Re: Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto

von: Moarg

Re: Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto - 01.10.16 19:32

VIERTER TEIL: Kantabrien

Tag 13 (Fr 05 Aug 16)
Strecke: San Pelayo – Potes – Δ Puerto de San Glorio (1.608 m) – Δ Puerto Picones (1.330 m) – Δ Puerto de Las Portillas (1.275 m) – Velilla del Río Carríon – Δ Alto de la Varga (1.411 m) – Cervera de Pisuerga
137 km | 5:59 h | 22,9 km/h | 2.330 Hm
Ü: Camping Fuentes Carrionas | 10,70 €

Nach zwei eher grauen Tagen kann ich mich heute Morgen zwar wieder über blauen Himmel freuen, doch mein Radcomputer begrüßt mich beim ersten Tastendruck mit der Warnung „Batterie schwach“. traurig Für einen Statistikfreund wie mich schon ein mittleres Problem. Glückliche Fügung aber, dass ich nach wenigen Kilometern durch den Touristenort Potes rolle. Dort kann ich in einem der zahlreichen Klimbim-Läden problemlos eine Ersatzbatterie kaufen. Wäre über weite Strecken der Reise nicht so einfach möglich gewesen.

Ab Potes rein in den einzigen nennenswerten Anstieg des Tages zum Puerto de San Glorio. Bei dem Wetter ist es ein Genuss, die nicht sonderlich schwere, aber dennoch lange Steigung hinauf zu kurbeln. Am Pass zweigt eine schmale Straße mit Mirador (Aussichtspunkt)-Hinweisschild Collado de Llesba (2 km) ab. Das interessiert mich dann doch, und ich nehme den kurzen Abstecher noch mit. Man sollte diese paar zusätzlichen Höhenmeter keinesfalls auslassen, zumindest wenn das Wetter so mitspielt wie bei mir heute. Dann gibt es oben einen großartigen Panoramablick auf die Picos de Europa zu bestaunen. War für mich einer der Momente der Radreise.

Ich bleibe noch eine ganze Weile dort oben, gegen 14:00 Uhr ist es dann aber doch Zeit zum Aufbruch. Immerhin sind noch etwa 100 km zu absolvieren. Das Streckenprofil aber eher einfach, sollte also kein Problem sein. Zuerst die Abfahrt vom Puerto de San Glorio. Die ist nicht lang, dafür aber umso schöner. Dann ohne größere Höhenunterschiede, aber natürlich auch nicht flach weiter nach Velilla del Río Carríon. Die restlichen 54 km ab da bis ins Tagesziel nach Cervera de Pisuerga sind als Touristikstrecke namens „La Ruta de los Pantanos“ (Stauseeroute) ausgewiesen. Auch das wieder eine herrliche und auch einigermaßen einfach zu fahrende Strecke. Am Ende der Stauseen geht es noch mal ein wenig hoch zum Alto de la Varga. Sehr schöne Passhöhe, dann meist abfallend bis ins Ziel. Kühler Abend.


Blick am Morgen vom Campingplatz zu den Picos de Europa. Das sieht doch schon mal ganz anders aus als gestern Abend!




Collada de Llesba


Das Denkmal hier an der Collada de Llesba ist wohl dem kantabrischen Braunbären gewidmet.




Tag 14 (Sa 06 Aug 16)
Strecke: Cervera de Pisuerga – Δ Puerto de Piedrasluengas (1.354 m) – Puentenansa – Δ Collado de Carmona (597 m) – Valle – Δ Puerto de Palombera (1.260 m) – Δ Alto Campóo / Mirador de la Fuente del Chivo (1.987 m) – Riano
154 km | 6:42 h | 23,0 km/h | 2.960 Hm
Ü: Camping Puente Romano | 8,00 €

Gestern Abend war es schon relativ kühl geworden. Ging noch, aber die Temperaturen heute Morgen sind nun wirklich gar nichts für mich. Nur 4° C! Freundlicherweise ist der Waschraum auf dem Campingplatz beheizt, so dass man sich ein wenig aufwärmen kann. Losfahren könnte ich bei solchen Temperaturen schwerlich, denn mit meinen Klamotten bin ich wirklich nur auf Sommer eingerichtet. Der Himmel aber wolkenlos und sobald die Sonne draußen ist steigen die Temperaturen auch auf genehmes Maß. Trotzdem bleibt die kühle Luft, mehr als 14-15° C sehe ich bis Mittag nicht.

Lange Etappe heute, die mit 27 km Anfahrt zum Puerto de Piedrasluengas beginnt. Das Profil sehr einfach, vor allem oben raus aber scharfer Gegenwind. Am Pass ein klasse Aussichtspunkt zu den Picos de Europa. Und, im Vergleich zu Alpen und Pyrenäen fast schon ein seltenes Bild, auch mal eine große Rennradlergruppe. Dann eine fast 38 km lange Abfahrt das Valle del Nansa runter nach Puentenansa. Über weite Strecken kann man sich bei sehr mäßigem Gefälle ganz gediegen nach unten gleiten lassen. Steil und dann auch mal sehr spektakulär wird es nur in einem großartigen Abschnitt nach einem Stausee (Embalse de la Cohilla).

Ab Puentenansa dann über den Carmona-Pass (nicht schwer) ins nächste Tal. Nun wieder sehr lange bergauf zum Puerto de Palombera. Angenehme Steigung, sehr gleichmäßig. Im unteren Teil ist es ein Pass ohne große Höhepunkte, viel Schatten. Ganz anders dann oben raus. Hier fährt man durch eine wunderbare offene Bergwiesenlandschaft. Herrlich.

Nach kurzer Abfahrt ist es nicht mehr weit bis zum Campingplatz. Eigentlich bin ich bis hierhin schon genug gefahren. Doch ich habe noch was vor, denn den wohl höchsten auf asphaltieren Pfaden anfahrbaren Punkt der Cordillera Cantábrica will ich heute noch mitnehmen. Also schnell das Zelt aufgebaut, noch mal aus Rad geschwungen und auf breiter, sehr gut ausgebauter Straße hoch ins Skigebiet Alto Campóo. Insgesamt sind das immerhin noch mal 1.000 Höhenmeter Anstieg. Das Ziel, der Parkplatz am Aussichtspunkt Mirador de la Fuente del Chivo, kratzt knapp an der 2000er Marke. Schon grandios da oben.

Am Abend kann ich mir in der Bar des Campingplatzes noch die olympische Spiele in Rio im Fernsehen ein wenig ansehen. Freut mich als Sportfan natürlich, erst recht da heute am ersten Wettkampftag das Straßenradrennen der Männer zu bester Sendezeit ansteht und ich die knallhart ausgefahrene Entscheidung live mitverfolgen kann.




Schöne Bergwiesen im oberen Teil des Puerto de Palombera.


Mirador de la Fuente del Chivo bei wechselndem Wolkenspiel. Einmal so…


…wenige Augenblicke später.


Tag 15 (So 07 Aug 16)
Strecke: Riano – Reinosa – Δ Puerto de La Magdalena (1.022 m) – Vega de Pas – Δ Puerto de las Estacas de Trueba (1.150 m) – Δ Portillo de Lunada (1.388 m) – San Roque de Riomiera
114 km | 4:42 h | 24,3 km/h | 1.610 Hm
Ü: Camping Lunada | 9,00 €

Gestern Morgen noch diese Kühlschranktemperaturen. Heute zum Glück nicht, angenehme Wärme. Dabei bin ich hier auch auf etwa 1000 m Höhe und es war eine sehr klare Nacht mit gigantischem Sternenhimmel. Auch am Morgen noch strahlend blauer Himmel. Klasse Bedingungen für einen der einfachsten Tage der Reise. Einfach gilt vor allem für die ersten knapp 40 km, denn die führen fast flach über eine weite Hochebene. Ganz schöne Strecke über Reinosa und dann entlang des Ebro-Stausees. Aber auch recht viel Verkehr.

Am Ende des Stausees biege ich nach Norden ab. Ein paar Kilometer bergauf, dann eine langgestreckte Passhöhe mit einer Unzahl an Windrädern und zwei Passschildern (Puerto de la Magdalena und Puerto de la Matanela). Die Höhenangaben sind ungewiss, wohl vertauscht. Egal, die Abfahrt ist jedenfalls ein absoluter Genuss. Wer mal einen schönen und gleichzeitig sehr einfachen Pass fahren will, der sollte sich mal hier hinauf versuchen. Deutlich schwerer ist da schon der nächste Pass, der Puerto de las Estacas de Trueba. Die Straße mit brüchigem bis zum Teil nicht vorhandenem Asphalt ist in äußerst miserablem Zustand. Sie wird demnächst wohl neu gemacht, dieser wunderschöne Pass hätte es auf alle Fälle verdient.

Einen Pass habe ich noch, und der ist rückblickend mein absoluter Favorit der Reise – der Portillo de Lunada. Schon die Anfahrt von Süden ist herrlich, besonders gut gefällt mir aber die Abfahrt. Die grüne Berglandschaft ist einfach mal großartig.

Heute zum Sonntag habe ich keine Vorräte für meine übliche abendliche Kaltverpflegung einkaufen können und gönne mir auf dem Camping Lunada einen Besuch des kleinen aber feinen Restaurants. Den sehr positiven Internetrezensionen kann ich mich nur anschließen. Sehr exquisite Speisen. Es gibt sogar eine Speisekarte in fehlerfreiem Deutsch, sicher auch nicht unbedingt immer Standard in spanischen Gastronomie-Lokalitäten.


Diese wie ich finde toll aussehenden Steinmauern (hier in Vega de Pas) grenzen anscheinend die Grundstücksparzellen ab. Habe ich nur heute in den drei Tälern vom Matanela-Pass runter und hoch zu den Pässen Trueba und Lunada gesehen.




Und noch mal die Steinmauern – hier in der Anfahrt zum Portillo de Lunada.






Tag 16 (Mo 08 Aug 16)
Strecke: San Roque de Riomiera – Δ La Estranguada (687 m) – Parque de la Naturaleza de Cábarceno – Δ Fuente de las Varas (447 m) – Δ Puerto de Campo del Hayal (416 m) – Δ Alto de Hoyomenor (348 m) – Δ Alto de la Granja (376 m) – Castro Urdiales
129 km | 6:14 h | 20,6 km/h | 2.550 Hm
Ü: Camping de Castro | 10,00 €

In dem engen Tal ist es ein ungemütlich kühler Start ohne Sonne. Nach wenigen Kilometern dann rein in den schönen Nischenpass La Estranguada. Dort wird mir alsbald wärmer, denn wie es sich für so eine Nebenstrecke gehört, geht es ziemlich steil zur Sache. Schön dann auch die Abfahrt.

Damit ich mir mal was anderes ansehe als Passschilder, habe ich heute den Besuch des Parque de la Naturaleza de Cábarceno eingeplant. Im Prinzip ist es ein großer Zoo, den man mit Auto oder auch mit Rad durchfahren kann. Zur besonderen Attraktion wird der Park auch durch die spektakuläre Landschaft, herausstechend vor allem die zahlreichen rötlichen Felssäulen. Populär scheint der Park zu sein, denn am Eingang ist richtig Andrang, in Dreierreihe stehen die Autos an. Stattliche 25 € kostet mich der Eintritt. Hat sich aber durchaus gelohnt, das Ganze ist schon sehenswert. Eine kleine Herausforderung ist es auch, denn es sind heftige kurze Steigungen dabei, vor allem hinauf wie zum höchsten Punkt im Park, dem Mirador del Rubi (Aussichtspunkt über den Park und auf Santander). Insgesamt habe ich etwa 2h im Park zugebracht, dabei aber noch nicht alle Tiergehege im Gelände angefahren.

Nach dem Kulturteil Naturpark habe ich noch eine ganze Ecke bis ins Ziel zu fahren. Vier kleinere Pässe stehen noch auf dem Programm. Keiner von denen ist sonderlich schwer, als lockere Spaziergänge kann man sie aber auch nicht bezeichnen. In der Summe auf jeden Fall eine durchaus herausfordernde Strecke. Sonderlich spektakulär ist sie nicht, am schönsten noch die Abfahrt vom letzten Pass mit Meerblicken nach Castro Urdiales. In dem großen Touristenort ist ziemlich viel los, aber auch schöne Atmosphäre am Strand. Sehenswert.

Der Campingplatz liegt ein gutes Stück oberhalb von Castro Urdiales. Schon frühzeitig die Hinweisschilder: „completo“. Mit ungutem Gefühl fahre ich trotzdem hoch. Bin mir sicher, dass wenn ich überhaupt noch einen Platz bekäme, es da bestimmt hässlich und vor allem teuer ist. Doch das Gegenteil ist der Fall. Erst mal gilt completo nur für Autoreisende. Ich bekomme noch einen Stellplatz, und das zum überraschend niedrigen Preis. Und dann - alles da was ich brauche. Auch eine Bar mit Fernseher und Olympiaberieselung. Da bin ich doch mal wieder sehr zufrieden. Mehr brauche ich nicht für einen gelungenen Abend.


Anstieg La Estranguada


Mal ein originelles Passschild.


Parque de la Naturaleza de Cábarceno


Am Bärengehege hat es mir mit am besten gefallen.