Re: Italientour von Nord nach Süd

von: fabianovic

Re: Italientour von Nord nach Süd - 26.09.16 18:39

Teil 5

17.04.2016

Balsorano Vecchio - Isernia
Weiter ging es das Rovetotal hinab bis Sora. Ab da ging es wieder fleissig durch die Berge. Kleiner Abstecher hoch in hübsche Städtchen Atina? Ach was solls, die paar Höhenmeter extra. Die Beine haben keinerlei Einwände. Wieder eine tolle Etappe über einsame Straßen bei bestem Wetter.



Ein Stück weit begleitet mich die Via Francigena.







Am Nachmittag komme ich dann nach Isernia und bin doch ganz schön erledigt.
Über booking.com habe ich mir schon ein Zimmer in einem B&B in der Altstadt gebucht.
B&B ist in Italien inzwischen sehr populär. Wobei die Italiener das zweite B nicht immer ganz ernst nehmen. Hier, und nicht nur hier, war es so, dass auf dem Zimmer eine Espressomaschine und ein Kühlschrank stand, dazu ein paar abgepackte Croissants und Kekse.
Trotzdem gefiel es mir dort sehr, so dass ich beschloss hier einen Ruhetag einzulegen.





Am Abend machte ich noch einen Spaziergang durch die sehenswerte Altstadt und gönnte mir zwei leckere Aperol Sprizz. Hierzu gab es riesige Oliven und diverse Snacks, so dass ich mir nachher nur noch ein Stück Pizza auf die Hand holte. Es war schön das früh abendliche Flanieren der Menschen zu beobachten. Viele Frauen trugen ihre hochhackigsten Schuhe. Eine junge Frau musste sogar von ihrer kleinen Schwester gestützt werden, weil es sonst zu halsbrecherisch gewesen wäre. Habe mich leider nicht getraut davon Bilder zu machen.












18.04.2016 Isernia



Isernia wurde 1943 von den Amerikanern aus der Luft fast vollkommen zerstört. Ein Teil der Altstadt ist erhalten geblieben, daneben ist nach dem Krieg eine neue Stadt entstanden.
Am Morgen besuchte ich das kleine Museum, in dem dieser Zerstörung und der übrigen Kriegsereignisse gedacht wird.
Von der Mitarbeiterin der auch dort befindlichen Tourist-Information wurde ich auf bestem Englisch angesprochen. Sie war als Kind mit Ihren Eltern nach Brooklyn ausgewandert und dort aufgewachsen, hat dann aber einen Mann aus Isernia geheiratet und ist wieder nach Italien zurückgekehrt. Ich freute mich, mich mal wieder auf Englisch unterhalten zu können und sie wohl auch. Ich bekam von ihr eine Privatführung durch den anderen Teil des Museums, wo es um die Tradition des Spitzenklöppeln in Isernia geht. Voller Begeisterung zeigte Sie mir alles mögliche geklöppelte. Danach empfahl Sie mir noch in ein anderes Museum in der Altstadt zu gehen und erklärte mir den Weg dorthin und wo ich klingeln müsse usw., bis Sie sich entschloss einfach mit mit dahinzugehen. Alleine hätte ich das nicht gefunden, da es sich gar nicht um eine öffentliche Austellung handelte. So bekam ich noch eine, diesmal wirklich sehr interessante Führung mit ihr und Ihrer Kollegin in den Resten eines römischen Tempels, die nun als Fundamente der Kathedrale dienen. Man kann dort unter dem Kirchenboden durch die alten Fundamente laufen und an einigen Stellen konnten wir durch einen Glasboden eine Trauerfeier, die gerade in der Kirche stattfand aus dem Untergrund beobachten.












Das war ein echtes Erlebnis und es war schön mal mit Einheimischen so in Kontakt zu kommen, was auf der Reise bisher eher nicht der Fall war.

Gestärkt von einem leckeren Teller Nudeln in der Trattoria gegenüber meiner Unterkunft, machte ich mich zu einem weiteren Streifzug durch die Stadt auf. Diesmal ging ich auch durch die zur Mittagszeit fast menschenleere Neustadt. Die Neusadt ist eigentlich ziemlich hässlich aber auch typisch italienisch und es war mal ein guter Kontrast zu all den wunderschönen historischen Städten, die ich mir bisher angesehen hatte.











Am Nachmittag habe ich der Dame von der Tourist-Information (ihren Namen habe ich leider inzwischen vergessen) eine gute Flasche Wein (der Blumenladen hatte leider zu) als Dankeschön vorbei. Wir hielten noch ein kleines Schwätzchen, als eine alte Frau, die sie mir schon in der Kathedrale bei der Trauerfeier vorgestellt hatte, hereinkam. Sie begrüßte mich mit „son of a bitch!“ und lachte vergnügt. Es waren die einzigen englischen Worte, die Sie von den amerikanischen Besatzern gelernt hatte.

Am Abend dann wieder Aperitivo auf dem Platz.


19.04.2016 Isernia – Riccia

Weiter ging es durch die Berge und gegen Ende musste ich von der geplanten Route abweichen, um einige Kilometer oberhalb von Riccia eine Unterkunft zu finden.









Der Agriturismo war ein weit ausserhalb gelegener Bauernhof. Das Zimmer eher geschmacklos eingerichtet, aber zum Abendessen wurde alles aufgefahren was Acker und Stall hergeben und die Leute waren wieder unheimlich nett und bemüht.

20.04.2016 Riccia – Lucera

Kurz nach meinem Aufbruch überquerte ich die Grenze nach Kampanien. Kurvig und hügelig ging es weiter über das schöne Castelvetere durch sattgrüne Frühlingslandschaft, die fast schon etwas irisch anmutete.













Hinter San Bartolomeo ging es dann über die Grenze nach Apulien und weiter nach Motta Montecorvino. Dort kommt man an den Rand der Berge und es öffnet sich der Blick auf den Tavoliere, der apulischen Tiefebene.
Von dort ging es dann Steil in Serpentinen hinab. Die letzten 15 Kilometer fuhr ich dann auf dem Seitenstreifen der schnurgeraden Schnellstraße bergab gen Lucera. Das erhöht dann die Durchschnittsgeschwindigkeit. Lucera selber liegt dann auf einem Berg, der einsam in der Ebene steht. In Lucera hatte ich mich in ein tolles B&B (wieder ohne eigenes Frühstück, aber mit Gutschein für eine Bar in der Nähe) eingemietet. Es war ein alter kleiner Palazzo, den ein junger Italiener ganz frisch als B&B hergerichtet hatte. Wieder war ich der einzige Gast.





Wieder mal eine sehenswerte Altstadt mit schönen Bars und Restaurants. Ich kehrte in einen Edel-Pizza-Imbiss ein. Dort gab es nur Pizza vom Blech, etwa sechs sieben Sorten. Alles sehr lecker und einen sehr feinen Roten dazu. Da speichel ich glatt ein, wenn ich daran denke!








Fortsetzung folgt.