Re: LEJOG Teil2: Birmingham nach Land’s End 2016

von: Britta

Re: LEJOG Teil2: Birmingham nach Land’s End 2016 - 15.11.16 21:07

Tag 7 Wooden Down - Tavistock 50 km

Am Morgen bietet sich ein inzwischen ganz ungewohnter Anblick – es ist recht nebelig und feiner Sprühregen liegt in der Luft. Naja – irgendwie passend für den heutigen Ausflug ins Dartmoor. Nach den frischen Brötchen vom Campingplatz starten wir gegen 10 Uhr los. Wir stoppen noch kurz zum schnellen Einkauf im letzten Ort vor dem Nationalpark und biegen dann biegen wir ab und passieren bald die Grenze des Nationalparks.




Die Gegend ist wunderbar, und das etwas trübe Wetter schafft eine ganz passende Stimmung zu dieser Landschaft.








Kleine Pause am Laden unterwegs, und weiter geht’s durch die weiterhin schöne Mooreinsamkeit.





In Two Bridges kehren wir in der örtlichen Gaststätte ein, um uns etwas zu trocknen, aufzuwärmen und eine Kleinigkeit zu essen. Ein sehr englischer Laden mit Sofa-Ecken und Handtuch für die feuchte Hundepfote.









Wir können uns für diesen besonders schönen Abschnitt der Tour viel Zeit lassen. Für heute haben wir nur vor, das Dartmoor zu queren und am westlichen Rand auf einem Campingplatz zu übernachten. So rollen wir ganz entspannt durch die schöne karge Landschaft und legen reichlich Fotostopps ein.



Im Örtchen Tavistock laden wir nochmal schnell ein paar Vorräte für das Abendessen nach und stolpern dabei über ein Kaffenback – quasi den Zwilling meines Stadtrades.





Bevor wir den Campingplatz erreichen geht es allerdings noch mal einige Kilometer stramm bergauf. Aber die Mühe lohnt sich. Wir treffen auf einen schönen kleinen Farm-Camping. Der Inhaber begrüßt uns und gibt uns noch eine ausführliche Einführung in die Geschichte der Gegend – eigentlich schade, dass wir nicht mehr Zeit haben, hier gäbe es sicher eine spannende Zeit zu verbringen.
Wir schlagen unser Zelt auf der Zeltwiese neben der Pony-Weide und den Schweinchengattern auf. Lothar gönnt sich heute eine kleine Hütte – auch für uns von Vorteil. Nach dem Abendessen verbringen wir den Rest des Abends gemeinsam in der kleinen warmen Hütte mit der Planung der weiteren Reiseroute. Allzu viele Kilometer trennen uns jetzt nicht mehr von Land’s End. In 2 Tagen sollte die Strecke ab hier zu schaffen sein.





Tag 8 Tavistock – Indian Queens 69 km


Am Morgen bekommen wir noch zahlreichen Besuch von der Geflügelmannschaft des Platzes.



Auch Lothar hat am frühen Morgen schon gefiederten Besuch.



Gegen halb 10 brechen wir auf. Wie die bisherige Strecke sind wir wieder auf kleinen Nebenstraßen unterwegs – quasi verkehrsfrei, allerdings mit dem einen oder anderen Höhenmeter verbunden. Und manchmal ist’s auch etwas eng…











Unterwegs kurze Pause an einem kleinen Laden und viele Ruinen in der Umgebung zu bestaunen, aus der Zeit als in dieser Gegend noch umfangreich Kupfer abgebaut wurde.



Dabei passieren wir auch die Ortschaft Minions….
Außer auf dem Schild haben wir aber keine gesehen.



Irgendwann ist es in der Sonne wieder so warm, dass wir wieder auf T-Shirt und Shorts umstellen. Nicht zu glauben – aus Berlin hören wir, dass graues Novemberwetter Einzug gehalten hat und wir haben in England hochsommerliche Temperaturen!





In dem Dörfchen St. Noat kehren wir auf ein Bier und ein Sandwich in den örtlichen Pub ein. Bernd möchte die Zeit nutzen, um seine Bremse etwas nachzustellen und macht dabei eine unliebsame Entdeckung. Die Hinterradfelge ist gerissen, und das nicht nur einmal sondern an nahezu jeder Speiche der Antriebsseite. Für ein fast neues Laufrad sehr ärgerlich, und so kurz vorm Ziel doppelt ärgerlich. Da wir im Moment nicht viel machen können außer das Gepäck etwas umzuverteilen, fahren wir weiter und hoffen, dass die Felge die letzten 150 km noch durchhält.



Hügelig bleibt es weiterhin…





Streckenweise führt der Weg aber auch über eine stillgelegte Landstraße die jetzt als Rad- und Wanderwege freigegeben ist. Auch sehr schön zu fahren.



Zum Abend führt uns der Weg auf den Campingplatz „Gnome World“ – nicht der schönste Platz der Reise aber praktisch direkt an unserer Route gelegen und mit sehr besonderer Zwergen-deko.



Tag 9 Indian Queens – Land’s End 95km

Auch wenn wir es eigentlich offen lassen, ob wir heute bis LE durchfahren oder nicht – eine gewisse finale Aufregung ist wohl da, denn wir sind bereits um 9:00 (recht früh im Vergleich zu den letzten Tagen) startklar und fahren los. Wir fahren zunächst wieder wie die letzten Tage auf kleinen Nebenstraßen.





Auf der ganzen Tour bisher hat sich Bernds Track im Wesentlichen auf die kleinen Nebensträßchen konzentriert. Damit sind wir die letzten Tage fast Auto-frei unterwegs gewesen und haben viele schöne Ecken des Landes gesehen – allerdings haben wir vermutlich auch deutlich mehr Höhenmeter gesammelt, als das auf größeren Straßen der Fall gewesen wäre. Das kostet viel Zeit. Heute steckt doch der Wunsch im Hinterkopf, es bis zum Ende des Landes zu schaffen, deswegen machen wir kurz einen Ausflug auf eine der größeren Hauptstraßen. Biegen aber schon nach wenigen Kilometern wieder auf die Nebenstraßen ab- der Verkehr auf der Hauptstraße ist einfach zu nervig.
Gut, dass wir abgebogen sind – denn so kommen wir auch an der „Fahrradscheune“ vorbei: Eine Riesenscheune voller Fahrräder und Fahrradteile mit Café. Trotz des heutigen Ziels ist hier erst mal Stopp für einige ausgiebige Pause und Stöberrunde durch die Scheune.





Wir erreichen bald darauf die Küste und fahren die folgenden Kilometer auf einer herrlichen Strecke oberhalb der Steilküste. An einem der Küstenorte kommen wir mit einem Iren ins Gespräch, dem unsere Räder gut gefallen. Er empfiehlt als nächstes Ziel Küste Irlands abzufahren. Können wir ja mal in die to do Liste aufnehmen. schmunzel







In Heyles kaufen wir schonmal den Sekt ein – da die letzten Kilometer ganz gut voran gingen, sind wir recht zuversichtlich, dass wir heute noch bis LE kommen.
Weiter geht es dann auf der ausgewiesenen Radroute nach Penzance.



Von hier sind es jetzt nur noch 14 km und es ist kurz vor vier am Nachmittag. Das sollte doch jetzt noch gut zu schaffen sein. Voller Enthusiasmus strampeln wir los – bloß blöd dass irgendwer vor die letzten Kilometer nochmal einen richtig doofen Hügel gesetzt hat. Die nächsten 7 km geht es gefühlt non stop bergan. So kurz vor Schluss führt das zu leichten Frustrationen in der Reisegruppe. Kurz vor Erreichen der Anhöhe legen wir noch einmal eine Pause ein. Ich futtere erst mal eine Tafel Schokolade, fluche eine Weile vor mich hin und bin dann nach 10 min Pause aber wieder startklar.



Und ab da wird’s dann auch wirklich schön – die letzten Kilometer geht es jetzt quasi nur noch bergab. Bei schönstem Sonnenschein rollen wir geschafft aber glücklich dem Ziel entgegen.



Und um fünf sind wir dann endlich da – Land’s End! Geschafft! party
Ein tolles Gefühl, dass wir ausgiebig auskosten. Es werden Fotos gemacht, Fragen zur Reise beantwortet und Glückwünsche entgegen genommen. Und dann in der Abendsonne der Sekt geköpft.





Nach der ausgiebigen „Zielfeier“ radeln wir dann langsam wieder zurück – auf der Suche nach einem nahegelegenen Campingplatz. An dem ersten Platz den wir passieren, finden wir eine Telefonnummer zum Kontakt. Bernd ruft die Nummer an und es ergibt sich in etwa folgendes Gespräch:

„Hello, we are here at your site and would like to stay for one night with 3 persons“
“Sind sie Deutsche? Wir können deutsch sprechen!”
„Oh gut, wir sind hier mit drei Personen und würden gern eine Nacht bei Ihnen übernachten.“
„Hm, naja, ich habe aber nur eine 2 Zimmer-Wohnung….“
Da fällt langsam der Groschen – statt der 44 hatte Bernd die 49 vorgewählt und irgendeinen armen Menschen in Deutschland angerufen. Immerhin, beinahe hätten wir dem Dialekt nach irgendwo in Süddeutschland eine Unterkunft gehabt!
Mit der korrekten Vorwahl bekommen wir dann leider die Auskunft, dass der Platz für die Saison bereits geschlossen sei.
Allerdings finden wir dann doch nur wenige Kilometer weiter einen netten Farm-Camping, auf dem wir den Abend ausklingen lassen.

Tag 10 Land’s End – Penzance 43km

Am nächsten Morgen radeln wir – weil es so schön war - noch mal zum Land’s End. Schauen uns noch die kleine Ausstellung über all die verschiedenen Arten der Inselquerung an.



Den Weg zurück nach Penzance nehmen wir jetzt die Straße entlang der südlichen Küste – mit noch mal ein paar kurzen und knackigen Steigungen, aber auch Gelegenheit zur Kuchenpause in einem kleinen Café.



In Penzance steuern wir einen Campingplatz an, der oberhalb des Ortes gelegen ist. Betonung auf „ober“halb. Es sind zwar zur knapp 5 km bis zu dem Platz, die geht es aber auch nochmal ganz ordentlich nach oben. Egal – ist der letzte Tag und der letzte Hügel!
Der Campingplatz ist wieder ein schöner kleiner Farmcamping den wir mal wieder für uns alleine haben. Den Nachmittag verbringen wir nochmal im Ort, beim Bierchen im Sonnenschein und Abschlussessen im örtlichen Pub.



Tag 11 Penzance - London

Heute ist der erste Teil der Heimreise geplant. Unser Zug nach London startet um 9:45 und da wir zeitig am Bahnhof sind, bleibt sogar noch Zeit für ein full english breakfast im Bahnhofscafé.



Die Räder sind bald gut im Zug verstaut und so rollen wir dann den Rest des Tages entspannt gen London.



Für Bernd und mich geht die Reise nach London Gatwick. Dort haben wir ein Guesthouse gebucht und wollen am nächsten Tag nachmittags nach Hause fliegen. Für Lothar geht die Reise noch weiter zur Fähre nach Harwich, von wo er zurück nach Holland fährt.

In Gatwick angekommen finden wir das Guesthouse recht schnell, beim Einchecken kommt es allerdings zu einem kleinen Schreckmoment: Bernds Personalausweis ist weg! Wo kann der denn abgeblieben sein. Nach hin und her überlegen bleibt nur die einzige Erklärung: Er musste ihn in dem ollen Hotel in Bridgwater abgeben und wir haben ihm beim fluchtartigen Verlassen am nächsten Morgen vergessen wieder einzusammeln. Bingo! Und jetzt? Leicht panisch rufen wir die Hotline der deutschen Botschaft an. Die Herrschaften dort sehen das recht entspannt. Wir sollten morgen früh zur Botschaft in London kommen, dann bekäme Bernd den Ersatzausweis und am Nachmittag wären wir wieder startklar am Flughafen.
Nun gut – das war’s mit dem Ausschlafen am letzten Tag….

Tag 12 London - Berlin

So klingelt der Wecker früh an diesem letzten Urlaubstag. Zuerst mal fahren wir zum Flughafen und geben unser Gepäck in die Gepäckaufbewahrung. Die Räder stellen wir vor dem Flughafen ab in der Hoffnung, die dort auch nach unserer Rückkehr wiederzufinden. Dann fahren wir für ein halbes Vermögen mit dem Schnellzug nach London und sind pünktlich um 8:30 an der Botschaft.



Das Ausstellen des Ersatzausweises geht tatsächlich recht schnell und unkompliziert – und das obwohl wir keinerlei Alternativ-Dokumente dabei hatten. Nach einer guten Stunde sind wir aus der Botschaft wieder raus und haben so nun auch noch etwas Zeit für einen Schnelldurchgang einer kurzen Stadtbesichtigung. Wir klappern die wichtigsten Sehenswürdigkeiten im Umfeld von Victoria Station ab und nehmen den Ausflug so als Gelegenheit, noch ein bisschen Londoner Luft zu schnuppern.



Zurück am Flughafen machen wir uns an die Verpackung der Räder. Wir fliegen mit Norwegian, auch weil diese Airline nach unserer bisherigen Erfahrung sehr unkompliziert beim Reisen mit dem Rad ist. Daher sind wir dann doch etwas überrascht, als wir am Check in Schalter darauf hingewiesen werden, dass unsere Räder SO (also nur verpackt in Luftpolsterfolie) nicht mitkämen. Der Hinweis, dass wir mehrfach mit Norwegian mit exakt dieser Verpackung geflogen sind gilt nicht – dies wäre eine Flughafen-spezifische Vorschrift. Na super. Die Info hat auf der Norwegian-HP leider gefehlt. Na, wir hätten ja auf der HP des Flughafens nachschauen können…. Offensichtlich haben wir hier das komplette „mit dem Rad fliegen macht Spaß“ Paket gebucht. Erste Info von Mitarbeiter 1: Die Räder müssten komplett mit Folie eingewickelt sein. Zweite Info von Mitarbeiter 2: Nein, ein Karton muss es sein, Folie reicht nicht. – Nun, glücklicherweise gibt es Kartons für schlappe 25 Pfund am Flughafen zu kaufen. Nach umfangreicher Demontage der Räder passt sogar Bernds Fahrrad in den Karton.



Wir checken ein, bekommen bei Vorlage des Ersatzausweises („Oh, Emergency?“) als Bonbon immerhin einen Notausgangplatz und bringen die Kartons zum Scanner. Karton eins passiert problemlos den Scanner. Während Bernd den 2. Karton zum Scanner bringt, findet dort ein Personalwechsel statt und Kollege 2 ist der felsenfesten Überzeugung, dass dieser Karton niemals durch den Scanner passt. Auch der Hinweis, dass grad vor einer halben Minute der exakt gleiche Karton problemlos verarbeitet wurde, kann nicht überzeugen. Glücklicherweise ist der Mitarbeiter der vorherigen Schicht noch in Rufweite und kann dann seinen Kollegen doch noch überzeugen, dass das ganz sicher funktionieren wird.
So ist der letzte Tag dann etwas weniger entspannt als ursprünglich mal gedacht (ich will nicht sagen der Erholungseffekt des Urlaubs war komplett verpufft, aber es war nah dran…) aber immerhin neben wir unsere Räder später in Berlin ohne Schäden in Empfang.

Klammern wir den letzten Tag aus, war es eine echt schöne Tour. Das Wetter war unglaublich gut – wer hätte gedacht, dass wir im Oktober in England solch ein Sommerwetter haben würden, während Berlin in der Kältewelle und Dauerregen feststeckte.
Ich bin jedenfalls mit Großbritannien wieder komplett versöhnt – so versöhnt, dass wir jetzt ernsthaft darüber nachdenken, im Januar/Februar in Schottland eine Wintertour zu machen! schmunzel

Britta