Re: Live-Bericht: Nürnberg-Nordkap

von: el loco

Re: Live-Bericht: Nürnberg-Nordkap - 18.06.14 18:25

Wie schon erwähnt, erinnerte mich Schweden bis Göteborg an Norddeutschland. Das sollte sich ab der Großstadt schlagartig ändern.
Aber dazu später mehr - der Reihe nach. Ich lag recht gut in der Zeit und hätte mit meinem normalen Reisetempo Göteborg schon letzten Mittwoch erreichen können. Doch ich ließ mir Zeit und zeltete ca. 40 km vor der Stadt, sodass mir ein ebenso entspannter Donnerstag dort beschert war. In Göteborgs Zentrum angekommen suchte ich zunächst eine Möglichkeit, Geld zu wechseln. Ich war auf Bargeld angewiesen. Und das in Skandinavien, wo an jeder Dönerbude mit Kreditkarte gezahlt wird. In den öffentlichen Verkehrsmittel ist garkein Bargeld mehr möglich, wie ich später feststellen durfte, und ich musste mir Tickets stets vorher kaufen. Im Irrglauben, man könne Geld in jeder Bank wechseln, begab ich mich in die erste, die mir vor die Nase kam. Sie war auch recht groß und ich sah, wie ein Security-Heini mich argwöhnisch von innen durch die Glastür begutachtete, wie ich mein Fahrrad davor parkte. Mit dem Rucksack auf der Schulter betrat ich die Bank und eben jener Security stellte sich mir in den Weg und brabbelte etwas auf schwedisch mir entgegen. Dem Tonfall zufolge muss es wohl ``Was willst denn du Schlapphund hier?!´´ gehießen haben. Ich entgegnete mit einem freundlichen ¨I´d like to change money¨ - woraufhin er lediglich entgegnete: ¨Not possible here, please leave!¨ Schweden sollen ja freundliche Menschen sein. Bislang waren sie es auch und ich versuchte das harsche Verhalten mit meinem Äußeren in T-Shirt und Radlerhose sowie der fehlenden Morgendusche zu erklären. Dank einem freien WLAN und Google Maps machte ich eine Forex-Filiale aus, die für das Wechseln 50 Kronen Kommission berappte. Ich verfluchte abermals den vergessenen PIN meiner Kreditkarte, mit der ich weltweit kostenfrei hätte Geld abheben können.

Nachdem ich mit dem Rad etwas durch die Großstadt schob, musste ich mich in Flughafennähe begeben, wo ich die Nacht zelten wollte, um vormittags dort meine Freundin Sophie abzuholen, die mit mir das Wochenende in Göteborg in einem Hotel verbringen sollte. Am nächsten Morgen wartete ich in der Lobby des Göteborg City Airports, bis mir schließlich auffiel, dass kein Air Berlin Flug ankommen sollte. Ich war verdutzt und suchte Rat über das freie WLAN des Flughafens. Dadurch erfuhr ich vom größeren Flughafen Landvetter - 25 km außerhalb der Stadt. Na toll! Das hätten wir wohl besser abstimmen müssen. Ich war am anderen Ende der Stadt und schaffte es somit nicht mehr pünktlich zur Ankuft - wir trafen uns also in der Stadt.

Nun war ich generell etwas überrascht vom hohen Preisniveau Schwedens. Darauf war ich erst in Norwegen vorbereitet. In der Woche in Deutschland gab ich ca. Nur halb so viel Geld aus - obwohl ich wirklich nicht auf die Ausgaben geschaut habe und es mir durchaus habe gutgehen lassen. Das Schwedenpils für ca. 7,50 Euro trank ich daher nur einmal und meinte, es mir mit einer kalten Dose aus dem Supermarkt in einem Park ebenso gutgehen lassen zu können. Das Bier mit nur 3% ging gerade so runter. Mir war klar, dass Schweden nicht für das Bier berühmt ist und ich Top-Gerstensaft nur im heimischen Oberfranken bekomme. Dennoch war ich der Meinung, dass es fast überall auf der Welt gute Brauereien gibt und wollte mich auch hier im Norden durchprobieren. Doch bei dem Preis-Leistungs-Verhältnis beließ ich es beim Probieren.

Das Wochenende in Göteborg war letztlich ein reines Touri-Wochenende. Wir haben uns eine City-Card geleistet, die zahlreiche Eintritte sowie öffentliche Verkehrsmittel beinhaltete und genossen alles, was die Stadt zu bieten hatte. Da es hier um die Radreise geht, möchte ich hier nicht auf jede Sehenswürdigkeit eingehen und belasse es dabei.

Am Montag Nachmittag ging es weiter mit der Radtour. Sophie musste ich schweren Herzens zurückfliegen lassen und ich machte mich abermals daran, raus aus der Stadt zu kommen. Am Abend dann die nächste Panne: Mein Hinterrad macht schon wieder Probleme und hat nen kräftigen Achter. Natürlich habe ich alles Mögliche dabei, nur keinen Speichenschlüssel. Doch ich sollte Glück haben. Am nächsten Tag auf einer kleinen Fähre traf ich zwei Reiseradler: Daniel aus dem Schwarzwald mit seiner Freundin Catherine aus Australien. Er hatte nicht nur einen Speichenschlüssel dabei, sondern konnte das Rad wieder zentrieren. Ein paar Schläge auf die Felge, einige Speichen spannen und schon war der Achter weg! Herrlich! Da es vormittags war, wollte ich die beiden zu einem Kaffee einladen. Ich fuhr voraus und wartete an der nächsten Fähre. Leider kamen sie die Fuhre nach mir auch nicht an und ich verlor sie. Schade. Daher beschloss ich, nicht länger zu warten und weiterzufahren. Daniel, falls du das hier liest, geht der nächste Kaffee auf mich, falls wir uns wiedertreffen sollten. Und dein Reiseradler-Karma wird dir wohlgesonnen sein wegen deiner Hilfsbereitschaft! zwinker

Norwegen ist nun nicht mehr weit. Direkt hinter Göteborg wurde das Land wieder hügeliger und die Landschaft interessanter. Das durchwegs sonnige Wetter tut sein übriges, die Fjorde, Flüsse, Wiesen und Wälder von ihrer besten Seite zu zeigen. Ich bin begeistert und freue mich dabei auf mehr.

In 80 km überquere ich heute die Grenze zu Norwegen und bin spätestens Freitag in Oslo, denn Donnerstag habe ich eventuell noch einen Aufenthalt kurz davor. Mehr dazu aber im Nachhinein!

Nachtrag: Da ich nicht immer online bin, wenn ich diese Zeilen verfasse, bin ich beim Reinstellen natürlich schon weiter. Passierte heute nachmittag die norwegische Grenze und bin in Fredrikstad. Oslo, ich komme!