Re: Jammerthread: Rahmen im Eimer :-(

von: ohne Gasgriff

Re: Jammerthread: Rahmen im Eimer :-( - 05.11.14 00:13

In Antwort auf: iassu
So richtig höchstwertiges Geröhr gibte es nicht mehr so, wie zu Zeiten, als Stahl noch Hochkonjuktur hatte.


Das eine bedingt das andere. Das "höchstwertige Geröhr" bezieht einen Gutteil seiner Festigkeit aus der Kaltverfestigung beim Ziehen. Und diesen Teil verliert es mehr oder weniger bei anschließender Erwärmung, also mehr beim Schweißen (1.200°C) und weniger beim Löten (600 - 800°C je nach Lot). Man kompensiert das, indem man an den Fügestellen höhere Wandstärken vorsieht (Konifizierung) und ich vermute mal (kenne mich da nicht aus), daß die Wandstärke bei Rohren, die für's Schweißen vorgesehen sind, dort höher ausgeführt werden. Damit wird der Rohrsatz schwerer - also "minderwertiger", jetzt mal ganz abgesehen davon, daß man sicher auch bei der Legierung Rücksicht auf die Schweißbarkeit nehmen muß.
Grundsätzlich kann man jedoch sicher sagen, daß Löten das Material weniger schädigt als Schweißen, weil es eben bei geringerer Temperatur stattfindet. Ideal wäre Kleben und es wundert mich ehrlich gesagt ein bisschen, daß man in der Richtung noch nicht viel gesehen hat. MZ hatte das mal vor, bei den ersten Motorradmodellen nach der Wende (Scorpion; dem Rahmen sieht man's an, wenn man es weiß), hat jedoch in einem recht späten Entwicklungsstadium wieder Abstand davon genommen, weil sie's unter Produktionsbedingungen einfach nicht prozeßsicher hinbekommen haben. Aber seither sind ja über 20 Jahre ins Land gegangen, während derer die Technik nicht stehen geblieben ist.
Daß sich das Schweißen von Stahlrahmen durchgesetzt hat, hängt m.E. v.a. damit zusammen, daß man es wesentlich besser automatisieren konnte als das Hartlöten. Man erzielt damit unter industriellen Bedingungen eine gleichbleibend hohe Qualität, während das Löten halt Handarbeit geblieben ist, die mal besser, mal schlechter ausgeführt wird, je nach Können und Tagesform des Herrn mit der Fackel.
Für ein Reiserad ist ein geschweißter Stahlrahmen aber allemal okay. Wenn das Roß auch schwer beladen die Spur halten soll, dann braucht's nun mal Verwindungssteifigkeit, also Rohrdurchmesser und Wandstärke. Der E-Modul ist bei allen Stählen gleich, deshalb wird ein zu dünner Rahmen immer rumschlabbern, ganz gleich, was der Stahl für 'ne Zugfestigkeit hat. Und sobald man genügend Material reingeschustert hat, daß das Ding in der Furche bleibt, gibt's auch keine hohen Spannungen mehr, also auch kein Argument für 1.100N/mm² Zugfestigkeit.