Re: Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto

von: Moarg

Re: Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto - 29.09.16 19:38

DRITTER TEIL: Asturien

Tag 08 (So 31 Jul 16)
Strecke: Pola de Somiedo – Δ Alto de la Farrapona (1.709 m) – Torrestío – Δ Puerto de Ventana (1.587 m) – San Martín – Δ Alto de la Cobertoria (1.173 m) – Pola de Lena – Palacio/Lena
102 km | 5:14 h | 19,6 km/h | 2.490 Hm
Ü: Hotel Santa Cristina | 52,00 € + 5,00 € Frühstück

Zum Auftakt ein paar Kilometer bei ungemütlichen Bedingungen bergab, dann geht es auch schon rein in den Alto de la Farrapona. Nach wenigen Metern holt mich ein spanischer Rennradler ein und wir fahren dann mit gutem Rhythmus die ganzen 18,7 km Anstieg gemeinsam hoch. Im unteren Teil bei sehr verbesserungswürdigen Wetterbedingungen, nur 14 – 15°C, dazu neblig und leichter Nieselregen. Ich beschwere mich bei meinem Mitstreiter darüber, nicht ohne zu erwähnen, dass ich an den letzten Tagen nur blauen Himmel und 30°+ hatte. Typisches Asturienwetter entgegnet er, auf der anderen Seite vom Pass würde es bestimmt schon anders aussehen. Diese Prognose sollte sich später noch eindrucksvoll bestätigen.

Bis hoch zum Alto de la Farrapona bleibt die Sicht aber erst mal dürftig, die schwierigere zweite Hälfte ab Saliencia dann aber wenigstens bei trockenen Bedingungen. Macht Spaß mal zu zweit so einen langen Aufstieg zu fahren, geht gleich viel einfacher. Von der Passhöhe aus kann man noch mehrere Seen, die Lagos de Saliencia, auf einem Wanderweg erreichen. Es hat nun merklich aufgeklart, und da es bis zum ersten See nicht weit ist, lasse ich das Fahrrad am Parkplatz stehen und laufe zu Fuß dorthin. Ist schon ein klasse Bergsee, bei richtigem Bilderbuchwetter würde der aber bestimmt noch mal ganz anders wirken. War auch richtig, den Abstecher auf dem ziemlich steilen Schotterweg nicht mit Rad zu versuchen. Ist schon eher was fürs MTB.

Zurück am Pass geht es rein in die Abfahrt nach Torrestío. Die ersten 3,8 km auf einer teilweise sehr steilen aber dennoch ganz gut fahrbaren Schotterpiste. Dann herrlich auf Asphalt weiter und bei Gegenwind und einfacher Steigung zum Puerto de Ventana. Verblüffend ist hier die Wetterwechselei zwischen den Provinzen Asturien und León (siehe Bilder). Ähnliches hatte ich gestern am Puerto de Somiedo auch schon erlebt.

Lange Gegenwindabfahrt dann vom Puerto de Ventana, kühl und nass vor allem im oberen Teil. Landschaftlich sicher keine schlechte Strecke, aber unter den Bedingungen…Unten ist es deutlich besser, zunächst auch noch in der Anfahrt zum Alto de la Cobertoria. Hinter Santa Marina steigt es dann hart an und bald bin ich komplett in der Wolke drin. Am Pass kaum Sicht bei Nieselregen. Eigentlich wollte ich mit dem Gamoniteiru (1.770 m) jetzt noch einen Gipfel einsammeln, die Auffahrt mit 640 schweren Höhenmetern beginnt kurz nach der Cobertoria-Passhöhe. Lasse ich bei den Bedingungen natürlich weg. Es sollte aber die einzige Streckenstreichung im Verlauf der Tour bleiben.

Pola de Lena wirkt an diesem Sonntagnachmittag wie ausgestorben. Trostlose Stadt. Nicht mal ein Hotel scheint es da zu geben. Dabei bin ich heute darauf angewiesen, denn Morgen will ich eine Runde ohne Gepäck fahren und einen Campingplatz gibt es auch nicht. Ich folge dann einem Hinweisschild und lande ein paar Kilometer außerhalb von Pola de Lena im Hotel Santa Christina. Man ist da voll auf (Renn)Radler eingestellt. Super. Komme mir fast ein wenig vor, als wäre ich ins Paradies gestolpert. Besonders weil im ganzen Hotel Infotafeln mit detaillierten Infos zu allen möglichen Anstiegen der Gegend rumhängen. Ist natürlich was für mich. schmunzel


Wanderweg vom Alto de la Farrapona zu den Lagos di Saliencia.




Pistenabfahrt nach Torrestío


Wunderbares Wetter auf dem kurzen Teilstück durch die Provinz León zwischen dem Alto de la Farrapona und dem Puerto de Ventana.


Pünktlich an der Grenze zu Asturien kehren die Wolken zurück...


Solche schönen Schilder wünschte ich mir am Fuß eines jeden Anstieges. dafür
Diese nette kleine Quälerei hier mit Steigungen von angeblich bis zu 30 % (glaube ich nicht) haben die Macher der Vuelta a España für die 2014er Austragung ausgegraben. Gewiss interessant für mich, aber heute nicht auf meinem Zettel. Hole ich vielleicht irgendwann noch nach. zwinker



Tag 09 (Mo 01 Aug 16)
Strecke: Palacio/Lena – Pola de Lena – Δ Alto de El Cordal (789 m) – La Vega – Δ Alto de l'Angliru (1.573 m) – Oviedo – Δ Monte Naranco/El Cristo (644 m) – Δ Alto de Manzaneda (389 m) – Δ Alto del Padrún (388 m) – Mieres – Palacio/Lena
123 km | 5:55 h | 20,7 km/h | 3.150 Hm
Ü: Hotel Santa Cristina | 52,00 € + 5,00 € Frühstück

Heute eine gepäckfreie Tagesrunde, auf der ich mich vor allem auf den Alto de l'Angliru freue. Bekannt vor allem als einer der schwersten Anstiege im Profiradsport, gleichzeitig aber auch ein großer Aussichtsberg. Leider hängen die Wolken am Morgen sehr tief, das mit der Angliru-Aussicht wird wohl nichts werden.

Vor dem Angliru muss ich zum Warmfahren ab Pola de Lena erst mal über den Alto de El Cordal. Der Pass ist nicht einfach, vor allem der letzte Kilometer ist richtig hart. Trotzdem sind diese immerhin 500 Hm Aufstieg relativ schnell abgehakt und ich kann ins Valle Riosa hinunter rollen.

Ab La Vega beginnt dann der Angliru-Spaß. Vor den Eckdaten des Gesamtanstieges (12,5 km | 1.266 Hm | 10,13 %) mag man noch nicht erschrecken. Schaut man sich das Profil genauer an, dann sieht es anders aus. Nach einem normal steilen Auftakt und einem kurzen Flachstück geht es im zweiten Teil nämlich richtig verschärft ab mit längeren Passagen nahe 20 % und darüber hinaus. Da hochzufahren hat mit Radwandern natürlich nichts mehr zu tun, einen kleinen Schaden muss man wahrscheinlich auch haben, um sich das anzutun. schmunzel Ein besonderes Erlebnis ist es aber auf jeden Fall. Für mich heute auch wegen der Wetterbedingungen. Es hat schon was, wenn man sich den gesamten zweiten Teil ohne Sicht durch die Regenwolke kämpft, dann plötzlich die Wolkengrenze erreicht und oben dann strahlenden Sonnenschein genießen kann. Habe ich so noch nie erlebt, einfach großes Kino.

Die Abfahrt unter den gleichen Wetterbedingungen. Sie ist also im Wolkenteil bis runter auf etwa 800 m entsprechend nass und unangenehm. Unten rausche ich dann weiter Richtung Oviedo. Einfache Fahrt, aber noch vor Oviedo muss ich plötzlich eine kurze Wand hoch, die den steilsten Angliru-Stellen an Steigungsprozenten in nichts nachsteht. Unglaubliches Ding. Mit so was habe ich die gesamte Tour nicht mehr gerechnet und heute schon gar nicht.

Nach Oviedo rein dann schöner Radweg. Durch Oviedo rolle ich erst mal ohne längeren Aufenthalt durch und fahre hoch auf den nördlich der Stadt gelegenen Monte Naranco. Auch dies ein Berg mit großer Radsportgeschichte, nach längerer Unterbrechung auch mal wieder im Programm der diesjährigen Vuelta-Austragung. Mich hat mehr die Christusstatue auf dem Gipfel und die Aussicht auf Oviedo interessiert. Ist beides ganz nett, nach wie vor aber unter grauem Himmel.

Schon auf der Abfahrt wieder runter nach Oviedo reißt es dann auf, so dass ich mir die Stadt bei herrlichem Sonnenschein noch mal etwas näher ansehen kann. Gefällt mir richtig gut. Genauso wie später die Fahrt von Oviedo über zwei Hochpunkte zurück zum Hotel. Ein weiterer absolut gelungener Tag.


Sonst gibt es sie in der Region leider nicht, die schönen kilometerweisen Steigungsinfoschilder an den Passaufstiegen. Ausnahme: Angliru – hier ist natürlich alles vorhanden. Auch einige Infotafeln zur Vuelta-Geschichte seit 1999 am Berg.


Wolkenfahrt im zweiten Teil des Aufstieges mit dürftigster Sicht noch bis weit oben wie hier zu Beginn der Kultsektion La Cueña les Cabres (man schaue auf die Daten für die nächsten 450 m…).


Übernächste Kehre, etwa nur 1 km gefahren aber sage und schreibe schon wieder 170 Hm geklettert: Es werde Licht!


Und oben bei strahlendem Sonnenschein…


…über einem weißen Wolkenmeer! War natürlich ein Highlight der Tour.


Christusstatue auf dem Monte Naranco.


Ausblick vom Monte Naranco auf Oviedo.


Schon ein beeindruckender Bau - das futuristische Kongresszentrum von Oviedo.


Altes Gemäuer gibt es in Oviedo natürlich auch.


Tag 10 (Di 02 Aug 16)
Strecke: Palacio/Lena – Δ Carabanzo (450 m) – Δ Alto de la Colladona (850 m) – Pola de Laviana – Δ Puerto de Arnicio (908 m) – Infiesto – Arriondas
125 km | 5:18 h | 23,6 km/h | 1.690 Hm
Ü: Camping Sella | 11,94 €

Von einem der im Bike-Hotel aushängenden Pass-Anstiegsprofile inspiriert baue ich kurzentschlossen den sehr einfachen Anstieg nach Carabanzo gleich zu Beginn noch mit in die Tour ein. Steile Abfahrt dann ins Tal des Río Aller, dort wie geplant weiter in östlicher Richtung das Flusstal hinauf. Lange leicht ansteigend, viele Rennradler, ansonsten nichts Besonderes.

Der knackige Anstieg zum Alto de la Colladona ist dann schon eher mein Terrain. Herrlich, ebenso wie die anschließende Abfahrt nach Pola de Laviana. Nach längerer Pause dort geht es weiter, wieder leicht ansteigend ein Flusstal (Río Nalón) hinauf. Sehr schöne Fahrt, vor allem das Teilstück nach einem kurzen steilen Zwischenpart zur Staumauer des Rioseco-Stausees.

Das Nalón-Tal verlasse ich dann Richtung Puerto de Arnicio. Das ist wieder mal ein Schmuckstück von einem Pass. Die Straße teilweise zwar sehr schlecht, vor allem im zweiten Teil nach einer Zwischenabfahrt. Aber es ist sehr ruhig und die grüne Landschaft ein Traum. Gerade auch auf der Passhöhe, die zu den schönsten der Tour gehörte.

Nach langer und absolut einsamer Abfahrt fahre ich ab Infiesto auf der breiten N-634 weiter Richtung Ariondas. Nicht die erfreulichste Strecke, denn hier tobt schon ordentlich der Verkehr. Leicht bergab geht es trotz Gegenwind aber gut vorwärts, so dass ich diesen letzten Abschnitt bis ins Ziel schnell erledigen kann. Zwischendrin habe ich ein Teilstück dieser Straße auch über einen allerdings bergigen Umweg umfahren können. Später dann schöner Abend auf einem sehr guten Campingplatz.


Bevor ich Asturien verlasse, musste ich doch auch mal einen der typischen Speicherbauten (Hórreos) ablichten. Sie sind hier wirklich an jeder Ecke zu finden, der hier in Condado.




Ausblick am Puerto de Arnicio


Tag 11 (Mi 03 Aug 16)
Strecke: Arriondas – Cangas de Onís – Δ Lagos de Covadonga (1.120 m) – Δ Alto del Torno (534 m) – Ribadesella – La Espasa – Δ Mirador del Fito (576 m) – Arriondas
125 km | 5:53 h | 21,2 km/h | 3.080 Hm
Ü: Camping Sella | 11,94 €

Für die Lagos de Covadonga habe ich heute noch mal eine Runde ohne Gepäck geplant. Am Morgen aber erst mal leichte Ernüchterung. Komplett bedeckter Himmel. Und die Wolken hängen sehr tief, nur wenige Höhenmeter über dem Campingplatz. Dabei sah es am Abend zuvor noch hervorragend aus. Aber nicht verzagen, vielleicht erlebe ich ja Ähnliches wie am Angliru vor zwei Tagen mit einem Bergpanorama über den Wolken. Immerhin liegen die Lagos de Covadonga knapp 1.100 m höher als Arriondas.

Zunächst aber erst mal ein paar Kilometer auf durchaus anspruchsvoller Hügelroute rüber nach Cangas de Onís. Etwas nach dem Ort dann der Abzweig zu den Lagos de Covadonga. Die ersten Kilometer steigen nur leicht an, ab dem Wallfahrtsort Covadonga wird es dann richtig steil. Mit dem Wetter habe ich wieder mal Glück, denn nachdem bis weit nach oben die Wolken drinhängen und ich kaum was sehe, strahlt an den Seen die Sonne. Der passende Rahmen für dieses herrliche Naturschauspiel. Die Seen sind natürlich ein Touristen-Hotspot und es ist richtig viel los. Stört mich nicht, im Gegenteil. Tolle Atmosphäre. Ein Höhepunkt der Reise.

Die Abfahrt ist etwas langwierig, da sich die vielen Touristen-Shuttlebusse ständig stauen und ich mehrmals anhalten und warten muss. Covadonga mit der Basilika schaue ich mir dann auch noch ein wenig an. Auch dort viele Menschen. An der Grotte muss man richtig anstehen.

Nach den hohen Bergen will ich heute auch das Meer sehen und fahre über den Alto del Torno weiter Richtung Küste. Der Aufstieg zieht sich ganz schön hin. Auf der Strecke wieder die totale Einsamkeit, krasser Kontrast zum Trubel in Covadonga und an den Seen. Nach der Abfahrt über ein paar Wellen weiter ans Meer nach Ribadesella. Auffällig dort die vielen Pilger, die auf dem Camino del Norte unterwegs sind. Für ein Stück folge ich aus Ribadesella raus dann der Camino-Route. Ist teilweise ein ganz schön schweres Auf und Ab, hatte ich so nicht auf der Rechnung. Den steilen Schlussaufstieg vom Meer zum Mirador del Fito dann schon. Das ist noch mal eine richtige Zacke, sehr anspruchsvoll. Diesmal ohne richtige Belohnung, denn oben bin ich wieder mitten in der Wolke, so dass ich auf den Mirador-Blick von der Aussichtsplattform leider verzichten muss.


An den Lagos de Covadonga – hier der Lago Enol.


Am oberen See – dem Lago Ercina. Ab und an rollerte hier mal eine Wolke dekorativ in die Szenerie.


Fröhlich sind die Menschen an diesem wunderbaren Flecken Erde…


…und sehr zahlreich. Hier auf dem kurzen Rundwanderweg vom Lago de Ercina zu den Minas de Bufferera.


Mirador del Fito ohne Durchblick.


Tag 12 (Do 04 Aug 16)
Strecke: Arriondas – Cangas de Onís – Δ Alto de Ortiguero (436 m) – Panes – Potes – Δ Fuente Dé (1.104 m) – San Pelayo
131 km | 5:09 h | 25,5 km/h | 1.620 Hm
Ü: Camping San Pelayo | 9,35 €

Anders als gestern fahre ich heute auf der einfachen Talvariante rüber nach Cangas de Onís. Der Ort ist sehr touristisch. Wer Läden mit regionalem Spezialitätenkram kulinarischer oder sonstiger Art sucht wird hier mit Sicherheit fündig. Nicht so mein Fall. Sehenswert auf jeden Fall aber die fotogene romanische Brücke über den Río Sella.

Der nächste Abschnitt ist nicht weiter erwähnenswert, erst ab dem Alto de Ortiguero wird es interessanter. Schöner Ausblick dort, anschließend eine herrliche und schnelle Fahrt bis Panes, streckenweise durch eine enge Schlucht. In Panes ist der tiefste Punkt des Tages erreicht. Ab hier nun lange bergauf, zunächst durch die rechts eindrucksvolle, etwa 20 km lange Hermida-Schlucht (Desfiladero de la Hermida). Das Wetter ist leider nicht so berühmt (graue Wolken), aber der Wind ist gerade auf diesem Abschnitt auf meiner Seite. Ich werde gut angeschoben, so dass ich die gemächliche Steigung im Expresstempo nach oben fliege.

Leichtes Spiel also bis Potes. Sehenswerter Ort, viele alte Häuser, volle Restaurants. Vier Täler treffen hier zusammen, für mich geht es weiter den Rio Deva hoch Richtung Picos de Europa/Fuente Dé. Nach ein paar Kilometern steuere ich den Campingplatz in San Pelayo an. Ein einziges Plätzchen gibt es noch für mich und mein kleines Zelt. Ansonsten komplett besetzt. Kann man bei dem hervorragenden Platz verstehen, da gibt es nun wirklich gar nichts mehr auszusetzen.

Nachdem ich mein Zelt aufgebaut habe, mache ich mich noch mal auf den Weg nach Fuente Dé. Die junge Frau an der Rezeption warnt mich noch vor möglichem Regen dort oben. Sie behält Recht, wobei mich die leichte Nieselei während der Auffahrt nicht weiter stört. Die fetten Regenwolken tun das schon, denn die verhindern jegliche Sicht in Fuente Dé. Schade, aber während drei Wochen Radreise kann ja nun auch nicht alles klappen.




Trübnis in Fuente Dé