mit dem Rad zum Schwarzen Meer

von: oktopus

mit dem Rad zum Schwarzen Meer - 07.10.16 08:29

(Vorsicht lang!)

IT'S A LONG LONG WAY …


Nach dem Abbruch meiner Tour von Budapest Richtung Schwarzes Meer im Juli 2015 wollte ich das Ganze noch einmal starten, diesmal gleich ab Wien.

WENN SCHON, DANN RICHTIG!

WIEN-TULCEA – das sind grob geschätzt 2055 km. Das Kartenmaterial vom Vorjahr (Kartenmaterial von Huber) hatte ich noch. In der Zwischenzeit hab ich weitere Erfahrungsberichte gelesen, ein Buch von der deutschen Biologin und Schriftstellerin Carmen Rohrbach gelesen (mit der ich in Mailkontakt getreten bin) und meine Routen und Etappenziele überarbeitet. Ich hab ein Update für Openstreetmap durchgeführt, den City Navigator 2016 auf dem Navi installiert und die überarbeiteten Routen aufs Navi übertragen.

Ich nahm das TERN, mit dem ich im September nach Donaueschingen gefahren bin. Das hat sich gut bewährt! Gepackt war es leichter als im Juli 2015, aber doch etwas schwerer als bei der Tour nach Donaueschingen im September 2015: 37,9 km. Allerdings wurde es von Tag zu Tag leichter :-)

Ursprünglich war geplant, dass ich alleine bis Pancevo fahre und mich dort mit meiner Freundin treffe, um gemeinsam weiterzufahren. Leider sagte sie mir ab, so dass ich mir eine andere Lösung überlegte: Motorradbegleitung ab Pancevo!


Tag 1 – 23. August 2016 (Wien bis Narad):
Um 7 Uhr 55 ging's los bei strahlendem Sonnenschein und angenehmen 18 °C. Kaiserwetter! Über die Reichsbrücke ging's zuerst zur Donauinsel und dann weiter über die Praterbrücke zum linken Donauufer. Um die Tanks der ÖMV herum erreichte ich schließlich den Marchfelddamm, der an Hermi's Radlertreff in Schönau und an Orth an der Donau vorbei bis Stopfenreuth führt.
Marchfelddamm/Lobau:







2 km nach Stopfenreuth geht's über die Donaubrücke wieder zum rechten Ufer und über eine wunderschöne Uferpromenade nach Hainburg.
Hainburg:



Ich bin ja schon oft nach Bratislava gefahren. Normalerweise fahr ich den Abschnitt Hainburg bis Bratislava immer am Ufer entlang. Die Strecke ist schöner, interessanter und vor allem fast durchgehend im Schatten. Allerdings ist sie auch anspruchsvoll, rumpelig und teilweise ein bissl unwegsam. Aus diesem Grund beschloss ich, mit meinem Gepäck doch lieber den offiziellen Donauradweg über Wolfsthal und Berg zu nehmen. Ab Berg war ich schließlich im Ausland.
Wolfsthal:



Grenzübergang bei Berg:





Hier ein paar Impressionen von der Ufervariante: Hainburg-Bratislava Ufervariante

Mittagessen gab's dann in Bratislava nach 65,4 km.

Gestärkt fuhr ich wieder zurück auf den Donauradweg und wechselte bei der letzten Brücke in Bratislava wieder zum linken Donauufer. Diese Seite der Donau kannte ich noch nicht. Sie ist aber genauso super ausgebaut wie der Dammweg auf dem rechten Donauufer. Toll zu fahren! Nur Schatten ist Mangelware.



Ich war den ganzen Tag in der prallen Sonne unterwegs. Bei Höchsttemperaturen von 28 °C nicht schlimm, ich empfand es eher als angenehm. Auf dem Dammweg erreichte ich auch meinen ersten 100er :-)

Am WKW Gabcikovo vorbei war ich dann wieder auf bekanntem Terrain. Bei meiner Tour Wien-Budapest vor 4 Jahren hatte ich die Dammvariante am rechten Donauufer gewählt und bin beim WKW Gabcikovo auf die linke Donauseite gefahren.
Nun hatte ich es nicht mehr weit bis Narad, wo ich ein Zimmer in einer Pension gebucht hatte. Das Schild wies mir auch gleich den Weg.





Gesamtstrecke 125,24 km

Tag 2 – 24. August 2016 (Narad bis Sturovo):
Die gute Nachricht: Mir ging's gut, dem Fahrrad auch, ich war relativ zeitig im Hotel und konnte gleich duschen.
Die schlechte Nachricht: ich hatte kein Handy mehr! Ich hätte SCHREIEN können!!!!

Ich startete um 8 Uhr 11, fuhr gleich zurück auf den super asphaltierten Donauradweg. Ca. 5 km waren es bis Medvedov. Hier war ich vor 4 Jahren über die grüne Brücke auf die ungarische Seite und weiter nach Györ gefahren. Ich blieb diesmal aber auf der linken Seite der Donau in der Slowakei. Nach der Kreuzung mit der Brücke ging's weiter auf super asphaltiertem Radweg ... ca. 3 km lang. Dann war's aus. Aber wie es aus war!

Schotter, Gestrüpp, Furchen, teilweise konnte man den Weg nur noch erahnen. Es rumpelte, ich wurde durchgeschüttelt, das ganze Fahrrad wurde durchgeschüttelt. Einen schönen Gruß von den Zahnrädern! Laut Huber-Karte war ab hier ein längerer Abschnitt gestrichelt (= unbefestigter Weg) eingezeichnet, aber irgendwie glaubte ich der Karte nicht. Ich dachte mir, das ist sicher nur ein kurzes Stück rumpelig, danach geht's wieder auf asphaltiertem Weg weiter. Falsch gedacht! Es gab auch keine Alternativroute, außer großräumig (wirklich großräumig) über eine Hauptverkehrsstraße auszuweichen. Nach ein paar km kam mir ein Mountainbiker entgegen. Ich fragte gleich, wie lange das so weitergeht? Er konnte nicht deutsch und nicht englisch, ich kann kein slowakisch. Aber irgendwie klappte die Kommunikation doch mit Händen und Füßen.
Geht das so weiter? - Ja. - Kommt irgendwann eine Straße? - Keine Straße, nur so. – Wie viele km so? - 10 km so, danach glatt (was auch immer das bedeutet?). Also fuhr ich weiter. 10 km sind ja nicht soooo viel. Das drück ich schon durch... 10 km??? Die müssten doch schon längst um sein? Aaaah, da. Ich sah eine Straße! Super, jetzt geht's auf Asphalt weiter. Ich bog ein in die Straße und ..... landete nach ca. 1/2 km zwischen Containern in einem Hafengelände. Endstation. Wieder alles zurück. Das war wohl nix.

Nach ein paar weiteren km hatte ich das Gefühl, dass ich mehr Kies, dafür weniger Gestrüpp unter mir hatte. Und der Weg verschwand auch nicht mehr. Ah ja, jetzt ist es glatter. Es rumpelte aber nicht weniger. Und dann kam irgendwann, was nicht kommen hätte dürfen. Ich wollte ein Foto machen - wenn ich schon in der Pampa unterwegs bin, will ich sie auch fotografieren. Handy? Wo??? WO IST MEIN HANDY???????????? Zuletzt war es in der Lenkertasche unter der Klarsichtfolie bei der Karte. Da war es nicht mehr.

KRISE!!!!!!!!!!!!!!

Ich kehrte um und ging - das Fahrrad schiebend - ungefähr 2 km wieder zurück und suchte alles ab. Irgendwann warf ich das Handtuch und fuhr wieder in die ursprüngliche Richtung. Nichts - mein Handy war weg. Ich hab es nicht mehr gefunden. Ich hätte SCHREIEN können!!!! Nur in welcher Sprache?

Nach insgesamt 35 km, die ich auf der Piste unterwegs war (inkl. meine beiden Umwege) fand ich eine Möglichkeit, zur Hauptstraße durchzudringen. An dem Punkt war die Hauptstraße relativ nah an der Piste. Die letzten 10 km nach Komarno fuhr ich schließlich auf der Hauptstraße. In Komarno gab's Mittagessen und Verschnaufpause! Der Nachmittag war dagegen echt super. Ab Komarno war der Donauradweg super ausgebaut. Zweimal musste ich ein kurzes Stück auf die Straße, ansonsten war das ein asphaltierter Radweg mitten in toller Landschaft! Die letzten km nach Sturovo blieb ich noch einmal auf der Hauptstraße.

Gesamtstrecke 105,87 km

Tag 3 – 25. August 2016 (Sturovo bis Budapest):
Ich hatte am Vortag noch eine E-Mail von einer Bekannten bekommen. Mein Handy wurde anscheinend gefunden. Derjenige muss auf dem Display die Anrufliste gefunden haben und hat sie angerufen und auf Slowakisch irgendetwas versucht zu erklären. Er sprach immer wieder von der Slowakischen Republik und von irgendeiner Nummer und Adresse (??). Alle weiteren Versuche, ihn anzurufen oder per SMS bzw. WhatsApp zu erreichen, schlugen fehl. Ich versuchte ebenfalls ihn bzw. mein eigenes Handy anzurufen. Da meldete sich nur noch die Box. Akku leer.

In der Zwischenzeit hatte er sich noch einmal bei meiner Bekannten gemeldet und ihr seinen Namen und seine eigene Telefonnummer gegeben. Ich rief ihn von der Hotelrezeption in Budapest an. Soweit ich verstehen konnte, hatte er das Handy bei der Polizei in Komarno abgegeben. Ich rief mehrmals bei der Polizei in Komarno an und bekam immer nur die Antwort "please call 112". Also suchte ich mir eine Email-Adresse heraus und mailte ihnen auf Englisch und auf Slowakisch (über ein Übersetzungsprogramm). Meine Hoffnung schwand dahin :-(

Ich kann's ja nicht lassen. Ich gönnte mir heute schon wieder ein Abenteuer :-) Ich startete pünktlich um 8 Uhr bei angenehmen 17 °C. Ich hatte ja in Sturovo übernachtet (linkes Donauufer - Slowakei). Der offizielle Donauradweg verläuft dort das rechte Donauufer entlang. Das heißt durch Esztergom (Ungarn). Die Donau bildet hier zwischen Sturovo und Esztergom die Grenze zwischen der Slowakei und Ungarn. Ich hätte nur über die Brücke fahren müssen, um dort die Donau entlang zu fahren. Allerdings muss man von Esztergom aus nach ca. 20 km mit der Fähre zum linken Donauufer nach Szob wechseln. Also dachte ich mir, das spar ich mir, ich fahr von Sturovo gleich auf der linken Seite weiter und bin ab Szob auf dem offiziellen Donauradweg.

Diese 20 km hatten es aber in sich!!!!

Aus Sturovo raus fuhr ich auf der Straße, das war die leichte Übung. Aber dann ging's auf einen Feldweg und ich rumpelte bis Chlaba dahin. Nachdem ich Chlaba verlassen hatte, war ich nur noch auf einem Pfad unterwegs, der teilweise gar nicht mehr sichtbar war. Weia ... Zurück? Nein, ich bin doch schon so weit gefahren. Ich mag nimmer zurück. Soooo weit ist das ja nicht mehr bis Szob. Schlimmstenfalls schiebe ich mein Rad.

Also folgte ich so gut es ging den immer wieder verschwindenden Spuren, kämpfte mich durch Furchen und große Pfützen. Teilweise teilten sich die Spuren. Dank Navi wusste ich aber immer, welche der Spuren die richtige war. Ich hatte die Route ja berechnet und aufs Navi übertragen! Auf dieser Strecke wäre ich ohne Navi aufgeschmissen gewesen! Ich fuhr ein ganzes Stück den Ipoly entlang, einen Nebenfluss der Donau, der gleichzeitig Grenzfluss zwischen der Slowakei und Ungarn ist. Wahrscheinlich war ich im Niemandsland unterwegs.

Dann stand ich vor einer Eisenbahnbrücke. Und ich wusste, ich muss da drüber. Das ist mein Grenzübergang. Auf Google Earth und Openstreetmap hatte das alles sehr einfach ausgesehen. Aber vor Ort hatte ich im ersten Moment keine Ahnung, wie ich da rauf kommen soll. Hier war dichter Urwald, unter der Brücke eine riesige Pfütze. Ich ließ zuerst mein Rad stehen und erkundete die Umgebung zu Fuß. Und dann sah ich wirklich einen verwilderten Pfad, der auf die Brücke führte! Also runter mit den Packtaschen, Fahrrad raufschieben (das war steil bergauf), Packtaschen holen und wieder montieren. Und ich war oben!!!! Nachdem ich mein Rad von Gestrüpp, Ästen und Grashalmen befreit hatte, konnte ich die Brücke bzw. Grenze nach Ungarn passieren! Weitere 1,5 km noch auf einem Pfad, und ich erreichte Szob. HURRA!!!! Ich hab mich sooooo gefreut, die Donau zu sehen und einen asphaltierten Radweg unter mir zu haben!!!

Danach ging's auf bekanntem Radweg entlang der Donau weiter. Ich hatte den ungarischen Donauradweg gar nicht so gut in Erinnerung! Aber wahrscheinlich kam mir nach den letzten beiden Tagen jeder Weg, auf dem man schneller als 8 km/h fahren konnte, wie ein toller Radweg vor :-)

Man fährt ab Szob die ganze Zeit die Donau entlang, immer auf einem Radweg. Einfach toll! Ich kam durch Nagymaros und hatte einen schönen Blick auf die Burg von Visegrad auf der anderen Seite der Donau. Bis Vac fuhr ich die mir gut bekannte Strecke.

In Vac wollte ich die Fähre nach Tahitotfalu nehmen, verpasste sie aber nur um ein paar Minuten. Die nächste Fähre wäre erst eine 3/4 Stunde später gekommen. Also fuhr ich auf der linken Donauseite weiter. In Göd kommt ja noch einmal eine Fähre. Bis Göd fuhr ich auf einem traumhaft schönen Radweg durchs Grüne. In Göd beschloss ich, auf der linken Seite der Donau zu bleiben. Ich musste in Budapest ohnehin auf die linke Seite. Die Strecke von Göd bis Budapest ist allerdings nicht gerade prickelnd. Kurz nach Göd war es aus mit dem Donauradweg und ich musste auf die stark befahrene Hauptstraße.

Um 13 Uhr 50 war ich schließlich in Budapest. Die Einfahrt nach Budapest und auch die Fahrt entlang der Donau durch die Stadt ist auf der anderen Seite viel angenehmer. Mein Hotel hatte ich so gebucht, dass ich durch Budapest noch durchfahre und in der Nähe des Donauradweges nahe der Rachevei Duna bleibe.

Gesamtstrecke 99,90 km

Tag 4 – 26. August 2016 (Budapest bis Solt)
Budapest selbst schaute ich mir nicht an. Ich war schon mehrere Male da und verzichtete daher auf eine Besichtigung.

Um 7 Uhr 50 saß ich bereits auf dem Sattel. Apropos Sattel. Mir tut nix weh! Ich kaufte mir nämlich noch kurz vor der Abfahrt auf Anraten einer Radfahrerin, die ich 2 Wochen davor bei einem 2-tägigen Ausflug in die Wachau kennen gelernt hatte, eine Herren(!!)-Fahrradhose und eine Gesäßcreme. Sie hatte mir nämlich erklärt, dass Herren-Fahrradhosen dicker gepolstert sind als Damen-Fahrradhosen. Erstaunlich! Aber es stimmt wirklich! Nun war ich gecremet und gepolstert, und das macht echt einen Unterschied!

Zweimal abbiegen, und schon war ich auf dem Donauradweg entlang der Rackevei Duna durch eine traumhaft schöne Auenlandschaft. Bei Szigethalom ging's rüber zur Donau, die ich jedoch so gut wie nicht zu Gesicht bekam. Die Route verläuft dort zu weit weg von der Donau. Bei Szigetujfalu ging's dann wieder zurück zur Rackevei Duna, die ich in Rackeve überquerte. Ab Rackeve ging's bis zur Mündung der Rackevei Duna direkt den Fluss entlang.
Hier ein Foto vom Juli 2015 / Blick auf die Rackevei Duna:



Ich fuhr den kompletten Mündungsbereich die Rackevei Duna entlang. Die Landschaft war traumhaft schön. Weiter ging es dann auf der Bundesstraße über Tass bis Dunavesce. Ab Dunavesce war ich dann für ein paar km wieder auf einem Radweg, bevor mich die Wegweiser wieder auf die Hauptstraße schickten.

Mein Hotel für den Tag war der Hammer! Das Hotel lag in Solt direkt an der Route und nannte sich bezeichnenderweise EuroVelo 6 Stop. Die hatten nur ein 4-Bett-Zimmer. Beim Buchen hatte ich mir noch gedacht: wer weiß, vielleicht muss ich das Zimmer mit 3 anderen Leuten teilen? Weit gefehlt! Ich hatte das Zimmer für mich alleine. Riesengroß, SEHR sauber und gepflegt. Und zum Abendessen sollte ich ins Haus der Wirtsleute, weil sie Party hatten. Frühstück bekam ich am nächsten Morgen auf meinen Wunsch um 7 Uhr. Und mein Fahrrad stand in der Garage! Toll!

Hier ein Foto von der Website:



Gesamtstrecke 103,43 km

Tag 5 – 27. August 2016 (Solt bis Baja):
Es verging anscheinend kein Tag ohne Ereignisse …

Aus Solt raus kam ich gleich auf einen gut ausgebauten und asphaltierten Radweg. An den kann ich mich noch von der Tour im Juli 2015 erinnern. In Harta war er nur kurz unterbrochen, bis Dunapataj fuhr ich auf asphaltiertem Radweg. Hier merkt man, dass die Bäume weniger werden und sich Steppenlandschaft breit macht: die ungarische Puszta.

Die Puszta ist eine Sekundärsteppe. Ursprünglich war hier das Land mit großen Waldgebieten bedeckt. Nach dem Einfall der Osmanen durch die türkische Besatzungsmacht 1526 wurden die Waldgebiete großflächig gerodet. Dadurch kam es zur Versumpfung des Landes. Bis ins 20. Jahrhundert wurde dieser mit einer großflächigen Trockenlegung begegnet, die wiederum zur Versteppung führte. Auch die Begradigung und Regulierung der Flüsse, die durch die Bodenveränderungen immer wieder über die Ufern traten, trug zu dieser Entwicklung bei. Das für die ursprüngliche Flora und Fauna endgültige Ende bedeuteten die Salzsteppen, wie sie heute für Hortobágy typisch sind. Die Bodenerosion trug dazu bei, dass heute unter sehr dünnen Humusdecken zumeist Sandschichten zu finden sind.

Nach Dunapataj ging's auf die Straße, allerdings waren es verkehrsberuhigte Straßen, die durch kleine Ortschaften führten. Und das fand ich auch ganz nett. Hier kam ich auch dieses Jahr vorbei:

In Foktö kaufte ich mir noch einen Liter Orangensaft, bevor ich vor der Entscheidung stand: nehm ich jetzt den offiziellen Donauradweg?



oder die Alternativroute?



Ich entschied mich für den offiziellen Donauradweg (letztes Jahr war ich die Alternativroute gefahren). Da ich wusste, dass dieser Abschnitt nicht lang ist (3,5 km), nahm ich die Damm-Schotter-Piste in Kauf. Bei Meszesidunapart hat man dann ohnehin die Möglichkeit, die Fähre nach Gerjen zu nehmen (wie letztes Jahr) oder auf dem offiziellen Donauradweg entlang des linken Donauufers zu bleiben. Mein Plan war eigentlich, das linke Donauufer weiter entlang zu fahren, da ich es noch nicht kannte. Ich schaute mir den Beginn dieser offiziellen Variante an und entschied: NEIN, heute nicht! Also zurück zur Fähre und rüber zum rechten Donauufer.

Die Variante rechts von der Donau ist zwar zu Beginn (10 km lang) ebenfalls ein Schotter-Dammweg, aber ich hatte ihn noch als relativ gut befahrbar in Erinnerung. Auf jeden Fall kein Vergleich zu den holprigen Erfahrungen der letzten Tage!



Nach diesen ersten 10 km kommt eine Abzweigung nach Dombori, das an einem abgetrennten Nebenarm der Donau liegt, wo ich Mittagspause machte. Nach dem Mittagessen ging's wieder zurück zum Damm, und ab hier ist der Dammweg asphaltiert. Bei Karasz wechselt man über eine Brücke noch einmal die Seite und fährt weiter auf asphaltiertem Radweg entlang des linken Donauufers bis Baja. Hach, wie schön :-)

10 km vor Baja hatte ich das Gefühl, ich werde langsamer. Ein Zeichen von Schwächeln? Immerhin hatte ich bereits über 500 km hinter mir. Dazu kam aber noch, dass mein Rad ein wenig eierte. Das kam mir aber doch komisch vor? Ich stieg ab – und sah die Beschwerung. Mein hinterer Reifen ist WEICH! OH WEH! Ich pumpte den Reifen auf, hält der jetzt? Ich fuhr weiter, nach 2 km musste ich wieder nachpumpen. Das sah nicht gut aus! Ich schaffte es mit mehrmaligem Nachpumpen bis Baja und machte mich auf die Suche nach einem Radlshop. Ich dachte mir, bevor ich selbst Hand anlege, hilft mir vielleicht eine Radwerkstatt? Dann muss ich auch nicht meinen Reserveschlauch opfern. Ich fand aber keine. Fragen bei Passanten ergaben "Heute ist Samstag, da haben die Werkstätten geschlossen. Montag wieder!"

Ich fuhr daher zur nächsten Tankstelle und versuchte dort mein Glück. "Ich kann nur Autos reparieren, keine Fahrräder." Also selbst Hand anlegen. Ich demontierte mein Rad auf dem Arreal der Tankstelle, packte mein Werkzeug und meinen Reserveschlauch aus und stellte mein Rad auf den "Kopf". Hinterrad ausbauen ging kinderleicht. Mantel aufmachen und Schlauch herausfischen klappte ebenfalls. Neuen Schlauch einfädeln gelang mir auch. Dann kam der Tankwart mit der Pumpe, und wir pumpten den Reifen gemeinsam auf.

Aber dann!!!

Ich konnte den Reifen nicht mehr einsetzen! Der Tankwart versuchte es. Ging auch nicht. Dann kam ein älterer Mann und gab Anweisungen. Wieder nichts. Dann kam ein Autofahrer, der gerade tanken wollte, und versuchte sein Glück. Wieder nichts. Ein weiterer Autofahrer kam dazu. Die diskutierten dann alle auf Ungarisch, was zu tun sei. Ich verstand kein Wort. Aber keiner hatte Erfolg. Dann stand auf einmal ein junger Mann da. Keine Ahnung, von wo der auf einmal auftauchte. Er nahm das Rad, legte die Kette richtig drüber, 2 Handgriffe, und drin war der Reifen. 1 ¼ Stunden dauerte die ganze Aktion! Ich war kohlrabenschwarz, musste mir zuerst die Hände waschen. Dann bepackte ich mein Rad wieder, bedankte mich und fuhr los. HALLELUJA! Wie gut, dass ich schon um 15 Uhr mitten in der Stadt war! Ich glaube, ich fahr in nächster Zeit keine Schotter-Pfad-Nirwana-Rumpel-Dammwege mehr …

In der Nähe sah ich einen Aldi und kaufte 2 l Wasser, 4 Bananen und 2 Äpfel für die nächsten 2 Tage ein. DANN kam die Geschichte mit dem Quartier.

Ich hatte am Vortag ein Zimmer in einer Pension gebucht. Die Übernachtung in Baja war am Samstag, und da war die Zimmersuche nicht so einfach. Aber ich hatte Gott sei Dank ein Zimmer gefunden! Eine Stunde später war eine E-Mail gekommen, dass ich keine Reservierung habe, bei Booking.com war ein Fehler passiert. – Ich hab eine Buchung, die wurde bestätigt. – Nein, die Reservierung hat nicht geklappt. – Ich hab aber doch eine Buchungsnummer! – Ja, aber Sie haben kein Zimmer. Das wurde schon an Booking.com gemeldet.

Super! Also hatte ich wieder auf Booking.com gesucht und ein Appartement-Haus gefunden. Besser als gar nichts. Meine Buchungsbestätigung war sofort eingelangt.

Das war - wie gesagt - alles am Vorabend.
Als ich nun beim Aldi stand, suchte ich mir die Adresse heraus und gab sie ins Navi zur Adresssuche ein. Nur 1,3 km entfernt. Ist ja super! Ich hab nicht mehr weit! Ich fuhr hin – Apartman sowieso – läutete an. Keiner reagierte. Das Haus sah eher abbruchreif aus, der Verputz bröckelte von den Wänden, die Rollläden waren zu. Sehr komisch. Ich läutete bei den Nachbarn: "Da ist niemand, die sind weg. Auf Urlaub." Weia… Am Ende der Straße fand ich ein Motel – alles ausgebucht. Um die Ecke fand ich ein weiteres Appartement-Haus. – Wir sind ausgebucht.

Als ich wieder auf mein Rad steigen wollte, meinte die Frau: "Moment, Moment, Mann fragen." Dann kam sie wieder und winkte mich herein. Sie bot mir das Zimmer ihrer Kinder an, die nicht mehr im Haus wohnten! Ich pack's noch immer nicht. Die Frau konnte weder deutsch, noch englisch. Aber mit Zeichensprache und ein paar Brocken kauderwelsch machte sie sich verständlich. Sie griff zum Handy, rief ihren Schwiegersohn an, der dann per Handy alles übersetzte. Und ich hatte ein Zimmer!

Sie kochte mir Kaffee und bot mir Kekse dazu an, brachte mir einen Krug Wasser und Apfelsaft, außerdem eine Schale mit Obst. Sie kochte Gulasch zum Abendessen für mich!!!! Und am nächsten Morgen gab's Frühstück um 7 Uhr. Alles für umgerechnet 18 Euro.

Gesamtstrecke 96,17 km

Tag 6 – 28. August 2016 (Baja bis Bilje):
Es verging anscheinend wirklich kein Tag ohne Ereignisse!

Ich startete sehr früh, bereits um 7 Uhr 30 saß ich auf meinem Sattel! Aus Baja raus zu fahren, war einfach. Ich musste nur Richtung Zentrum, dann sah ich sofort die EuroVelo 6 - Schilder bzw. meine grüne Linie auf meinem Navi. Dann ging es erst einmal einen Nebenfluss der Donau entlang, wobei ich auf die jeweiligen Sanddamm-Varianten verzichtete und auf der Straße blieb :-) Gebranntes Kind scheut das Feuer! Doch dann ging's doch auf einen asphaltierten Dammweg, an den ich mich noch aus dem Vorjahr erinnerte. Hier entstand letztes Jahr auch dieses Foto:



Es kam, wie es kommen musste. Mein Rad begann zu eiern, mein Tempo ließ nach. Kommt mir das nicht irgendwie bekannt vor? SCHMARREN! Mein hinterer Reifen verlor schon wieder Luft! Aufpumpen - weiterfahren - aufpumpen - weiterfahren. So ging es alle 2-3 km bis Mohacs. Ich machte mich schon mit dem Gedanken vertraut, in Mohacs ein Quartier zu suchen. Immerhin war Sonntag. Wie sollte ich heute einen Radlshop finden?

Bei Ujmohacs/Mohacs nahm ich die Fähre zum rechten Donauufer.

Während der Überfahrt pumpte ich noch einmal meinen Reifen auf. Drüben angekommen quatschte ich gleich den nächstbesten Mann an, ob er eine Fahrradwerkstätte kennt. Ich war sofort umringt von Männern, Frauen, Kindern. Jeder überlegte, wie er/sie mir helfen konnte. Ein Mann mit Kind meinte schließlich, er kennt einen Fahrradmechaniker persönlich, er führt mich dort hin. Vielleicht haben wir Glück, und er ist daheim? Das ist nicht weit entfernt von der Fähre. Wir klopften und riefen - und der Mechaniker kam wirklich heraus (er wohnte im gleichen Haus). Er zerlegte mein Rad, klebte den kaputten Schlauch (der hatte wirklich 2 kleine Löcher), untersuchte die Innenseite des Mantels (!!!) und setzte mir einen neuen Schlauch ein. Dann baute er wieder alles zusammen und stellte noch meine Gangschaltung neu ein. Ich kaufte noch einen weiteren Schlauch. Somit hab ich jetzt einen geklebten Reserveschlauch, einen neuen Reserveschlauch und einen Reserveschlauch mit 2 Enden. 3 weitere Reifenpannen sind jetzt wieder möglich :-)

Die ganze Aktion kostete mich 1 1/2 Stunden. Wie gut, dass ich schon um 7 Uhr 30 losgefahren war!

Ab nun ging es auf der Straße weiter. Hier muss man recht großräumig Naturschutzgebiete an der Donau umfahren, so dass ich den Rest der Tagesetappe weit weg von der Donau unterwegs war. Meine Mittagspausen teilte ich mir heute auf mehrere Teile auf. Den ersten Teil bestehend aus Schinkenweckerl und Kaffee und 1 l Orangensaft "genoss" ich bei dem idyllischen Tankstellen-Café, das ich noch aus dem Vorjahr kannte. Danach ging's über die Grenze nach Kroatien.



Bei Topolje versuchte ich, meine zweite Mittagspause einzulegen. Zu essen gab es nichts, dafür bekam ich einen Löskaffee mit einem Glas Mineralwasser dazu. Auch gut. Nach Draz ging's 2 km bergauf. Ein Vorgeschmack auf die noch kommenden Steigungen. 127 Höhenmeter waren es immerhin! Aber jede Steigung hat einen großen Vorteil: danach geht's bergab. Und wie es bergab ging! Höchstgeschwindigkeit 40,5 km/h (mehr trau ich mich nicht :-))!

In Suza gönnte ich mir dann Mittagspause-Teil 3 mit Palatschinken und Kaffee :-)

Bisher waren die Temperaturen angenehm, wobei sie schon von Tag zu Tag geklettert waren. Heute hatte ich bereits 31 Grad im Schatten um die Mittagszeit. Ich empfand das aber noch immer als angenehm, wenn man vorher in der prallen Sonne unterwegs war. Die Vormittage waren bisher immer recht kühl bei 22-24 Grad.

Gesamtstrecke 104,39 km

Tag 7 – 29. August 2016 (Bilje bis Backa Palanka):
Keine Vorkommnisse, echt nicht!

Ich startete wieder sehr früh, um 7 Uhr 39 saß ich auf meinem Sattel. Ich setzte die Umfahrung der Naturschutzgebiete an der Donau bzw. an der Mündung der Drau in die Donau auch heute fort. Und somit fuhr ich den ganzen Tag auf der Straße. Hier im Bereich der Mündung der Drau in die Donau befindet sich der Naturpark Kopacki rit, das größte naturbelassene Sumpfgebiet in Mitteleuropa.

Zuerst ging's nach Osijek, wo ich die Drau überquerte.



Anschließend war ich nahe der Drau unterwegs. Beim Lidl deckte ich mich wieder mit Mineralwasser und Bananen ein und fuhr aus der Stadt. Auf der Strecke nahe der Drau fiel mir ein Mädl mit Rad und schwerer Bepackung auf, das am Straßenrand stand. Als ich das nächste Mal Pause machte, fuhr sie wieder an mir vorbei. Irgendwann trafen wir uns an einer Abzweigung wieder und ich sprach sie auf Englisch an, wohin sie fährt. To the Black Sea - Oh, me too! Where did you start? - In Donaueschingen. And you? - In Vienna. - Dann können wir auch deutsch reden :-)
Sie war Rumänin, lebte aber in Deutschland und war seit 3 Wochen unterwegs. Jetzt hatte sie gerade Halbzeit. 3 Wochen hatte sie noch Zeit. Sie war mit Zelt unterwegs, zeltete oft wild. Nur in Kroatien traute sie sich nicht zu zelten, da hatte sie Angst vor den Landminen. Ich fragte sie zwar nicht nach ihrem Alter, aber sie wirkte wie eine Studentin auf mich. Ziemlich jung! Was es nicht alles gibt!!!! Ich staunte! Wir fuhren eine Weile gemeinsam, allerdings passte es vom Tempo her nicht ganz. Sie war langsamer. In Vukovar trafen wir uns wieder, als ich eine lange Mittagspause machte. Und kurz vor Ilok traf ich sie noch einmal. Sie hatte vor, in Ilok zu übernachten.

In Dalji erreichte ich wieder die Donau, bekam sie aber nicht wirklich zu sehen. Die Beschilderung zeigte mir aber immer wieder, dass ich auf dem Donauradweg und auf dem EuroVelo 6 unterwegs war. Die Beschilderung war hier in Kroatien genauso super wie zuvor in Ungarn und in der Slowakei.

Die Donau entlang ging es weiter bis Vukovar. Vukovar liegt im Osten von Kroatien an der Grenze zu Serbien. Die Donau bildet hier die Grenze zwischen Kroatien und Serbien. Die Region um Vukovar war während des Kroatien-Krieges 1991-1995 das am stärksten umkämpfte Gebiet. Bei der serbischen Belagerung und der Schlacht um Vukovar wurde die Stadt weitgehend zerstört. Teile der Stadt sind bis heute immer noch stark zerstört, weil eher in Neubauten investiert wird als in aufwändige Wiederherstellungen. Der Wasserturm in Vukovar soll in seinem zerschossenen Zustand beewusst als Mahnmal erhalten bleiben.



Ich war um 11 Uhr durch Vukovar durch und hatte bereits 55 km auf meinem Radcomputer. Obwohl es eigentlich noch zu früh für ein Mittagessen war, sah ich kurz nach Vukovar ein Restaurant und beschloss, Mittagspause zu machen. Die Karte zeigte mir nicht viel Infrastruktur auf den nächsten 30 km, und ich wollte die Mittagspause nicht ausfallen lassen!

Nach Vukovar wurde es hügelig. Zuerst nur ganz leicht, doch ab Opatovac hatte ich ein paar deutlichere Steigungen. Ich wusste ja, dass sie kommen. Probleme bereiteten sie mir aber nicht.
Blick auf Sarengrad:



In Ilok war es vorbei mit den Steigungen, und ich erreichte die Donau. Vor der Donaubrücke passierte ich noch die kroatisch-serbische Grenze und verließ die EU! Ich war somit bisher in 5 Ländern unterwegs: Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien und Serbien.
Donaubrücke bei Backa Palanka:



Der heutige Vormittag war wieder sehr angenehm kühl. Ab 14 Uhr wurde es aber doch recht warm. Heute waren es bereits 32 Grad im Schatten. Immer noch erträglich, nur Schatten gab's nicht immer. Ich hätte gerne einen Dimmschalter für die Sonne und ein Thermostat :-) Laut Yahoo-Wetter sollte es ab dem nächsten Tag ein wenig kühler werden. Ob das auch stimmt?

Am nächsten Tag stand mir der "nicht enden wollende Berg" bevor, bei dem ich letztes Jahr sozusagen gescheitert war. Den musste ich wieder am Nachmittag fahren. Ich hoffte auf etwas niedrigere Temperaturen oder zumindest Schatten oder am besten beides.

Noch ein kleiner Nachtrag: Nach dem Abendessen machte ich eine kleine Hochrechnung, wieviel ich heute insgesamt getrunken hatte. Es waren sage und schreibe 6,5 Liter! Kaffee nicht mitgerechnet.

Gesamtstrecke 94,53 km
Tag 8 – 30. August 2016 (Backa Palanka bis Indija):
Auch heute startete ich wieder sehr früh, um 7 Uhr 34 war ich unterwegs. Aus Backa Palanka raus ging's nach ein paar km auf die ufernahe Sanddamm-Variante. Die kannte ich schon vom Vorjahr, die ist halb so schlimm. Und man sieht endlich wieder die Donau!
Hier traf ich auch Mimi wieder, die rumänische Deutsche vom Vortag! Ich hatte Recht, sie war Studentin (sie studierte Pharmacie) und wollte 1 Woche vor Beginn der Uni zurück sein. Sie war 29 Jahre alt. Sie hatte vor, bis zum Delta zu radeln und anschließend mit Bahn/Bus nach Hermannstadt zu fahren. Dort wollte sie sich mit ihrer Familie treffen, die jedes Jahr in Rumänien Urlaub machte (Eltern, Geschwister). Gemeinsam würden sie dann zurück nach Memmingen fliegen, wo sie wohnte.

Gestern war sie doch noch über die Brücke nach Serbien gefahren, war dann noch aus Backa Palanka rausgefahren, um am Donauufer wild zu zelteln. Einheimische hatten sie dann zum Abendessen eingeladen und ihre Gartendusche angeboten, Frühstück bekam sie heute Früh auch :-) Die Leute hier waren wirklich sehr nett und hilfsbereit! Wir fuhren bis Novi Sad gemeinsam, davon ca. 15 km auf dem Sanddammweg. Auch hier kamen wir vorbei (hier wurden wir letztes Jahr mit Birnen beschenkt).



Wir fuhren ein wenig länger auf der Sanddamm-Variante, als ich es letztes Jahr gefahren war, und hatten erst bei der Einfahrt nach Novi Sad wieder Asphalt unter den Reifen. In Novi Sad trennten sich schließlich unsere Wege, weil ... ja, weil ich mir dachte, ich schau mir mal in Novi Sad eine Fahrradwerkstatt an ...

Runde 3:
bei der Einfahrt nach Novi Sad begann mein Fahrrad zu eiern. Und ich wusste schon, was los war! Pumpen - weiterfahren - pumpen - weiterfahren - pumpen - weiterfahren. Ich verabschiedete mich von Mimi und fuhr in Richtung Stadtzentrum. Ein paarmal musste ich fragen, fand aber dann doch eine Radwerkstatt. Gepäck abbauen, Fahrrad demontieren, Reifen zerlegen. Same procedure as last time. Er fand, was anscheinend bisher keiner fand: einen Dorn im Mantel! Der hat mir vermutlich nicht nur die erste, sondern auch die zweite und die dritte Reifenpanne beschert! Der war wahrscheinlich bereits seit meiner ersten Fahrt auf der Rumpelpiste im Mantel. Der Mechaniker hat den Mantel gründlichst untersucht (ich HOFFE, gründlich genug!), setzte mir einen neuen Schlauch ein, und ich konnte weiterfahren.

Novi Sad ist die zweitgrößte Stadt in Serbien. Sie ist Universitätsstadt und besteht aus den Stadtteilen Novi Sad nörlich der Donau und Petrovaradin am Fuße der Festung Petrovaradin südlich der Donau. In Novi Sad mündet der Kleine Batschka-Kanal (als Teil des Donau-Theiß-Donau-Kanalsystems) in die Donau. Die Stadt wird auch als Serbisches Athen bezeichnet.

Zurück ging's ans Donauufer und über eine Donaubrücke auf die rechte Seite der Donau nach Petrovaradin.



Nach Novi Sad fuhr ich wieder auf einer Hauptverkehrsstraße. In Sremski Karlovci machte ich schließlich Mittagspause, um mich zu stärken. Denn nach Sremski Karlovci kam dann der "nicht enden wollende Berg". Fast 5 km stetig bergauf. Ich kam an der Stelle vorbei, wo ich im vergangenen Jahr zum ersten Mal flach lag (ich stieg diesmal nicht ab!). Ich kam an der Stelle vorbei, wo ich im vergangenen Jahr zum zweiten Mal flach lag (ich stieg nicht ab!). Ich fuhr die gesamte Etappe ohne Unterbrechung bis zur Passhöhe! Oben angekommen machte ich dann aber meine wohl verdiente Pause! Auch wenn die Steigung nicht sehr steil ist (gestern waren steilere Passagen dabei), ist sie zäh, weil man das Gefühl hat, der Anstieg hört nicht auf. Außerdem war ich - wie konnte es anders sein - ständig in der prallen Sonne unterwegs. Und das zehrte! Aber ich schaffte es diesmal! Bei immerhin 12 Grad weniger als im Vorjahr und vor allem gesund. Trotzdem wünschte ich mir etwas vorweg vom Christkind: ein paar Grad weniger und KEINE pralle Sonne, wenn ich die rumänischen Steigungen vor mir haben werde!!!

Von nun an ging's bergab :-) UND WIE!

Nach der Steigung kam eine Kreuzung - links ging's den offiziellen Donauradweg (Radroute) weiter nach Beska, geradeaus ging's nach Indija auf der Hauptverkehrsstraße. Ich hatte mein Quartier in Indija gebucht, daher fuhr ich die Hauptstraße weiter, was ich heute als unangenehm empfand. Die Straße ist sehr stark befahren, und ständig zischten die LKWs und PKWs mit überhöhter Geschwindigkeit an mir vorbei. Bisher hatte ich die Erfahrung gemacht, dass alle Fahrzeuge einen großen Bogen um Radfahrer machten. Das war in der Slowakei so, in Ungarn ebenfalls und in Kroatien auch. Oft reichte der Bogen sogar soweit, dass sie mit den Rädern den anderen Fahrbahnrand überschritten. Heute war es nicht so. Allerdings war das auch kein Wunder bei so viel Gegenverkehr. Da konnte man nicht so einen großen Bogen machen. Gefährlich für die Radfahrer!

Mimi sah ich heute nicht mehr, ihr Etappenziel war Beska. Mein Quartier erreichte ich um 14 Uhr 40 :-)

Höchsttemperatur war heute 30 Grad, immerhin ein wenig kühler als gestern und vorgestern!
Gesamtstrecke 79,26 km

Tag 9 – 31. August 2016 (Indija bis Pancevo):
Start um 7 Uhr 18, so früh war es bisher noch nie! Ich beschloss, nicht wie im vergangenen Jahr quer durch weiterzufahren und so einen Bogen der Donau abzuschneiden, sondern diesmal die Donau auszufahren. Das heißt, ich fuhr aus Indija raus Richtung Nordwesten und erreichte in Stari Slankamen die Donau und fuhr ab da wieder auf der Ruta Dunav/EuroVelo 6. Gut war's! Man kommt so der Donau wieder nahe, ich sah sie sogar ein paarmal, und fährt auf verkehrsberuhigten Straßen durch einige kleine Ortschaften. Richtig schön :-)

In Batajnica erreichte ich eine Hauptverkehrsstraße. Und ab da war es vorbei mit der ruhigen Idylle. UFF... da ging die Post ab. LKWs, Lieferwagen, Busse, Autos, und ich mitten drin. Ich hoffte nur, dass keines der Fahrzeuge zu knapp an mir vorbeifuhr! In Zemun, einem Randbezirk von Belgrad, konnte ich dann wenigstens auf der Busspur fahren und fühlte mich wohler. Im Zentrum von Zemun führte mich die Route schließlich an die Donau und an die Mündung der Save in die Donau!

Ab hier konnte ich endlich wieder auf einem Radweg neben dem Wasser fahren! Es war erst 10 Uhr 45, auch wenn ich bereits 60 km gefahren war. Das war mir noch zu früh für eine Mittagspause. Außerdem wollte ich zumindest einen Teil der Durchfahrt durch Belgrad noch hinter mich bringen, bevor ich mir ein Restaurant suche.

Belgrad (serbisch Beograd, übersetzt "weiße Stadt") ist die Hauptstadt Serbiens und gleichzeitig auch die größte Stadt in Serbien. Belgrad war im 15. Jahrhundert Hauptstadt der mittelalterlichen Serbischen Herrscherdynastien, später Hauptstadt des Königreichs Jugoslawien und der sozialistischen Republik Jugoslawien. Mit seinen Universitäten, Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen stellt Belgrad das Bildungszetrum des Landes. Belgrad ist Sitz der serbisch-orthodoxen Kirche und Residenz des Serbischen Patriarchen. Aufgrund seiner Lage und seiner Bedeutung wird die Stadt auch oft als Tor zum Balkan bezeichnet. Wahrzeichen der Stadt ist die Festung von Belgrad aus dem 15. Jahrhundert im Kalimegdan oberhalb der Mündung der Save in die Donau. Von hier aus hat man einen weiten Blick auf den Mündungsbereich mit der großen Kriegsinsel (heute Naturschutzgebiet) sowie auf die Stadt.

Ich fuhr zuerst den Mündungsbereich der Save und die Save selbst entlang, und diese Fahrt genoss ich so richtig! Es war kühl, es war teilweise schattig, und der Blick auf die Donau und auf die Save waren ein Erlebnis! Die Save entlang ging es bis zu einer Brücke über die Save.



Normalerweise fährt man dann mit einem gläsernen Aufzug runter zum Ufer der Save. Aber der Aufzug war außer Betrieb, so dass ich eine Treppe mit Schiene für das Rad nehmen musste. Dann noch über die Straße, und ich war wieder auf dem Radweg entlang der Save. Ich weiß nicht, warum der Donauradweg genau so durch Belgrad führt, aber ich bin genau dieser Route gefolgt, um nicht wieder durch Belgrad im Kreis zu fahren :-) Man fährt das andere Ufer der Save entlang wieder zur Mündung und ein Stück die Donau entlang, umfährt so den Kalimegdan, bevor es steil bergauf Richtung Innenstadt geht. Ich bin mir sicher, dass es einfacher ginge, aber so ist der Blick auf den Kalimegdan wiederum sehr schön.

Nach dem Steilstück geht's weiter durch das Universitätsviertel und wieder runter Richtung Donau. Kurz vor der Pancevobrücke über die Donau suchte ich mir nun doch ein Restaurant und machte Mittagspause - um 12 Uhr nach gefahrenen 71 km! 23 Grad im Schatten, was will man mehr :-)

Danach fuhr ich zusammen mit 574820 Autos, LKWs, Lieferwagen, Bussen etc. die Auffahrt auf die Pancevobrücke hinauf. Empfohlen wird, den Gehsteig zu nutzen. Aber den erreicht man nicht! VOR der Brücke gibt es noch keinen Gehsteig, und AUF der Brücke hat man keine Chance mehr. Man kann ja nicht bei dem starken Verkehr einfach stehen bleiben und das Rad auf den Gehsteig heben!

Also: Augen zu und durch! GESCHAFFFT!

Nun kam mein Experiment. Ich wollte den ufernahen Dammweg bis Pancevo fahren. Den ersten km nach der Brücke fährt man noch auf einer kleinen Straße, dann geht's über ein Brett (!!!) über einen Bach zur Wiese, auf einem fast nicht sichtbaren Pfad über die Wiese auf den Damm rauf. Die Spuren waren nicht immer sichtbar, teilweise fuhr ich nur auf der Wiese. Aber ich wusste immer, dass ich mich AUF dem Damm befand! Immerhin. Es hat sich aber absolut gelohnt! Die Donau sah ich nicht, aber ich fuhr eine Sumpflandschaft entlang, die traumhaft schön war! Die Farben - bis ins hellgrün leuchtete die Oberfläche der Sümpfe. Ich stieg mehrmals vom Rad, um den Vögeln zuzusehen. Ich war so beeindruckt. Damit hatte ich gar nicht gerechnet. Schade, dass ich nicht fotografieren konnte!

Nach ca. 6 km Dammweg kreuzte der Dammweg die Straße nach Pancevo. Ich gab die Hoteladresse ins Navi ein. Und was macht mein Navi? Es schickt mich weiter auf den Damm. Die Sumpflandschaft hörte hier leider auf. Dieser Abschnitt des Dammweges wurde wohl seit Jahrzehnten nicht mehr befahren. Der war komplett verwildert! Ich fuhr durch reinsten Urwald, hier war nur noch hohes Gras, Disteln und Gestrüpp. DEN Teil hätte ich mir sparen können.

Bei der Ortstafel Pancevo erreichte ich dann schließlich wieder die Straße - nach insgesamt 10 km Dammweg.



Mein Quartier erreichte ich um 14 Uhr 40.

Ich war bis dahin 898,1 km seit Wien gefahren. Mir ging es blendend! Ich war topfit und motiviert. Hier in Pancevo beschloss ich, eine Pause zu machen. Mein Quartier hatte ich für 2 Tage genommen. Eine Pause war sicher sinnvoll, außerdem musste ich Wäsche waschen :-)

Morgen hatte Günter (meine Motorradbegleitung, die ich anfangs erwähnt hatte) vor, mit dem Motorrad nach Pancevo zu fahren. Somit hatte ich ab jetzt für die Weiterfahrt eine Motorradbegleitung. Er sollte mir außerdem mein Uralt-Handy mitbringen. Ich hatte kurz vor meiner Abfahrt noch eine zweite SIM Karte für mein Uralt-Handy gekauft und aktivieren lassen, damit ich für die Tour ein Reserve-Handy habe, falls mein Handy geklaut wird (an verlieren hätte ich ja nie gedacht!). Warum hab ich das eigentlich dann doch daheim gelassen? Vergessen hatte ich es nicht, ich hatte es nur nicht für notwendig gehalten. Egal - ab morgen hatte ich wieder ein Handy (zum Telefonieren und zum Fotografieren). Günter hatte außerdem vor, in Komarno bei der Polizei vorbeizuschauen. Vielleicht lag ja wirklich mein Handy dort????

Gesamtstrecke 89,26 km

Tag 10 – 1. September 2016 (Pancevo):
PAUSE in Pancevo
Heute konnte ich einmal laaaaaang schlafen und dann laaaaang und ausgiebig frühstücken. Das Frühstück war leider nicht berühmt. Eine zweite Tasse Kaffee kostete extra. Wie kann man nur zwei Tassen Kaffee trinken??? Mein morgiges Frühstück organisierte ich mir bei der Gelegenheit gleich, da es hier erst ab 8 Uhr Frühstück gab. Das war mir definitiv zu spät.

Dann setzte ich mich an den Laptop, um meine nächsten beiden Übernachtungen zu organisieren. Für den nächsten Tag war das kein Problem, aber für den übernächsten Tag war es nicht einfach, da der übernächste Tag ein Samstag war. ABER es klappte.

Und nun konnte ich mich der Stadt Pančevo widmen :-)

Pančevo ist eine wichtige Industriestadt in der Vojvodina, Serbien. Sie liegt an der Mündung der Temesch in die Donau und ist 14 km nordwestlich von Belgrad entfernt. Pančevo ist die Hauptstadt vom Okrug Južni Banat und von der Opština Pančevo. Pančevo ist eine sehr alte Stadt. Auf dem Stadtgebiet wurden Werkzeuge, Schmuck und Waffen aus der Steinzeit, Siedlungsreste und eine Begräbnisstätte (Urnenfelderkultur) aus der Bronzezeit, Siedlungsreste aus der Römerzeit und Münzen aus der Völkerwanderungszeit gefunden. Viele Fundstücke befinden sich heute im Nationalmuseum von Pančevo.

Im 9. Jahrhundert war Pančevo unter dem Namen Panuka bekannt. Der arabische Geograf El Idrizi nannte die Stadt Mitte des 12. Jahrhunderts Bansif und erklärte, es handle sich um einen wichtigen Handelsplatz. Seit 1522 unterlag die Stadt der Oberherrschaft der Osmanen, wurde jedoch 1716 durch österreichische Truppen erobert und kam so zum Habsburgerreich. 1918 schließlich kam die Stadt unter serbisch-kroatische Herrschaft. Auch für Pančevo ist leider ein Massaker verbürgt: Als Rache für den Tod vor allem eines SS-Angehörigen wurden über 30 Zivilisten hingerichtet.

Ich machte mehrere Spaziergänge durch die Stadt. Gleich in der Nähe meines Quartiers war die orthodoxe Kirche Maria Himmelfahrt aus dem 19. Jahrhundert. Auch das Nationalmuseum war nicht weit entfernt. Einige Lokale mit Tischen im Freien sahen richtig nett aus. Im großen Gegensatz dazu standen desolate und abbröckelnde Fassaden von Gebäuden sowie Plattenbauten, die noch an den Kommunismus erinnerten. Einkaufen war ich natürlich auch: Bananen und Getränke für den nächsten Tag!

Ich war nun seit 3 Tagen in Serbien. Was mir als erstes aufgefallen war, war die doppelte Schrift. Obwohl die offizielle Schrift die kyrillische ist, sind sämtliche Ortstafeln sowohl in kyrillischer als auch in lateinischer Schrift geschrieben. Wegweiser sind entweder in beiden Schriften oder nur in lateinischer Schrift geschrieben, die "Dunavska ruta/EuroVelo 6"-Hinweisschilder sind nur in lateinischer Schrift geschrieben. Auch Werbungen sind oft in beiden Schriften geschrieben. Lokale sind meist nur noch lateinisch beschriftet.

Sprachlich kommt man meist nur mit Händen und Füßen weiter. Nur selten können Einheimische englisch oder deutsch. Ausnahmen bilden nur Hotelrezeptionen. Da wird natürlich schon englisch gesprochen.

In der Zwischenzeit war Günter in Pancevo angekommen. Er hatte mir mein Uralt-Handy mitgebracht! Ich konnte endlich wieder telefonieren und fotografieren!!!! Auf der Polizei in Komarno war er leider nicht erfolgreich. Zum einen lag das daran, dass heute in der Slowakei ein Feiertag war und nur die "Notbesetzung" auf dem Revier war. Die Fundstelle der Polizei war unbesetzt. Daher konnte der diensthabende Polizist gar keine Auskunft darüber geben, ob das Handy überhaupt da war. Zum anderen teilte der Polizist ihm mit, dass das Handy nur gegen Vorlage der IMEI-Nummer herausgegeben wird. Und die lag daheim. Sollte das Handy also wirklich bei der Polizei liegen, werde ich es wohl erst nach meiner Tour holen können.

to be continued ...