Re: Randonneur: "Neuer" mit Beratungsbedarf..

von: Gitanesraucher

Re: Randonneur: "Neuer" mit Beratungsbedarf.. - 12.09.14 18:53

Guten Tag allerseits.

die Mitdiskutantin Martina hat ja dankenswerterweise die Frage nach der Rahmenfarbe in gebotener Kürze und Ernsthaftigkeit - wie ich meine - final geklärt.

"Fit is a big deal" - so - ausnahmsweise auf Englisch - die Radsportlegende Eddy Merckx.

Bei einem Rahmen kommt es an auf
1. eine Geometrie, die "passt"
2. Steifigkeit in Links-Rechts-Richtung, damit die Trittenergie immer schön nach vorne geht,
3. Festigkeit, damit bei Abfahrten (mit Gepäck) das Stahlross nicht schwankt wie ein Halm im Wind.

Weitere Qualitätsmerkmale bei gemufften Rahmen:
Microfusionsmuffen oder Blechmuffen
Microfusionsmuffe: teuer und gut, muß exakt zum Durchmesser des Rohres passen, kann vom Rahmenbauer nicht in den nötigen Winkel gekloppt werden, wenn der benötigte - sagen wir - 72,5-Grad-Winkel halt mal nicht da ist;
Blechmuffe: billiger, je nach Material von schlecht über keineswegs schlecht bis gut , kann vom Rahmenbauer in den benötigten Winkel "gekloppt" werden - sieht keiner nach dem Spritzen, notfalls behilft sich der Rahmenbauer mit größerem Durchmesser, sieht auch keiner nach dem Spritzen, trotzdem Pfusch). Microfusionsmuffen sind auch heute noch ein Verkaufs- und Werbeargument. Wenn das im Prospekt nicht erwähnt wird, sind es Blechmuffen. Im Preisbereich von EUR 1500,- werden nur Blechmuffen verbaut.

Messing- oder Silberlot beim Löten:
Zum Messinglöten braucht man etwa 1100 Grad Hitze. Wegen der damit einhergehenden Materialschädigung sind die Rohre konifiziert ("butted", im Lötbereich innen verdickt, einfach konfisziert, "single butted", nur im Tretlagerbereich verdickt; zweifach konif., "double butted", an beiden Rohrenden verdickt, es gibt auch - mittlerweile sehr selten - dreifach konif., "triple butted"). "Single butted" ist für Rahmenbauer billiger, "double butted" ist für den Käufer besser.

Silberlot ist um einiges teurer als Messinglot, braucht aber auch nur eine Hitze von etwa 800 Grad, das heißt: schonendere Materialbehandlung. Wie oben, auch heute noch ein Verkaufs- und Werbeargument
Im Preisbereich von EUR 1500.- wird mit Messinglot gearbeitet.

Warum das ganze Gerede: Beim Kauf eines Komplettrades immer erst auf die Güte des Rahmen schauen, weniger auf die verbauten Komponenten (beliebter Blickfang: xt-Schaltwerk). Prophezeiung: Wenn man Spaß am Rad gefunden hat, geht's eh - nahezu "naturnotwendig" - über kurz oder lang an‘s "Upgraden"… Der Zukauf von neuen Komponenten ist entschieden billiger als ein neuer guter Rahmen.

Darum noch etwas zum Intec. Anbei ein Link zu Intecs Rahmengeometrien und Rahmengrößen:
http://www.intec-bikes.de/downloadsintec.html
Die tschechischen Intec-Rahmen werden mit der klassischem 25 Cr/Mo4-Stahl (also nicht 35 Cr/Mo4, diese Legierung ist leichter und auch belastbarer) gebaut. Die Rohre sind einfach konifiziert. Rahmen und Unicrown-Gabel zusammen werden eher um 3000 als 2500 Gramm schwer sein, also gutes altes Mannesmann-Rohr 25 Cr/Mo aus den 80ern. Kann man auf einer Radtour an der holländischen Küste (mit limitiertem Gepäck) gut mit leben. Ob ich damit einen Pyrenäen-Paß vollgepackt hinunterflitzen würde? Eher nicht.
Die Oberrohrlänge eines 53er-Intec halte ich mit 55,3 cm für recht lang, die Rahmenbauer orientieren sich da wohl an Ballonreifen und großen Füßen (damit die sich bei eingeschlagenem Lenker Kurven nicht ins Gehege kommen - deswegen wohl auch dieselbe Länge beim nächst kleineren 49er-Rahmen. Ein 49er ist in der Regel was für Leute von 161 cm und kleiner.

Die Körpergröße ist für die Bestimmung der Rahmengröße bloß ein (sehr) grober Richtwert.

Das Maß aller Dinge ist in diesem Fall die Innen-Beinlänge.

Die wird gemessen (Wasserwaage neben dem "Gemächte" [Sieecherheitsabstand!] kräftig im Schritt nach oben ziehen, ins Lot bringen und messen lassen, natürlich ohne Schuhe) und seit anno tobac mit dem Reiserad-Koeffizienten 0,66, wer es sportlicher mag: 0,65, multipliziert - so hat man seine theoretisch beste Rahmenhöhe. In diesem Koeffizienten ist übrigens die hier oft erwähnte "Überstandshöhe" (verschämt: "Kronjuwelen-", vulgo: "Kloten-"schutz) großzügig einberechnet.

So - sodann kann man die ins Auge gefassten Räder damit vergleichen, die am ehesten passenden in die Vorauswahl nehmen. (Die Hersteller bieten ja die unterschiedlichsten Stufungen an: z.B Intec 49 und 53, das wirklich schöne Thorn 52 und 54 usw.

Rad mit besten Preis-Leistungsverhältnis und fittesten Rahmen gefunden, aber Farbe "so was von daneben" …Tscha, tscha … hmm … zurück auf 0.
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In aller Kürze noch etwas zum Gewicht eines gebrauchten, zum "Extra" zurückgebauten Koga-Miyata-Randonneurs: Eines der ins Auge gefassten Modelle, der "Ridgeback Panorama", wiegt 30.1 lbs (engl. Pfund). In Kilogramm sind das 13,7 Kilo. Das galt hier in der Diskussion ja als leicht.
Der Randonneur der Gefährtin wiegt jetzt nach dem Rückbau 15,1 Kilo. Wenn ich jetzt all das herausrechne, was im Ridgeback-Lieferungsumfang nicht enthalten ist, also ein Gepäckträger vorn, zwei Lowrider vorn, Standard (Seitenständer), eine Zéfal HPS Hochdruckpumpe, das berühmt-berüchtigte holländische Axa-Rahmenschloss, Walzen- oder Nabendynamo und zwei doppelwandige Edelstahlflaschen, dann muss der Ridgeback noch um 1 1/2 dt. Pfund abspecken. Dass ein Randonneurrahmen schwer sei, stimmt einfach nicht.
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"Giant"-Rahmen. Zur Qualität von Giant-Rahmen und -Rädern hören wir am besten den europäischen Giant-Firmengründer (1984) Andries Gastra selber: "… Koga was de Mercedes en Giant een volkswagen …" - Ja, danke. Das genügt.
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Zuletzt: Umbau von Trekking-Stange auf Rennlenker: Ich persönlich halte das nicht für eine umfangreiche Umbauarbeit. Das mag ein jeder für sich entscheiden. Die teuersten Teile wären neue Dura-Ace-Lenkerendschalthebel. Da lohnt immer ein Blick in die eBucht. Ich meine, Lenkerendschalthebel wandern dort wöchentlich vorbei.

So, Schluss jetzt und schönes Wochenende