Re: Fahrradzukunft 23 erschienen - feedback bitte!

von: iassu

Re: Fahrradzukunft 23 erschienen - feedback bitte! - 30.11.16 02:50

Ich sehe in der Hertelschen Meinung schon viel Berechtigtes. Die Sachlage ist eher kompliziert als eindeutig.

Meine Priorität wäre:
1. welche Kilometerleistung in welcher Zeit ist zu erwarten?
2. in welchem Gelände wird das stattfinden?
3. wie teuer darf das sein?

erst eine Harmonisierung dieser drei Bereiche führt zu befriedigendem Erfolg. Und das sind wie drei gegenläufige Kurven, die sich irgendwo schneiden.

Zu 1.: das Argument mit dem Durchbremsen tragender Teile gilt hier nur ab einer bestimmten Gesamtlebensfahrleistung. Und ich wage mal die Schätzung, daß 50% aller Fahrräder deutlich weniger bewegt werden, daß ein Durchbremsen jemals erreicht werden könnte.
Zu 2.: genau gegenläufig ist, daß Leichtbau in überwiegend flachen Gegenden weniger Relevanz hat. Das Ampelbeschleunigen bleibt dann die einzige Herausforderung, was den Leichtbau angeht. Andererseites: Höhenmeter tendieren wieder klar zur Scheibe.
Zu 3.: wieder eher konform zu 1.: Räder, die Max Musterfrau während ihres Daseins weniger als 100 km/Jahr bewegen, dürfen weniger kostspielig gemacht sein, es gibt weniger Notwendigkeit, hier viel Geld auszugeben.

Das sind Tendenzen. Persönliche Vorlieben sind eine ganz andere Hausnummer. Wer in absolutem Flachland ein chiques MTB fahren möchte, warum sollte er das nicht tun?

Er wird zwar schon zum Einbremsen seiner wertvollen Scheibenbremsen viel länger brauchen, wenn er dazu nur einmal im Monat zum Stammtisch radelt, als jemand, der in Wuppertal oder Stuttgart janzweitoben wohnt und täglich 2mal 7 km zur Arbeit fährt. Nur: in seiner Freiheit liegt es, das trotzdem zu wollen.

Beim Thema Licht und Regenschutz ist das dasselbe. Selbst unter Reiseradlern mit mehreren 10 000 km Jahresleistung gibt es ja die Überzeugung, daß sie auf Reisen niemals bei Dunkelheit und in Tunnels unterwegs sein werden. Diese Meinung muß man nicht teilen, aber das Rad, welches nur 50 km im Jahr bewegt wird, kann berechenbar auf Nachtundregenausrüstung verzichten. Das sagt einfach die Wahrscheinlichkeit.

Fazit: Scheibenbremsen sind definitiv nicht immer die sinnvollste Ausstattung, ich glaube, das kann zumindest ich als bekennender Scheibenbremsbesessener auch ohne Kronenverzierungsdetailverlust einräumen.