Re: Was ist dran am Mythos Nordkap?

von: kettenraucher

Re: Was ist dran am Mythos Nordkap? - 11.08.15 15:56

Europäisch gestrickte Menschen sind Eroberer: Sie besteigen die höchsten Gipfel, sie befahren die längsten Strecken, sie pilgern nach jedem Punkt, der sich als entferntester oder sonstwie extremster zu erkennen gibt. Eiger Nordwand, Mount Everest und der Mond sind bereits erledigt, als nächstes wartet der Mars. Man besteigt die höchsten Berge nicht, weil es irgendeinen Sinn macht, sondern weil sie da sind. Ebenso verhält es sich mit dem Nordkap. Es symbolisiert ein mögliches Ziel, das man nur mit entsprechender Motivation erreichen kann. Geographische Ziele wecken schlicht die Sehnsucht nach Eroberung. Ich finde dies tadellos und völlig in Ordnung. Der moderne Massentourismus konterkariert allerdings diesen „Mythos“.
Und nebenbei: Ich persönlich würde niemals zum Nordkap fahren, allein schon wegen der unerträglichen Mücken auf der beschwerlichen Reise ins kulturelle Nichts. Ich bin vielmehr komfortorientiert, obwohl ich versuche, jede Strecke mit dem Fahrrad zurückzulegen. Und nichtsdestotrotz freue ich mich über jeden, der zum Nordkap oder sonst wohin fährt und mir dann dankenswerter Weise auch noch über seine Erlebnisse und Erfahrungen berichtet.
Und Eroberungen – jeglicher Art – erhöhen zweifellos den sozialen Status. Schneller, weiter oder höher macht zweifellos sexy. Insofern hat unser Barfußschlumpf mal wieder recht. Ich persönlich finde dieses Verhalten jedoch keineswegs verwerflich oder kritisierenswert, sondern zutiefst menschlich und naturgegeben. Es ist ein biologischer Determinismus, dem wir alle unterliegen.