Re: erst mehrtägige Fahrradtour, hat jemand Tipps?

von: Strampelhose

Re: erst mehrtägige Fahrradtour, hat jemand Tipps? - 10.08.15 08:20

"Einfach mal losfahren und dann 3 Tage radeln und 2 mal übernachten. Fertig. Viel Spaß lach
Gruß aus HL vom Hansebiker"

Geht wohl so, hat aber zwei entscheidende Nachteile:

1. Vorbereitung steigert die Vorfreude
2. Planung erleichtert die Fehlervermeidung.

Was ich mit Punkt 2 meine?

Ich habe im Juli meine erste mehrtägige Reise unternommen (SW-Deutschland - Pfälzer Wald - Wissembourg - Altrhein bei Karlsruhe - Straßburg - Rhein Marne Kanal - Gondrexange - Saar Kanal - Glan Blies Weg), insgesamt 610 km in sechs Tagen. Ohne Karte - geschweige denn GPS, einfach aus dem Gedächtnis heraus, frei nach Hansebiker. Bereits am ersten Tag 40 km mehr als geplant (im Pfälzer Wald fürchterlich verfahren), mehr als 12 Stunden auf und neben dem Rad verbracht(max. 8 Std. waren geplant und 90 km statt 133 km).
Ausrüstung: Ein 35 Jahre alter martialischer Rucksack mit Alutragerahmen, mit Campingausrüstung 12 kg schwer. An mein 18 Jahre altes Fully MB gehen halt keine Taschen. Fahren, Anhalten und Anfahren saugefährlich mit der schlingernden Masse auf dem Rücken, wie sich heraus stellte. Am zweiten Tag Blasen an den SPD Schuhen, also auf Flip-Flop Badelatschen gewechselt (das einzige paar Schuhe, welches ich noch mit hatte). Es kam wie es kommen musste - nach 6 Tagen kam ich zwar überglücklich, aber vollkommen ramponiert zuhause an: Abschürfungen, blutige Blasen und eiternde Stellen an den Füßen, blaue Flecken und Abschürfungen am Rücken (eine davon mit massivem Hautpilzbefall), Hintern wegen Wolf zum sitzen ungeeignet, heftigster Sonnenbrand auf Glatze, Beinen und Armen. Wetter sollte nach Vorhersage einfach nicht so sonnig werden.

Fazit:

- Ich weiß jetzt immerhin, dass ich für die Durchsetzung meines Willens noch so richtig leidensfähig bin. Dafür habe ich unterwegs auch anerkennendes Mitleid von anderen Radreisenden geerntet. Eine mit radelnde Partnerin hätte mich unter diesen Bedingungen spätestens am zweiten Tag verlassen...

- So nie wieder. Ich spare jetzt auf ein einspuriges gepäckfähiges Liegerad und das wird mit Taschen oder Anhänger betrieben.

- Mit der geplanten Ausrüstung wird zuvor eine mind. 50 km Fahrt unternommen. Dann hätte ich auch rechtzeitig bemerkt, dass der Helm hinten am Alurucksack anstößt uns deshalb unbenutzbar war und daher als Verzierung hinten am Rucksack mitreiste.

Bitte nicht falsch verstehen: Schöööön war's und unterwegs sehr interessante Europaradler getroffen aber eben auch (sehr) schmerzhaft.

Vielleicht ein krasses Beispiel für unbedarfte Herangehensweise - aber die Ausrüstung sollte stimmen und erprobt sein. Auf der Strecke gab es teilweise über 10-20 km keine vernünftige Übernachtungsmöglichkeit, daher ist eine grobe Orientierung im Vorhinein kein Fehler, wenn man nicht (wie ich) eine Campingausrüstung mit sich trägt. Für ein Zelt ist immer und überall Platz.

Noch was: Genügend Wasser mitnehmen!!! Auch das habe ich falsch gemacht. 1 Liter für drei Stunden sind nach meiner Erfahrung ein guter Richtwert wenn's sehr heiß oder bergig ist, das Doppelte).

Lieben Gruß und viel Spaß bei Eurer ersten längen Tour,
Andreas (der hoffentlich bald wieder Schuhe tragen kann)