Re: Zukunft der Fahrradteile: Wo geht es lang?

von: Keine Ahnung

Re: Zukunft der Fahrradteile: Wo geht es lang? - 16.10.17 09:31

Ich denke, dass gegen Fortschritt nichts zu sagen ist. Ich habe aber den ganz starken Verdacht, dass es bei verschiedenen Neuerungen nicht wirklich um Fortschritt geht, sondern viel mehr um Geschäftemacherei. Die Reifengrößen sind hierfür das beste, aber nicht das einzige Beispiel. Für den Reiseradler ist es besonders ärgerlich, dass es aufgrund vieler Neuerungen schwieriger wird, unterwegs Ersatzteile zu bekommen. Leider steht der Reiseradler aber nicht im Fokus der Neuentwicklungen. Obwohl ich als Physiker "Freude an technischen Spielereien" habe, betrachte ich viele Dinge eher konservativ. Wenn ich mit einer 3x9-fach Schaltung bisher keinerlei Bedürfnis hatte, noch feinere Schaltabstufungen zu haben, und hierfür auch extrem günstig recht hochwertige Verschleißteile (Ketten und Zahnkränze) erhalten konnte, so sehe ich nicht die Notwendigkeit, z. B. auf 11-fach Zahnkränze und Ketten umzustellen, die gleich ein Mehrfaches kosten und weiterhin Verschleißteile bleiben. Für meine Fahrten mit dem Stadtrad in Bremen sind schon 7-fach-Schaltungen fast ein Overkill. Es mag sein, dass Octalink oder Hollowtech Vorzüge gegenüber Vierkantachsen haben. Aber wenn man einmal ganz ehrlich ist, werden wohl die wenigsten Radfahrer wirklich den großen Unterschied spüren. Anders war es da schon beim Wechsel von den alten Achsen mit Keilbefestigung hin zu den Vierkantachsen, wo eine Technik mit vielen Problemen durch eine über viele Jahre zuverlässige ersetzt wurde. Ich stelle mich nicht gegen die Entwicklung hin zu besserer Funktionalität. Aber die Kompatibilität bei ausreichender Zuverlässigkeit ist mir als Reiseradler deutlich wichtiger. Innenlager sind keine große Sache. Zur Not kann ich hier auch schnell von einer Variante zur anderen wechseln. Daher hätte ich auch keine Probleme damit, wenn z. B. an einem neuen Rad nicht Vierkantachsen verbaut wären. Schwieriger wird es schon, wenn plötzlich 26-Zoll-Räder nicht mehr mit Ersatzteilen versorgt werden. Dann kann ich nicht schnell zu 29-Zoll-Rädern wechseln. Technischer Fortschritt sollte - soweit möglich - mit möglichst großer Kompatibilität vorangetrieben werden. Das ist in der Vergangenheit auch häufig so erfolgt (z. B. Wechsel bei Felgenbremstechniken unter Beibehaltung der Bremssockeldimensionierung). Gewisse Entwicklungen lassen mich aber vermuten, dass bewusst neuer Bedarf geweckt werden soll, wo eine technische Notwendigkeit nicht existiert. Was sollen z. B. Kassetten, die einen dreistelligen Betrag kosten? Der "normale Radfahrer" braucht das nicht als neue Norm. Und was sollen neue Radgrößen, die sich von den schon existierenden nur marginal unterscheiden, aber eine Weiternutzung der alten Größen erschweren?

Also zusammenfassend: Fortschritt ist gut, wo er merkliche Vorteile bringt und bislang bestehende Probleme behebt. Neue Entwicklungen sollten möglichst so erfolgen, dass Kompatibilität mit alten Komponenten so lange als möglich erhalten bleibt. Alles andere ist eine "Marketing-Maßnahme".