Re: Italientour von Nord nach Süd

von: fabianovic

Re: Italientour von Nord nach Süd - 03.10.16 16:52

Teil 7

Wir sind dann zwei Wochen durch Apulien gereist. Teilstrecken mit dem Rad, immer mal wieder ein Stück mit dem Zug und dann haben wir uns, als klar war, dass das keine richtige Fahrradtour mehr wird, einen Mietwagen genommen, in den wir die Fahrräder verstauen konnten. Gegen Ende haben wir dann, wie auch ursprünglich geplant, eine Woche in Mattinata im Gargano (das ist der Stiefelsporn) verbracht.
Ein wichtiges Thema in Apulien ist der Wind, der die meiste Zeit ziemlich kräftig weht und mal aus Nord und dann wieder aus Süd kommt. Wenn man eine Runde um den Stiefelabsatz drehen will, sollte man vor Ort, nach Wetterlage und Windrichtung festlegen in welcher Richtung man Apulien umrundet. Es gibt dort tolle Küstenstraßen und wunderschöne Orte. Die Trulligegend rund um Alborobello haben wir ausgelassen. Im übrigen Apulien ist Ende April Anfang Mai noch sehr wenig los.

Zuerst einmal sind wir mit dem Zug aus Bari raus bis Polignano gefahren.
Ein schönes Städtchen direkt am Meer mit einer der besten Eisdielen Italiens (und damit der Welt)



Bei aufkommendem Gewitter sind wir dann die etwa 10 Kilometer nach Monopoli geradelt.







Da in der Gegend von Monopoli alle bezahlbaren Unterkünfte ausgebucht waren, ging es weiter mit dem Zug nach Ostuni. Dort sind wir ein paar Kilometer außerhalb in einer schönen Masseria untergekommen. Die Italiener hatten wegen des Tages der Befreiung ein langes Wochenende.







Die Zimmer waren etwas hellhörig, aber das Restaurant war wirklich gut und preiswert. Mir bleibt das Bohnenpüree und das Entrecote in Erinnerung.

Am nächsten Tag machten wir von dort aus eine kleine Fahrradtour hoch nach Ostuni. Ostuni war, wegen des Feiertages so fürchterlich voll mit Touristen, dass wir schnell das Weite suchten und in das verschlafene Nachbarörtchen fuhren, wo wir am Nachmittag auch noch einen späten Teller Nudeln bekamen. Weiter ging es wieder hinunter ans Meer und die letzten zehn Kilometer bei strömendem Regen und stürmischen Gegenwind zurück in die Masseria. Wie schön, dass es dort eine heiße Dusche und eine Heizung gab und nicht zu vergessen das gute Restaurant.











Weiter ging es auf dem Rad bis Mesagne und dann mit dem Zug über Brindisi nach Lecce.
Zum Zugfahren in Apulien ist zu sagen, dass die Fahrradmitnahme kostenlos, aber nicht immer ganz einfach ist. Ob der Zug die Räder mitnimmt ist Glückssache. Am Bahnhof kann einem das keiner sagen. Man erhält die Auskunft, dass das vom Capo del Treno abhängt. Es ist uns dann tatsächlich einmal passiert, dass wir aus dem Zug wieder rausflogen, weils dem Capo nicht passte. Porca miseria!

Lecce ist bekannt für seinen eigenen Barockstil und es gibt in der Altstadt etwa zwanzig Barockkirchen. In unserem B&B wurden wir erst einmal von den Wirtsleuten auf der Dachterrasse mit Kaffee und Kuchen und einem Gläschen Weißwein versorgt. Es war gerade Besuch da. Auch erhielten wir allerlei Tipps, was anzuschauen sei. Das empfohlene Restaurant war leider ausgebucht.











Am nächsten morgen ging es auf einem Fahrradweg entlang der Schnellstraße raus ans Meer.
Dieser Fahrradweg wurde schön breit und mit einigem Abstand zur Straße angelegt, aber er wird nicht instand gehalten. So war der Weg an vielen Stellen zugewuchert und war dadurch eine Slalomstrecke. Irgendwo endete der Weg dann auch im Nichts und wir mussten auf die Schnellstraße ausweichen, die in diesem Bereich zum Glück gerade für Autos gesperrt war.
Ich habe in Italien einige Infrastrukturprojekte gesehen, die mit viel Geld (EU-Mittel?) erstellt und dann sich selbst überlassen wurden.
Danach ginge es dann im heftigen Gegenwind die Küste entlang bis Otranto.











Vom Gegenwind genervt, beschlossen wir am nächsten Tag mit dem Zug von Otranto rüber an die Westküste nach Gallipoli zu fahren.



In Gallipoli gefiel es uns so gut, dass wir dort vier Tage blieben. Die Altstadt von Gallipoli ist auf einer Insel gelegen, die über einen Damm mit der Neustadt verbunden ist. Wir haben uns in einem sehr schön restaurierten alten Palazzo einquartiert und gefrühstückt wurde in einem noch schöneren Palazzo ein paar Gassen weiter.







Von Gallipoli aus machten wir zwei kleine Radtouren an der Küste entlang zu ein paar schönen Stränden, wobei wir noch einmal klatschnass wurden. Dann ist es ja immer schön zu wissen, wo das Bett für die Nacht steht.








In Gallipoli selber ist die Lage im Meer und die vielen Engen Gassen mit schönen Häusern bemerkenswert. Auch hier gibt es jede Menge alter Kirchen. Am beeindruckensten davon ist sicherlich die zentral gelegenen Kathedrale, die komplett mit Ölgemälden ausgekleidet ist.
















Da bei meiner Freundin leider keine grundlegende Besserung eintrat, haben wir dann einen Mietwagen am Flughafen in Bari gemietet.
Nach den schönen Tagen in Gallipoli fuhren wir also, mal wieder mit dem Zug, zurück nach Bari.







Dort waren wir dann für einen Abend und gingen auf Empfehlung unserer sehr sympathischen jungen B&B-Betreiberin in ein Fischlokal in die Altstadt. Dort waren alle Tische belegt. Der Wirt bot uns aber seinen SOS-Tisch (ohne coperto) in einer Art Abstellkammer an. Nachdem wir kurz noch in ein benachbartes Lokal geschaut haben, nahmen wir dieses Angebot an und wurden nicht enttäuscht. Am Abend vorher waren wir in Gallipoli in einem Fischrestaurant richtig abgezockt worden. Keine Speisekarte, einfach Fisch aussuchen (schlecht ) zubereiten lassen und nachher richtig viel Geld hinlegen. Hier verlangte ich erst mal eine Speisekarte, was dem Patrone aber nicht so recht passte und er darauf verwies dass er immer den tagesfrischen Fisch anbietet. Nachdem ich Ihm aber (auf Englisch) unsere Misere des Vorabends geschildert hatte, meinte er bei ihm sollte wir the best experience haben. Er sagte uns was es für uns geben sollte und auch was es kosten würde. Auf den Deal ließen wir uns ein. Und anscheinend hatten wir Ihn an seiner Ehre gepackt. Jetzt wurde richtig aufgefahren. Lachs- und Thunfischcarpaccio mit etwas Olivenöl und Zitrone. Köstlich. Dazu noch Tintenfischsalat und Zuchini in Ricotta aus dem Ofen. Für mich gab es dann noch eine Mischung von frttiertem Meeresgetier und für Anna schwarze Sepia-Nudeln mit einer Kraben-Pistaziensauce. Zwischendurch kam immer die Bedienung in unserem Separee vorbei, um zu schauen ob wir auch brav alles aufessen. Danach waren wir platt. Ein Schnäpschen und ein Café ging noch. Das ganze dann für 55 Euro. Das war ein tolles Erlebnis von gutem Essen und italienischer Lebensfreude.





Von Bari fuhren wir mit unserem Mietwagen am nächsten Tag Richtung Gargano, wo wir uns in der nähe von Manfredonia für drei Tage in einer alten Villa eingemietet hatten. Hier waren wir mal wieder die einzigen Gäste und hatten das große alte Gemäuer und den schönen Garten für uns.









Nachts rappelte der Wind so an den Fensterläden und Türen, dass man nur mit Ohropax schlafen konnte. Tagsüber machten wir Ausflüge mit dem Rad und dem Auto ans Meer und in die Berge.









Die letzte Woche hatten wir uns dann in einer kleinen Pension in Mattinata einquartiert. Die Pension lag in einem Orangen- und Zitronenhain unterhalb der Stadt auf halbem Weg zum Meer.






An den Geruch des benachbarten Ziegenstalls musste man sich allerdings gewöhnen und so manche Nacht bellte der Nachbarshund durch. Nie das Ohropax vergessen auf Reisen! Mit zwei Schweizern tauschten wir Ohropax gegen Schokolade.

Ich machte mit dem Fahrrad noch eine Küstentour Richtung Vieste. Tolle Küstenstraße mit vielen Höhenmetern. Zum Glück hatte ich kein Gepäck dabei.







Die Abende verbrachten wir eigentlich immer an unserer Lieblingsstrandbar.









Lohnenswerte Ziele im Gargano sind sicherlich Monte Sant Angelo, einer Stadt oben in den Bergen mit tollen alten Kirchen









Eine Wanderung über die Orchideenwiesen (die meisten Orchideen waren allerdings schon verblüht) auf den Monte Sacro mit seiner uralten verfallenen Abtei.












...und die vielen traumhaften Buchten, in denen Mitte Mai noch nichts los war.







Es war natürlich schade, dass wir nicht mehr Fahrrad fahren konnten. Den Gargano hätte ich gerne noch weiter mit dem Rad erkundet. Auch hier gibt es viele kaum befahrene Straßen und auf der Küstenstraße ist auch nicht so wahnsinnig viel los. Eine ordentliche Kondition gehört bei dem ständigen bergauf und bergab schon dazu. Und im Mai kann es dann auch schon ganz schön warm werden.

Insgesamt bin ich etwa 1700 km geradelt. Am schönsten fand ich es immer in den Bergen, wo am wenigsten los war. Aber toll waren natürlich auch die vielen beeindruckenden Städte. Die Poebene kann man sich nach meiner Ansicht sparen. Ich habe viel und oft auch gut gegessen. Das geht in Italiern sicherlich besser als in den meisten anderen Ländern. Fast jeden Tag habe ich ein Eis gegessen, dessen Qualität von Nord nach Süd zunimmt. Ein paar Kilo mehr habe ich von der Tour mitgebracht (natürlich alles Muskelmasse).

Das Fahrrad hat vollkommen ohne Panne durchgehalten, es gab keine Stürze und auch keine brenzligen Situationen. Na ja, kurz hinter Mantua kam mal ein Hund aus einer Ausfahrt rausgewetzt und ich wäre vor Schreck fast von Rad gefallen. Ist aber auch nichts passiert.

Alles in allem war es, trotz des stark eingeschränkten Radfahren in der zweiten Hälfte der Tour, eine erlebnisreiche tolle Tour mit insgesamt Super-Wetter.