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#1212354 - 17.05.16 21:45 Von Brandenburg und Alpenpässen
asfriendsrust
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 323
Dauer:18 Tage
Zeitraum:22.7.2013 bis 8.8.2013
Entfernung:1950 Kilometer
Bereiste Länder:deDeutschland
itItalien
atÖsterreich
czTschechische Republik

Strecke

Wieder ein Bericht ohne Bilder mit Menschen drauf.

Ein Novum: Es ist die erste Radreise, die ich von Anfang an allein bestreite. Vorher nur eine Route durch die Alpen mit ein paar schönen Pässen zusammengebastelt, die wohl so als grobe Orientierung dienen könnte, für den an Flexibiltät reichen Rest begleiten mich Autokarten von Deutschland, der Tschechei, Italien und Frankreich. Spontanität und Komfort vertragen sich erfahrungsgemäß nicht allzu dolle mit dem Wunsch nach einem leichten Gefährt, ich habe nicht nachgewogen, bin mir aber sicher, noch nie ein so schweres Rad bewegt zu haben, trotz Optimierung (‘ne volle Tube Zahnpasta? Wen will ich denn damit beeindrucken?!).

Ein Zugticket von Avignon nach Straßburg am 18. 8. hab ich noch dabei.

Es wird langsam Routine: Untermieter für einen Monat suchen (dieses mal sogar erfolgreich, pünktlich einen Tag vor Abreise), den Tag zuvor packen, den Abend noch mit der WG verbringen und am nächsten Tag nicht vor halb zwei nachmittags aus dem Haus kommen.

Ich beginne gleich äußerst mutig: Nicht der Weg den ich immer nehme um Berlin Richtung Süden zu verlassen – über Mahlow – wird gewählt, sondern dieses Mal über Zeuthen und Königs Wusterhausen. Und vorbei am Hölzernen See, an dem wir in der achten Klasse eine Klassenfahrt verbrachten. Das ist auch direkt der Auslöser, eine ganze Weile gedanklich in der eigenen Vergangenheit rumzustöbern. Passt auch ganz gut zu Brandenburg, da braucht man eh nicht viel Aufmerksamkeit für die Landschaft.

Ich bin ein paar Wochen zuvor mit Freunden schon mal in der Gegend gewesen, mit abendlichem Kochen am Köthener See, Nachtfahrt und umherirren in den Krausnicker Bergen (wir wollten auf dem Aussichtsturm auf dem Wehlaberg schlafen). Was zu dem damaligen Zeitpunkt durch Dunkelheit, frische Luft und leichtem Nebel von der Atmosphäre her ziemlich beeindruckend war, ist heute erwartungsgemäß reichlich unspektakulär. So auch die weitere Fahrt über’n Gurkenradweg, durch Lübben, Lübbenau und grob entlang der A13 (nur Lauchhammer ist irgendwie lustig). Nach Bad im Großspeicher Radeburg (für Fragen bezüglich dessen Legalität bin ich der falsche Ansprechpartner) beginnt in Weixdorf die Radelei durch’s geliebte Dresdner Umland, das mich in Form eines Motorradfahrers (die hier noch nicht den fleischgewordenen Inbegriff des Teufels darstellen), der mir im Getränkestützpunkt eines Dorfes über den Fauxpas von mangelndem Bargeld hinweghilft, begrüßt. Ich erreiche noch eine ganze Weile vor Sonnenuntergang den Gipfel des Triebenberges und kann die Aussicht ausgiebig genießen, bevor ich mich ins Zelt verkrümle. Man kann von hier aus auch die ersten Gipfel des Elbsandsteingebirges sehen.





Nach Frühstück auf den Elbwiesen und ein bisschen gemütlichen Radelns durch’s Zentrum Dresdens ist mein Besuch auch schon wieder vorbei. Irgendwann ergibt sich bestimmt mal die Gelegenheit, hier länger als nur das studienbedingte halbe Jahr zu verbringen. Weiter geht’s entlang der Weißeritz gen Freiberg.

Irgendwie muss ich die nächste Radreise mal Richtung Skandinavien planen, ich komme mir langsam irgendwie dämlich vor. Genau wie letztes Jahr falle ich in meiner alten WG in Freiberg ein und treffe da Toni an. Und als wäre das nicht genug der Wiederholungen fahren wir nach Dresden und essen Sushi. Ich bin überrascht, dass ich nach gut 300 km auf dem Rad schon die aufrechte Fortbewegung verlernt hab, beim Versuch ein Geländer zu überspringen bleibe ich mit meinen zu groß geratenen Füßen hängen und lege mich auf den Asphalt (ohne jeglichen Alkoholeinfluss. Weiß allerdings nicht, ob’s das besser macht.).

Radfahren geht aber noch, zunächst an der Freiberger Mulde entlang in deren tschechisches Quellgebiet und dann Richtung Westen auf dem Erzgebirgshauptkamm entlang.



Das wird mir recht fix langweilig, bei Chomutov geht’s raus aus dem Gebirge und rein ins böhmische Becken. Unweit von Chomutov können sich zwei beleibte Bauarbeiter, die ihre Blöße nur mittels eines String-Tangas bedecken, nicht meines Blickes entziehen. Ein Bild, das sich dummerweise recht intensiv in mein Hirn einbrennt.

Die 200 km von Chomutov bis Bayrisch Eisenstein verlaufen im Grunde genommen komplett ereignislos, aber das war irgendwie zu erwarten. Mir macht’s dennoch immer wieder Freude, auf kleinen Sträßchen meist ohne irgendwelchen Verkehr durch die stets hügelige Landschaft zu flanieren. Ich mag Tschechien. Und auf jeden Fall eine angenehme Heranführung an die vielen Höhenmeter der Alpen.







Erwähnenswert wäre höchstens noch der Anstieg im Böhmerwald Richtung Grenze zu Deutschland. Auf einem kleinen, gut asphaltierten Weg, der ein paar Kilometer entfernt weitgehend parallel zur Hauptstraße verläuft, bin ich zur Abwechslung mal der mit dem schweren Gerät. Lediglich ein paar Wanderer kreuzen den Weg.

Auf deutscher Seite sind dann ein paar Städte über Radwege ausgeschildert, sicher besser als die olle Hauptstraße, denke ich mir, verfahre mich dann irgendwie total und setze meinen Weg über übelste Schotterpisten fort. Sich in Deutschland in der Wildnis verirren hat wohl noch keiner geschafft, ich dann aber auch nicht. Allerdings komm ich mir dann schon vor, als würde ich gerade von einem dreiwöchigen Survivaltrip in die Zivilisation zurückkehren, als ich plötzlich mitten vor der Kirche in einem kleinen Dorf stehe. Die Straßen drumherum voll mit Erzeugnissen hiesiger Motorenwerke, dazu zünftige Blasmusik. Gauss lässt grüßen.

Weil einer dieser Radwege um Zwiesel (potentielle Einkaufsmöglichkeiten) herum führt, mache ich mir geringfügig Sorgen um die Selbstversorgung des nächsten Tages (ist ein Sonntag). Schon mit dem unerfreulichen Gedanken, mich an der Tanke oder irgendwo mit Service zu versorgen abgefunden, ist Spiegelau dann doch größer als erwartet und beherbergt diverse Supermärkte. Beim Packen der Lebensmittel auf’s Rad stellt sich ein eigenartiges Gefühl ein: Während alle anderen sich ins Auto setzen, nach Hause fahren und gemütlich daheim im warmen Wohnzimmer sitzen, während es draußen langsam dunkel wird, darf ich noch eine Weile dem rauer werdenden Wetter ausgesetzt durch die Gegend radeln und mein Zelt irgendwo aufstellen, wo es keiner findet. Klar, dieser Szenerie bin ich ständig ausgesetzt, ist ja auch gewollt, aber durch die konkrete Vorstellung „der anderen Welt“ wird mir das ganze mal richtig bewusst. Und dieses diffuse Gefühl ist seltsam.

So langweilig wie viele behaupten finde ich das Alpenvorland nicht. Oder vielleicht doch, wie sonst lässt sich die mit 153 km längste Tagesetappe rechtfertigen? Zum Teil sicher mit dem Frühstück, das wie sonst auch aus Schokomüsli, Joghurt und derlei kleingeschnittenen Früchten besteht, nur eben einer besonders großen Portion, die erst nach 90 km nach Auffüllen des Magens verlangt. Und dem bayrischen Rennradler, der mir bis runter zur Donau gut Windschatten spendet und nebenbei allerlei erzählt – nur verstehen tu ich ihn irgendwie nicht so ganz, zu wunderlich sein Dialekt.
Nur dass er beeindruckt davon ist, dass ich jeden Tag über 100 km fahre, dass verstehe ich. Er ist inzwischen älter und kann so eine Leistung nicht mehr länger als zwei oder drei Tage hintereinander aufbringen. Früher ist er mit Freunden aber auch mehr gefahren.

In Vilshofen die Donau überquert und drin baden gewesen. Am Inn dann der Wechsel auf die österreichische Seite und da den Innradweg entlang. Der Inn passt übrigens so gar nicht zu meiner Vorstellung eines kalten Alpenflusses. In Braunau könnte ich schwören, jemand hätte den Nil ein Stück gen Norden verfrachtet. Den hab ich zwar auch noch nie gesehen, so stelle ich ihn mir aber vor.



Nur das reale Burghausen passt ganz gut zum mentalen Abbild, da hat der Namensgeber ganze Arbeit geleistet. Der Abstecher nach Österreich, weg von der Grenze, die inzwischen von der Salzach markiert wird, ist schön zu fahren und gewährt einen ersten Blick auf die Alpen. Ich fühle mich bereit, muss aber erstmal mit der viel zu früh hereinbrechenden Dunkelheit hadern, denn die Zeltplatzsuche frisst heute eine ganze Menge Zeit.



Logik für Anfänger: Wenn der Name eines Ortes auf „am See“ endet, dann soll das wohl Touristen anlocken. Und Touristen lassen sich am einfachsten durch Seen mit Bademöglichkeiten anlocken. Folglich schließe ich aus meiner Landkarte, dass Waging am See dafür geeignet ist, einen halben Tag blau zu machen und sich im und am Wasser zu verlustieren. Die Logik funktioniert bestens, es gibt ein Strandbad mit sanitären Einrichtungen, das obendrein kostenlos ist (für unmotorisierte Badegäste, es gibt Parkgebühren). Es ist immer wieder erstaunlich, dass Rumliegen auf einer Wiese anstrengender ist als den ganzen Tag Rad zu fahren. Als es weitergeht fühle ich mich matt wie lange nicht.

Bis Salzburg ist es von da aber eh nicht mehr weit. Dank einer Freundin, die für ihr Bachelorstudium Salzburg auserkoren hatte, darf ich heute in Werners WG nächtigen. Nicht natürlich, ohne vorher noch gründlich durch Salzburg zu fahren, ohne Zweifel eine sehr ansehnliche Stadt.

Werner begleitet mich tags drauf noch ein Stück an der Salzach, bis ich kurz nach Hallein Richtung Berchtesgaden abbiege und nach kurzem Aufenthalt in Deutschland über den Hirschbichl wieder nach Österreich radle. Die 23+% Steigung mit dem angesprochenen etwas zu voll bepacktem Rad sind garstig und ich kann mich erster Zweifel bezüglich Kompatibilität von Reiserädern und Alpen nicht erwehren.



Am Zeller See verfliegen die Grüblereien, es gibt neben herrlichem Bergseepanaroma eine Dorfjugend zu beobachten. Die einerseits beim Wechsel zwischen Straßenkleidung und Bademode peinlichst genau darauf achtet, keine Geschlechtsmerkmale zu entblößen (ohne Witz, jeder Yogi würde ob der Verrenkungen vor Neid erblassen), andererseits die Bierflasche mit den Zähnen entkorkt. Ich fühle mich wie zu Hause.







Ich versuche noch, die Anfahrt zur Großglockner-Hochalpenstraße für den nächsten Morgen zu verkürzen, kehre nach ein paar Kilometern aber um weil ich nichts zum campen finde und stelle das Zelt mit Mühe und Not im Tal ab. Wild Zelten sei in den Alpen recht einfach – auch nur ein Gerücht.

Der Großglockner am nächsten Morgen ist mein erster richtiger Alpenpass (und bisher auch der mit Abstand forderndste). 7-8 km/h lassen sich mit meiner 26-32 Zähne Übersetzung noch recht angenehm fahren, hier hechle und kämpfe ich bei 6 km/h und viel zu niedriger Trittfrequenz. So spektakulär wie erwartet finde ich die Szenerie nicht, kann aber auch am wolkenverhangenen Himmel liegen.







Wieder im Tal angekommen fühle ich mich ziemlich schlapp, mache eine längere Pause, fühle mich wieder besser, genieße den Talradweg nach Winklern, nehme noch den Iselsbergpass von der falschen Seite mit, durchstehe kleinere Regenschauer, fluche tierisch über einen Autofahrer, der mich mit seinem Außenspiegel touchiert und stelle mein Zelt neben ein Maisfeld.





Spontan entscheide ich mich für einen kleinen Umweg über den Stallersattel, der unten recht nett ist, oben ein paar Schippen drauflegt und diesem Umweg das Prädikat lohnenswert verleiht.





Der Weg nach Toblach macht viel Freude und ist teilweise mit einem Radweg gesegnet. Die Einfahrt in die Dolomiten nach Cortina d’Ampezzo hinterlässt bei mir einen recht wilden, ursprünglichen Eindruck, persönlich gefällt mir dieser Abschnitt bis nach Canazei am besten.





Abseits der Straße (und wohl auch abseits des Radweges, von dessen Existenz ich trotz Ausschilderung nicht restlos überzeugt bin) frage ich zwei Jäger, die in ihrem Verschlag harren und mir irgendwie ertappt vorkommen, ob sie was dagegen hätten, wenn hier jemand (ein Freund natürlich) für eine Nacht zelten würde. Haben sie. Am Lago di Landro unterhalte ich mich eine Weile mit einem Mann mit Hund, der mir versichert, Zelten wäre hier gar kein Problem. Ist es auch nicht. Ich fühle mich wie in Kanada, bzw. mal wieder nur an die Bilder davon.



Weiter über den Passo di Falzarego, an dem mich ein überholter Wanderer an Armen und Beinen begrapscht und den Passo di Valparola, dessen Aussicht mich wahrlich überwältigt.







Gegen Abend erreiche ich das Grödnerjoch und beobachte ein heranziehendes Gewitter, das es aber nicht bis hoch auf den Pass schafft, sondern sich im Tal aus dem ich eben gekommen bin entlädt. Herrlich!





Die Nacht verbringe ich auf einer Wiese zwischen Grödner- und Sellajoch, der Schlafsack bleibt trotz knapp 2000m üNN temperaturbedingt in der Tasche. Dementsprechend fühle ich mich am nächsten Tag nach kurzem Aufstieg zum Karerpass bei der Abfahrt nach Bozen als würde mir jemand permanent ein Heißluftgebläse ins Gesicht halten. 36°C sagt mein Thermometer (und es wird noch heißer).







In Algund/Meran darf ich mein Rad bei einem (etwas muffligen) Einwohner abstellen, setze mich in den Sessellift, kurz später in den Korblift und wandere hoch zur Taufenscharte. Als Kind war ich hier 2x mit meinen Eltern. Es sieht noch gleich aus, ist aber weniger anstrengend. Leider ist es ein wenig diesig und daher die Aussicht nur mittelmäßig.







Der Etschtalradweg ist traumhaft zu befahren und bestens mit Quellwasser versorgt, zelten lässt sich mit Mühe und Not in den Apfelplantagen.



Am nächsten Morgen ist zwar die große Hitze weg; die Begleiterscheinungen in Form von Niederschlag lassen auch nicht lange auf sich warten. Ich dacht mir schon, dass man bei solchem Wetter eher von der Befahrung des Stelvios absehen sollte, aber die Beine pedalieren einfach weiter und ich kann mich auch nicht so richtig dazu entschließen, abzubrechen und auf den nächsten Tag zu warten. Der anfängliche leichte Regen ist auf halber Höhe einem Starkregen gewichen, der Wind ist anstrengender als die Straßenneigung und das Quecksilber zeigt 5°C. Pause im Hotel auf der Franzenshöhe.
Mir ist saukalt, zwei heiße Schokoladen schaffen kurzzeitig Abhilfe. Mit mir teilen viele andere Rennradler und Motorradfahrer das gleiche Schicksal. Die fahren aber nach einer Stunde weiter, es regnet aber noch immer. Wie machen die das nur? Sind die verrückt? Überlegen, hadern, zweifeln. Würde ich es bei dem Wetter bis nach oben schaffen? Bestimmt! Und dann? Geht’s nur noch nach unten, darauf habe ich bei Regen und Kälte überhaupt keine Lust. Es fällt mir sehr schwer, meinen Kampfgeist zu besiegen und ich bleibe für eine Nacht. Es gibt immerhin eine Sauna. Wie zu erwarten war, ist der Himmel eine halbe Stunde nach Buchung des Zimmers wieder blau.

Ich komme ein wenig ins Nachdenken über Ziele, deren Nichterreichen und die zugehörige Neuausrichtung. Ist es okay, in solchen Situationen ein schlechtes Gewissen zu haben? Oder ist es nicht ein viel größerer Erfolg, sich eine „Niederlage“ einzugestehen, die Situation neu zu bewerten und nicht stur einem vorher gesteckten und vielleicht sinnlos gewordenen Ziel hinterher zu hecheln? Und trotz „Niederlage“ völlig zufrieden mit sich selbst zu sein? Letzteres fällt vielen Menschen schwer, glaube ich, mir auch. Letztendlich ärgere ich mich nur ein wenig, dass die Quälerei in der Nässe den Vorteil gehabt hätte, dass die Sonne hinterher umso schöner gewesen wäre. Sei’s drum, dafür stehen die Chancen ganz gut, den Gavia auch noch mit abzufrühstücken.

Hier fällt auch die Entscheidung, das Rückfahrtticket von Avignon zurückzugeben und eher wieder nach Hause zu fahren. Den Zielort und die Zielzeit im Hinterkopf zu haben macht mir einfach keinen Spaß, so richtig kann ich mich der Fahrerei allein (noch) nicht anfreunden und letztendlich gefällt mir auch der Gedanke besser, die letzten beiden Wochen vor dem Wegzug aus Berlin nochmal dort zu verbringen.

Der Rest des Stelvio ist angenehm zu fahren, erstaunlich gleichmäßig geht es bei etwa 8% Steigung nach oben. Auch hier fallen mir ob der Landschaft mal wieder fast die Augen raus.









Der Gavia ist ein ganzes Stück anstrengender, da in der Steigung wesentlich unkonstanter. Und weniger befahren. Es ist abwechslungsreicher als am Stelvio, aber nicht ganz so monumental.









Weil ich in Bormio hungrig einkaufen war, reicht die Schokolade auch für den Passo del Tonale. Was folgt ist ein Biker’s High auf der Abfahrt Richtung Lago di Santa Giustina. Die 30 km verlebe ich bei etwa 50 km/h ohne einmal die Bremsen betätigen zu müssen in einem Rausch, lautstark „Hoch auf dem gelben Wagen“ singend.





Der Gampenpass führt nochmal zurück ins Etschtal, der Weg Richtung Reschenpass wird – weil’s so schön war – ein zweites Mal befahren.



Einen Pass komplett auf einem Radweg befahren zu können, das hat schon was. Kurz vor der Einfahrt zum Stelvio kommt mir ein radreisender Franzose – Julien – entgegen, der seit einigen Monaten kreuz und quer durch Europa fährt. Tatsächlich der erste und einzige Radreisende der mir begegnet; von einigen ViaClaudia-Sonntagsfahrern mal abgesehen.



Die Fahrt im Inntal ist angenehm gemütlich, bevor die Überquerung des Fernpasses – zuletzt tatsächlich auf der Hauptstraße da die Schotterwege leicht anfangen zu nerven und ich den nächsten Morgen ganz gern recht früh am Bahnhof in Garmisch ankommen möchte – einen nicht ganz so prickelnden Abschluss bildet. Immerhin ist die Zugspitze zu sehen, glaube ich.







Geändert von asfriendsrust (17.05.16 21:45)
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#1212451 - 18.05.16 13:43 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
Mooney
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 695
Erneut ein exzellenter Reisebericht von dir - danke!

Wolfgang
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#1212462 - 18.05.16 14:46 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
veloträumer
Mitglied Übernachtungsnetzwerk
abwesend abwesend
Beiträge: 17.178
Atmosphärisch gelungener Bericht über ein anspruchsvolle Bergtour, immer mit einem leichten ironischen Augenzwinkern in die Gegend blickend. Danke!

In Antwort auf: asfriendsrust
Ich versuche noch, die Anfahrt zur Großglockner-Hochalpenstraße für den nächsten Morgen zu verkürzen, kehre nach ein paar Kilometern aber um weil ich nichts zum campen finde und stelle das Zelt mit Mühe und Not im Tal ab. Wild Zelten sei in den Alpen recht einfach – auch nur ein Gerücht.

Man muss natürlich die topografischen Gegebenheiten mit einbeziehen. Schluchten, starke Anstiegsbereiche etc. sind ungeeignet. Merkt man den verstärkten Steigungsbeginn, würde ich raten nicht mehr weiterzuradeln, wenn ich nicht eine Idee habe, was noch kommt. Es gibt aber auch immer Zwischenhöhen und besonders die Hochlagen der Alpen bieten wir ein Mehr an Ebenenflächen. In den Tallagen hingegen wohnen auch Leute, evtl. noch Viehweiden vorhanden. Allerdings gibt es in Fusch beim Gasthof Lampenhäusl preiswerten Camping. Wenig weiter ist die Straße halt ungeeignet, dort hilft Durchhalten bis zur Mautstation Ferleiten, wo man nicht beste, aber doch Gelegenheiten zum Zeltaufstellen finden kann. Danach geht wieder lange nichts - man muss das also schon ein wenig planen (etwas verwegen könnte man die Piffkar-Kehre nutzen - aber shcon ein erheblicher Anstieg). In Mittelgebirgen sind aber solche Bergpassagen ohne Stellflächen ebenso verbreitet.

Frage zum Bild im Etschtal: Kann man am SB-Stand Apfelsaft selber abzapfen?
Liebe Grüße! Ciao! Salut! Saludos! Greetings!
Matthias
Pedalgeist - Panorama für Radreisen, Landeskunde, Wegepoesie, offene Ohren & Begegnungen
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#1212546 - 19.05.16 05:36 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: veloträumer]
kaspress
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 159
Das schaut aber sehr schön aus. Kompliment zwinker
Mtb- und Wanderblog mit kulinarische Tipps:

www.kaspressknoedel.com
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#1212547 - 19.05.16 05:41 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
cyclerps
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 4.210
Respekt! Schöne Tour und toller Bericht. Vielen Dank dafür. bravo
Gruss
Markus
Forza Victoria !

When nothing goes right -> go left!
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#1212593 - 19.05.16 10:11 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
Hansflo
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 3.849
Eine beeindruckende Tour sehr schön berichtet.

Vielen Dank!

Hans (ebenfalls wohnhaft in einem "... am See")
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#1212661 - 19.05.16 15:46 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: Hansflo]
MariaRadelt22
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 10
Wow, danke für den ausführlichen Bericht und die schönen Bilder! Da kriegt man auf jeden Fall Lust auf den Sattel zu steigen
„Besorg Dir ein Fahrrad. Wenn Du lebst, wirst Du es nicht bereuen“ - Mark Twain
"Jede Reise beginnt mit dem ersten Tritt in die Pedale" - Maria zwinker
"Eine Radreise ist wie eine Ehe: Die sicherste Art zu scheitern ist zu glauben, man habe sie fest im Griff" - John Steinbeck
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#1212977 - 20.05.16 21:23 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
Tandemfahren
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 885
Schöner Bericht und schöne Fotos! Mit welcher Kamera sind die denn entstanden?
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#1212993 - 20.05.16 23:56 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: veloträumer]
asfriendsrust
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 323
In Antwort auf: veloträumer

Frage zum Bild im Etschtal: Kann man am SB-Stand Apfelsaft selber abzapfen?


Genau!
Gab da auch noch ein paar andere Früchte. Die Bilder sind alle anklickbar, ich meine dann sieht man das auch ganz gut. Die Kasse ist eine Art hohler Poller in den jemand einen Schlitz gedremelt hat, so sieht's zumindest aus.
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#1212994 - 20.05.16 23:58 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: Tandemfahren]
asfriendsrust
Mitglied
Themenersteller
abwesend abwesend
Beiträge: 323
In Antwort auf: Tandemfahren
Schöner Bericht und schöne Fotos! Mit welcher Kamera sind die denn entstanden?


Das war irgendeine billige Digitalkamera. Kann dir nicht mal die Marke sagen, die ist inzwischen im Nirvana.

Danke übrigens für das positive Feedback!
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#1213298 - 22.05.16 17:27 Re: Von Brandenburg und Alpenpässen [Re: asfriendsrust]
Rad-Franz
Mitglied
abwesend abwesend
Beiträge: 363
Hallo asfriendsrust,

auch mir gefallen dein Bericht und vor allem die Bilder sehr, sehr gut!

Da steigt die Lust zum Radreisen gleich wieder stark an schmunzel .

Das Bild vom Stallersattel kommt mir irgendwie bekannt vor- wie wenn ich dort mit dem Motorrad schon mal gewesen wäre- kann mich aber täuschen.


Beste Grüße
Franz


Geändert von Rad-Franz (22.05.16 17:29)
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