip kleinere Massenträgheits-Momente, ein größerer Nachlauf kann da hilfreich sein). Falträder mit kleinen Laufrädern (406-er oder kleiner) sind häufig im Fahrverhalten hyper-nervös. Überflüssig zu sagen, daß fast alle (Das sind Alle bis auf endlich Wenige !) Hersteller (Besonders die Billig-Anbieter !) das nicht kapieren (wollen ?).
MfG EmilEmil
von: tomrad
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 17:07
Hier ist ein Link zum Foto:
Bild Im Hintergrund ein Koga Randonneur.... Man sieht sehr gut den anderen Lenkrohrwinkel
Hallo Christian,
eigentlich hat es Elfobert es von einer anderen Warte aus beschrieben. Und vielleicht versöhnen dich die folgenden Ausführungen mit deinem theoretisch unfahrbaren Reiserad (wie war das mit der Hummel?), wenn sie nicht völliger Quatsch sind.
Bei meinen Mehrtagestouren bin ich 2018 nach 25 Jahren wieder auf Zelt etc. umgestiegen. Dazu benutzte ich ein Koga mit gleicher Geometrie wie deines. Mit Lowridertaschen und Lenkertasche lenkt sich das Ding wie ein Auto ohne Servolenkung. Hier würde ich mir wirklich mehr Agilität beim Lenken wünschen. Du kannst ja Mal einen Vergleich machen und beide Räder voll beladen fahren. Vielleicht stellst du dann fest, dass du dir vor vier Jahren das perfekte Schwerlastrad zugelegt hast. (ich selbst habe für meine Mehrtagesmitzelttouren das Gepäck reduziert und bin froh, ohne Lowridertaschen wieder ein ausgewogenes Lenkverhalten genießen zu können).
von: irg
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 17:23
.......
Du bist mutig! (Oder unbedarft, je nach Sichtweise) Ich hätte mich das nicht getraut!
lg!
georg
Weder das eine noch das andere !
Wer ein Spannung-Dehnung-Diagramm eines St37 (Heute S235) lesen kann, weis, was passieren wird.
Im Grunde wird bei einer kaltverformten Gabelscheide, deren Vorbiegung zurück genommen wird, Festigkeits-mäßig Alles günstiger. Wenn ich mich richtig erinnere, war die vorhandene Vorbiegung ca. 60 [mm] und ist jetzt ca. 20 [{mm](Die Daten vermodern auf einem alten Rechner, deren Hauptplatine einen Defekt hat !).
In einer technischen Zeichnung einer Fahrrad-Gabel ist der Vorbiegungs-Radius und die Vorbiegung angegeben (z.B. 622-er Trekkingrad 150 [mm] und 65 [mm]). Für kleinere Laufradgrößen muß man aus Geometrie Gründen die Vorbiegung geringer machen. Und nochmal geringer aus Fahr-dynamischen Anforderungen (Ein kleineres Laufrad hat im Prinzip kleinere Massenträgheits-Momente, ein größerer Nachlauf kann da hilfreich sein). Falträder mit kleinen Laufrädern (406-er oder kleiner) sind häufig im Fahrverhalten hyper-nervös. Überflüssig zu sagen, daß fast alle (Das sind Alle bis auf endlich Wenige !) Hersteller (Besonders die Billig-Anbieter !) das nicht kapieren (wollen ?).
MfG EmilEmil
Dann ist ja alles gut!
Ich hatte im Hinterkopf, dass Stahl durch kaltes Verformen grundsätzlich härter und spröder wird. Für den Einzelfall sagt das natürlich gar nichts aus. Und die eine oder andere unfreiwillig kalt verformte Gabel, die danach gebrochen ist, wäre mir auch ein gefallen. Aber ich bin natürlich kein Profi in diesen Dingen!
lg!
georg
von: Sickgirl
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 18:14
Wenn am Lenkwinkel was ändern möchtest, ich habe noch einen neuen Winkelsteuersatz der 1,5 Grad korrigiert mit externen Lagerschalen ab zu treten
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 18:20
Auch eine gute Idee. Wenn er das kombiniert mit einer zurückgebogenen Gabel, dann hat er vorne ein normals Rad und hinten ein Liegerad....
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 18:34
Vielen Dank.
Ich habe folgende Idee...
Wir waren kürzlich bei Norwid und haben uns das Gotland angesehen. Es hat eine Gabel, die höher baut (zwischen Rad und Gabelkopf etwa 6 cm Platz), gleichzeitig ist die Gabel weniger gebogen. Ich könnte mir vorstellen dass dies mich der Lösung sehr viel näherbringen könnte, wenn nicht die Lösung ist.
Durch die höhere Gabel bleibt der Abstand zwischen Unterrohr und Vorderrad fast unverändert. Der Nachlauf wäre größer und sogar das Tretlager etwas höher...
Was meint ihr?
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 18:51
Kannst du machen. Aber er könnte dir auch die alte Gabel anpassen. Wenn jemand, dann er.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 19:40
Gibt es auch die Möglichkeit durch Spacer o.ä. den Sitz des Gabelkonus zu erhöhen um den gewünschten Effekt zu erzielen? (natürlich mit einer anderen Gabel als der jetzt verbauten)
von: Genußradler-HB
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 20:27
Gibt es auch die Möglichkeit durch Spacer o.ä. den Sitz des Gabelkonus zu erhöhen um den gewünschten Effekt zu erzielen? (natürlich mit einer anderen Gabel als der jetzt verbauten)
Ja, gibt es
Steuerrohrverlängerung - Velotraum Carlo 3 cm (19,-), der wird auf dieser Seite als Verlängerung nach oben beworben - irgendwo habe ich gelesen, das der erfolgreich auch unten eingebaut wurde.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 20:55
Bei der Bikebude gibt es eine 26 Zoll Intec Gabel, die hat eine Einbauhöhe von 41 cm (aktuell 38,5) und die Vorbiegung von 45 mm.
Damit wäre es eine Erhöhung von 2,5 cm, das ist moderat und vielleicht besser als die sehr deutliche Erhöhung der Norwid Gabel…
von: Genußradler-HB
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 21:00
...irgendwo habe ich gelesen, das der erfolgreich auch unten eingebaut wurde.
erinnert & wiedergefunden:
EighthInch Headtube Extender hier ein Faden zum gleichen Thema:
Steuerrohrverlängerung unten: 2 cm = 1°, allerdings wollte der TE dort nur seinen Lenker höher haben.
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 09.02.22 22:02
Wer ein Spannung-Dehnung-Diagramm eines St37 (Heute S235) lesen kann, weis, was passieren wird.
Im Grunde wird bei einer kaltverformten Gabelscheide, deren Vorbiegung zurück genommen wird, Festigkeits-mäßig Alles günstiger.
ich möchte jetzt ungern oberlehrerhaft rüberkommen, aber das ist nicht ganz korrekt. Zwar erzeugt man bei fast allen Stählen durch plastische Verformung eine Festigkeitssteigerung (Anhebung der Elastizitätsgrenze), aber wir müssen hier die entstehenden Eigenspannungen durch die Rückfederung berücksichtigen. Wird ein Bauteil IN die Hauptbelastungsrichtung plastisch verformt, sind die Eigenspannung vorteilhaft. Das macht man z.B. bei nahezu allen schwellend beanspruchten Federn, wie z.B. den Achsfedern eines Autos. Dort nennt man es setzen.
Geschieht die plastische Verformung ENTGEGEN der Hauptbelastungsrichtung, sind die Eigenspannungen kontraproduktiv und würden sich mit den Spannungen aus der Belastung addieren.
Es ist also nicht empfehlenswert.
Abgesehen davon müsste die Verformung geometrisch sehr akkurat durchgeführt werden. Das ist gerade bei Gabeln, die z.B. auch für Scheibenbremsen ausgelegt sind, nicht einfach. Denn da ist meist das linke Gabelbein robuster ausgeführt.
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 10.02.22 12:18
......
Dann ist ja alles gut!
Ich hatte im Hinterkopf, dass Stahl durch kaltes Verformen grundsätzlich härter und spröder wird. Für den Einzelfall sagt das natürlich gar nichts aus. Und die eine oder andere unfreiwillig kalt verformte Gabel, die danach gebrochen ist, wäre mir auch ein gefallen. Aber ich bin natürlich kein Profi in diesen Dingen!
lg!
georg
Der hier zitierte Fall (Unfall-Crash, Aufprall auf ein Hindernis) hat Auswirkungen an anderen Stellen. Typischerweise am Übergang (Gabelkrone ==> "Knoten") der Gabelscheiden in den Gabelschaft. Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit, weil es sich um einen Kraft-Stoß handelt, der eine Querkraft-Biegung der Gabel ("Gabelkrone") zur Folge hat.
Bei der Vorbiegung (Bzw. Rückbiegung) handelt es sich um eine (gewollte !) Kaltumformung der Gabelscheiden und nur des unteren Bereiches der Gabelscheiden. Eine sorgfältige Einspannung des oberen Bereiches der Gabelscheiden (Gerader Teil !) zur Verhinderung ungewollter Deformation in diesem Bereich ist Pflicht. Der untere Bereich kann dann durch eine temporäre Achse (10 mm Gewindestange), die an beiden Seiten mittels Gewinde-Ösen-Schrauben gegen ein festes Lager (Z.B. Werktisch-Arbeitsplatte (temporär) vertärkt !) gezogen wird, umgeformt werden. Auch das ist eine Querkraft-Biegung.
Fragen der Eigenspannungen, die @elflobert angeschnitten hat, sind interessant und ein bißchen unübersichtlich:
Bei der Vorwärts-Biegung aus dem "ebenen" Zustand bleibt durch die elastische Rückfederung ein Eigenspannungs-Zustand (verteilt über dem Biege-Querschnitt) zurück (Summe der Kräfte Null, Summe der Momente Null). Diese Eigenspannungen können zwar durch eine Wärme-Behandlung beseitigt werden, üblicherweise macht das niemand, weil das Kosten verursacht. Im Übrigen wirken diese Eigenspannungen (die nach außen unmerkbar sind !) in einem wenig beanspruchten Teil der Gabelscheiden. Das ist der Ist-Zustand bei dem Rad (Keine Frontfederung, keine Scheiben-Bremsen) vom TE.
Eine nach der "Vorwärts"-Biegung folgende (kleinere) Rückwärts-Biegung hat die entgegengesetzte Richtung. Die von der ersten Biegung vorhandenen Eigenspannungen werden durch die neu produzierten verringert. Gegenüber dem Zustand mit der starken Vorbiegung ist ein zurückgebogener besser (Auch Festigkeits-mäßig !).
Der Argumentation von @elflobert kann ich nicht folgen, weil ich das, was er sagt, nicht für anwendbar halte. Eine Gabel biegt sich vor und zurück (System-Eigengewicht (Rad+Radler, vertikale Fahrbahnstöße) und ebenso durch horizontale Fahrbahnstöße, da können die durch die Kaltverformung zurückgebliebenen (unvermeidbaren !) Eigenspannungen eine Rolle spielen. Für andere Belastungen sehe ich das nicht (z.B. Seiten-Belastungen). Sowohl die Aussagen über "Federn" als auch über "Scheibenbremsen" sind mir für diesen Fall zu weit her geholt (Ich halte sie nicht für anwendbar) und will es auch nicht näher kommentieren.
Ich laß mich aber gerne korrigieren, wenn ich falsch liege. Ich bin mir bewußt, nur ein kleines Rädchen in dem großen Kosmos der Wissenschaft zu sein.
MfG EmilEmil
von: Fichtenmoped
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 10.02.22 12:38
Moin,
die Gabel, die ich hier liegen habe nützt Dir leider nichts. Der Schaft ist nur ca. 23 cm lang.
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 10.02.22 12:50
In der Hauptsache liegen die versagenskritischen Zugspannungen an der Rückseite der Gabelbeine.
Wenn ich nun mit plastischer Verformung den Nachlauf reduziere, dann muss ich die Achse ja nach hinten drücken. Die elastische Rückfederung der Gabelbeine erfolgt wieder nach vorne. Also bleiben als Resultat Zugeigenspannungen an der Rückseite. Unter Belastung addieren sich dann die Zug- und Betriebsspannungen.
Die größte Belastung ist zwar an der Gabelkrone, aber dort ist die Gabel i.d.R. auch am solidesten ausgeführt. Eine belastungsgerecht konstruierte Gabel hat entlang der Gabelbeine möglichst gleichmäßig große Spannungen. Das macht sie genauso stabil, aber leichter und komfortabler. Erzielt wird das oft durch verjüngende Gabelbeine und/oder abnehmende Wandstärke zur Achse hin. Sieht man oft, vor allem bei Stahlrennrädern.
Daher sehe ich ungewollte Eigenspannungen auch im Bereich der Vorbiegung als problematisch.
Bzgl. Federn: es war nur ein Beispiel, das im Prinzip aber auf alle Metallbauteile, die überwiegend in eine Richtung belastet werden, anwendbar ist. Alle mir bekannten Federn, die nur in eine Richtung belastet werden, werden absichtlich in genau diese Richtung plastisch verformt. Somit stellen sich Eigenspannungen ein, die die Betriebsspannungen dann später zum Teil kompensieren.
Bzgl. Scheibenbremse: Gabeln mit Scheibenbremsaufnahme sind entweder links stabiler ausgeführt, oder auf der rechten Seite unnötig schwer.
Felgenbremsgabeln müssen links nicht stabiler sein, also liegt es nahe, dass beide Gabelbeine identisch ausgeführt sind. Das muss aber nicht sein. Wenn es die baugleiche Gabel auch mit angeschweißter Scheibenbremsaufnahme und dafür ohne Cantisockel geben sollte, kann der Hersteller die Gabelbeine ja auch links robuster gemacht haben. Nur sieht man das nicht, wenn das nur über die Wandstärke realisiert wurde...
Sollte dem so sein, werden sich beide Beine unterschiedlich beim plastischen Verformen verhalten.
So... jetzt sollten wir das Thema aber wieder wechseln. Der Fadenersteller sucht offenbar eh nach einer anderen Möglichkeit.
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 10.02.22 19:41
Tut mir leid; ich mag keine Spiegelfechtereien. Das Wesentliche geht an Deiner Wahrnehmung vorbei: Gabeln, die per Kaltverformung eine Vorbiegung bekommen, haben wegen der elastischen Rückbiegung Eigenspannungen, die normalerweise wegen Kosten nicht durch eine Wärmebehandlung beseitigt werden. Wenn die Vorbiegung durch Kalt-Rückbiegung reduziert wird, entstehen wieder Eigenspannungen, die die Eigenspannungen aus der ersten Kaltverformung aber wieder reduzieren (Nicht beseitigen, nur reduzieren). Für die Übersichtlichkeit ist es einfacher, wenn zwei kaltverformte Gabeln verglichen werden, die sich nur im Radius der Vorbiegung und der Vorbiegung unterscheiden (Die Verformungs-Bögen-Länge sei gleich). Die mit dem größeren Radius und der kleineren Vorbiegung hat geringere Eigenspannungen.
Lies bitte mal durch, was ich geschrieben habe, versuch das zu verstehen und laß mal die Themata "Federn" und "Gabeln für Scheibenbremsen" aus dem Spiel. Das trifft hier alles nicht zu. So, ich bin nun hier raus. Und Tschüs !
MfG EmilEmil
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 10.02.22 23:53
langsam wirds leidenschaftlich ;-)
Möglichkeit 1: die Gabel wurde doch spannungsarmgeglüht (wer weiß das schon?):
Nach deinem Vorschlag hast du Zugeigenspannungen an der Rückseite der Gabelbeine => nicht gut
Möglichkeit 2: kein Spannungsarmglühen, die positiven Eigenspannungen durch die Vorbiegung wurden bei der Auslegung aber berücksichtigt.
Nach deinem Vorschlag sind die gewollten Druckeigenspannungen an der Rückseite der Gabelbeine reduziert worden => nicht gut
Möglichkeit 3: kein Spannungsarmglühen, die positiven Eigenspannungen durch die Vorbiegung wurden bei der Auslegung nicht berücksichtigt.
Die Gabel kann deine vorgeschlagene Rückbiegung ab, ist aber effektiv weniger belastungsfähig als sie vorher gewesen wäre.
Egal, wie man es wendet. Die Gabel wird geschwächt. Bei Möglichkeit 1+2 wäre es kritisch, bei der 3. verzichtet man auf etwaige Reserven. Und nur davor wollte ich warnen.
Und bitte gib an, dass du an deinen Gabeln rumgebogen hast, wenn du die betroffenen Räder mal verkaufst.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 12.02.22 10:19
Liebe Mitstreiter,
erstmal vielen vielen Dank für die lebhafte Diskussion und eure Hilfe zum Thema 26 Zoll und der Geometrie…
Dank des Austausches und der für mich neuen Erkenntnisse können wir mit zwei neuen Gabeln unseren schönen gemufften 26“ Rahmen weiterfahren.
Wir haben aktuell eine ungeeignete Gabel verbaut und haben das nervöse Verhalten des Rads immer auf die Absicht des Rahmenbauers (agil soll es sein und mit tiefem Schwerpunkt- Stichwort Tretlagerhöhe) zurückgeführt.
Aktueller Zustand
Lenkwinkel 73,5 Grad
Gabeleinbauhöhe 38 cm
Gabelvorbiegung 75 mm
Höhe Tretlager 26,7 cm
errechneter Nachlauf 23 mm
Simulierter Einbau Intec Gabel
Lenkwinkel 71,8 Grad
Gabeleinbauhöhe 41 cm
Gabelvorbiegung 45 mm
Höhe Tretlager 27,8 cm
errechneter Nachlauf ca 62 mm
Simulierter Einbau Norwid Gabel
Lenkwinkel 70 Grad
Gabeleinbauhöhe 43,5 cm
Gabelvorbiegung 45 mm
Höhe Tretlager 29 cm
errechneter Nachlauf 73 mm
Damit erreichen wir ein Fahrrad mit sehr guten Geradeauslauf und eine viel komfortablere Sitzposition (+3 bzw +5,5 cm)
Die hohe Norwid Gabel führt wegen des dann flacheren Lenkwinkels trotz geringerer Gabelvorbiegung zu einem 2 cm verlängerten Radstand.
Wenn das alles so klappt genießen wir bald ein tolles Fahrgefühl, freuen uns auf den Einbau und die nächsten Touren.
Sonnige Grüße
Christian
von: panta-rhei
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 12.02.22 10:30
Salut Christian,
gib bitte mal einen Bericht, wenn ihrs ausprobiert habt! Viel Glück.
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 12.02.22 10:37
Welche der beiden Gabeln würdest du empfehlen?
Ich tendiere zur Norwid, wegen der vermuteten besseren Qualität und der ausgezeichneten Beratung durch den Meister persönlich…
von: panta-rhei
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 12.02.22 11:38
Welche der beiden Gabeln würdest du empfehlen?
Ich tendiere zur Norwid, wegen der vermuteten besseren Qualität und der ausgezeichneten Beratung durch den Meister persönlich…
Ich glaube, dass beide zu einer deutlichen Beruhigung führen und ok sind. Was fuer einen Steuerrohrwinkel/Nachlauf hast Du denn sonst so beim Reiserad?
Habe meinem ersten Reiserad 73° und 50mm NL verppasst (von Smolik inspiriert) und ich muss sagen, fährt ok aber hat beladen in gewissen Geschwindigkeitsbereichen Flatterneigung. Bei meinem 2ten Rahmen habe ich (unbeabsichtigt) ein das Steuerrohr noch etwas steiler gebaut ... beladen unfahrbahr

... aber im Alltag mit Aktentasche zur Arbeit voll ok.
Bei dem aktuellen Reiserad habe ich auf flachen Steuerrohrwinkel und viel Nachlauf gesetzt, mal sehen.
Mittlerweile denke ich für ein Reiserad sind max. 71° und mind. 60mm NL für mich sinnvoll, denn: Ich fahre mit kompletten Camppinggepäck gerne auch mal flott einen Pass runter und da ist Flattern das ALLERLETZTE, was ich akzeptiere.
Trotz meiner ganzen dollen Rahmenbauerei

ist mein bestes Reisrad immer noch mein simples VSF T400, 15J alt, simpelst ausgestattet, hat alle Abenteuer mitgemacht und flattert NIE! Denke, es hat sowas wie 71° und 70mmm, habs aber nicht ausgemessen, könnte mal auf der VSF-Seite nachschauen. Der schlichte Original-Rahmen ist glaube ich in Tchechien von Fort geschweisst.
Das 73° / 50mm Rad fährt einen MiniTicken ruhiger bei Schrittgeschwindigkeit (<5km/h) bergauf, aber obwohl ich Pässe oft so langsam rauffahre, und bereits viele tolle Reisen mit dem Teil gemacht habe (vgl.mein Avatar

), dieser Vorteil ist den Nachteil des auch nur seltenen Flatterns nicht wert.
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 28.02.22 08:44
Ich fordere Dich hiermit auf, mal an Hand einer Skizze die Entstehung von Eigenspannungen nach einer Kaltumformung zu erklären (Ich möchte ja etwas dazu lernen, denn es könnte sein, daß meine Studienzeit etwas länger zurückliegt und meine Kenntnisse angestaubt sind).
Apro Poppo "Verkaufen" :
Ich kann meine Räder gar nicht verkaufen, da ich wegen der vielen Verbesserungen Preise nehmen müßte, die Du sicher nicht bezahlen kannst.
Viel Spaß beim Erstellen der Skizze ! Auf die bin ich wirklich gespannt.
MfG EmilEmil
Halte dich bitte mit deinen persönlichen Anfeindungen zurück. Dies ist die erste und damit auch letzte Warnung.
Danke für die Kenntnisnahme
Jürgen für Das Team
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 28.02.22 11:12
ich dachte, du wärst raus... ;-)
Skizze ist nicht nötig, es gibt zahlreiche aus Hochschulskripten, etc., wenn man nach "Biegeeigenspannungen" sucht. Dieser Sachverhalt hat sich in den letzten 100 Jahren nicht geändert.
Die einzelnen Schritte, wie und warum die Eigenspannungen entstehen, und warum du durch die Rückbiegung die gewünschten entweder reduzierst oder im Falle von Spannungsarmglühen unvorteilhafte einbringst, habe ich mehr als genug erläutert.
Anhand deiner anderen Kommentare wie "... ,die Du sicher nicht bezahlen kannst." entnehme ich, dass du auf Krawall gebürstet bist und dazu habe ich keine Lust.
Genießt das schöne Wetter!
von: schorsch-adel
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 28.02.22 13:33
Ich fordere Dich hiermit auf...
High Noon oder was ??
von: EmilEmil
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 01.03.22 21:52
Da bin ich ein bißchen zu deutlich geworden. Deshalb nehme ich das "ich fordere Dich auf" (Mein letzter Beitrag) zurück und ersetze es durch ein :
"Ich bitte Dich hiermit freundlich, mal an Hand einer Skizze die Entstehung von Eigenspannungen nach einer Kaltumformung zu erklären.
Und sage bitte auch Etwas zur Höhe der Eigenspannungen und quantifiziere bitte die Größe der Rückbiegung."
Das ist dann nicht nur für mich, sondern auch für einige andere von Wert, weil damit die Risiken einer Kaltumformung überschaubarer werden.
MfG EmilEmil
von: schorsch-adel
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 08:59
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 12:49
hier wird es z.B. erklärt:
https://www.ahoefler.de/index.php?option=com_content&view=article&id=228:spannungsverlaeufe-im-plastischen-bereich&catid=66:biegeversuch&lang=de-DE
von: panta-rhei
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 16:25
Lieber Christian,
Hast Du eine der Gabeln testen können? Wie sind Deine Erfahrungen?
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 18:44
Hallo Panta-Rhei,
wir haben ja insgesamt 2 Räder vom gleichen Rahmenbauer, mit der gleichen Symptomatik.
Nun haben wir 2 der Norwid Gabeln bestellt, die bekommen wir sogar gleich in der passenden Farbe lackiert.
Liefertermin ist etwa Ende März. Klar informiere ich hier über das Ergebnis… welches hoffentlich überwältigend sein wird!
Bis dahin, liebe Grüße
Christian
von: elflobert
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 19:14
ich bin zufällig auf folgenden Randonneur von Shogun gestoßen:
https://www.ebay-kleinanzeigen.de/s-anzeige/shogun-randonneur-rennrad/2037859542-217-2149Der Lenkwinkel erscheint nach Augenmaß noch ne ganze Ecke steiler zu sein. Allerdings hat die Gabel auch nicht besonders viel Vorbiegung.
von: iassu
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 19:20
auf diesem Bild sieht man eindrücklich, daß es ab einer gewissen Grenze der Radgeometrie nicht mehr hilfreich ist, vorne ein Schutzblech zu montieren, weill man dann nur noch linksherum im Kreis fahren kann
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 02.03.22 19:42
Das sieht aus wie neutral, ohne nennenswerten Nachlauf. Kann es leider nicht probefahren, wäre interessant…
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 13.04.22 18:49
Guten Abend,
letzte Woche kamen die Norwid Gabeln und am Sonntag haben wir diese in unsere Räder eingebaut.
Die Erwartungen wurden alle erfüllt, das Rad fährt sich sehr gutmütig. Die Tretlager sind nun mit ca. 28 und 29 cm höher. Das Sitzrohr ist zwar mit 70 Grad deutlich flacher, aber das ist ja noch im "Rahmen"...
Hier ein paar Bilder
Neu Alt Dazu haben wir uns ein paar neue Marathon Supreme gegönnt, die die Räder gleich viel flotter machen.
Ich sage nochmal danke an das Forum für die nützlichen Tipps und Hilfestellung...
Frohe Ostern und liebe Grüße
Christian
von: Michael B.
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 13.04.22 20:09
... Die Tretlager sind nun mit ca. 28 und 29 cm höher.
sicher?
von: Christian
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 13.04.22 20:20
Ja, es sind ja zwei Räder.
Bei dem blauen ist die Tretlagerhöhe nun gut 28 cm, bei dem grünen 29 cm.
Vorher waren es nur um 26 cm, die genauen Werte hab ich grade nicht parat…
von: Michael B.
Re: Rahmen, nervöses Verhalten, Nachlauf - 13.04.22 20:24
ok. verstanden