Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto

von: Moarg

Pässe- und Gipfeltour durch Nordspanien (Porto - 25.09.16 19:43



Drei Wochen lang durch die europäische Bergwelt kraxeln. So sieht seit nunmehr etlichen Jahren meine Sommerradreise aus und das musste selbstverständlich auch dieses Jahr so beibehalten werden. Nach mehreren Alpen- und Pyrenäentouren wollte ich diesmal ein für mich neues Revier erkunden. Auf die iberische Halbinsel hatte ich mich früh fixiert. In der Verlosung waren dann noch Andalusien im Süden oder das Kantabrische Gebirge im Norden. Habe dann doch irgendwann eingesehen, dass Andalusien in der Julihitze wohl doch nicht die schlauste Idee ist und mich für die Nordvariante entschieden.

Rückblickend eine sehr gute Entscheidung, denn es war eine absolut geniale Tour. Da hat wirklich fast alles gepasst. Keinerlei Zwischenfälle, Wetter über weite Strecken sehr passabel, landschaftlich abwechslungsreich und absolut beeindruckend, eine angenehme Ruhe auf den Passstraßen (Motorräder waren z.B. gar kein Thema), preiswerte Campingplätze…Eine meiner gelungensten Touren bisher.

Strecke
Start- und Endpunkt hatten sich während der Planung hauptsächlich aus der An- und Abreisemöglichkeit ergeben. Zwischendrin sollten hauptsächlich so viele Anstiege wie möglich mit dabei sein (wie immer bei mir zwinker ) und ein paar interessante Städte (Oviedo, Bilbao, Vitoria-Gasteiz) wollte ich mir auch ein wenig ansehen.
Meinen Tourplan konnte ich fast komplett durchziehen. Die gefahrene Strecke sah letztlich so aus - Übersichtskarte. War auch eine Art Gipfeltour, denn neben vielen Pässen habe ich auch einige echte Berggipfel angefahren. Und gerade die haben mir ausnahmslos sehr gut gefallen.

Statistik …schon eher sportlich… schmunzel
20 Tage | 2.550 km | ca. 50.500 Hm
127 km/d | ca. 2.500 Hm/d | 21,5 km/h

In den Werten sind nur die zwanzig „richtigen“ Fahrtage drin. Dazu kommen noch zwei Gondeltempo - Sightseeing-Runden durch Porto (ca. 48 km) am Anreisetag und Paris (ca. 25 km) während der Rückreise sowie die Fahrt zwischen Mulhouse und Basel (ca. 40 km) auch während der Rückreise.

Sonstiges
Übernachtungen 2x im Hotel, ansonsten im Zelt auf Campingplätzen bzw. 4x wild.

Ein paar Infos zur Navigation. Ich bin ja nach wie vor ein Kartenfan, aber irgendwie habe ich kein vernünftiges Material für die fraglichen Regionen gefunden. Habe mich dann entschlossen, die gesamte Tour nur mit meinem Navi (Teasi-Pro) zu fahren. Lediglich einen Google-Maps-Ausdruck pro Fahrtag hatte ich mir als Notbehelf noch gemacht und mitgenommen. War eigentlich sinnlos, denn diese Ausdrucke im Format A4 waren für richtige Orientierung nicht wirklich zu gebrauchen.
Das Fahren nur nach Navi ging schon, aber ohne irgendwelchen Nabendynamo-Ladekram am Rad war die tägliche Stromjagd dann bisweilen schon etwas lästig. Nur einen kleinen Powerakku hatte ich noch mit dabei und war so stets auf die abendlichen Campingplatz-Lademöglichkeiten angewiesen. Am Ende bin ich, auch an den Tagen nach Wildcampingübernachtung ohne Lademöglichkeit, trotzdem gut durchgekommen. Habe das Navi-Ding dann bisweilen eben nur sporadisch einschalten können. Geht natürlich auch, gerade bei so einer Asphalt-Pässetour.

 
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Bericht
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ERSTER TEIL: Portugal

Anreise (Fr 22 Jul 16 & Sa 23 Jul 16)
Ü: Camping Orbitur Canidelo | 12,74 €

Anreise nach Porto per Ryan-Air Flug von Berlin-Schönefeld, Abflug Freitag um 21:15 Uhr. Durchaus etwas stressig, wenn man bis nachmittags noch in Dresden im Büro sitzt...
Abgehoben ist der Flieger dann erst mit über 1 h Verspätung, Landung in Porto um 1:30 Uhr. Dann hatte ich noch das zweifelhafte Vergnügen, mir den Rest der Nacht auf dem Flughafen um die Ohren zu schlagen. Nicht meine angenehmste Übung, aber auch das habe ich hinbekommen.

Kurz vor 7:00 Uhr bin ich dann vom Flughafen Porto (recht beeindruckende Stahlbaukonstruktion übrigens) los. Den ersten Tag hatte ich von vornherein als ganz gemütliche Tour mit Fokus auf Porto geplant. War ein klasse Tag bei bestem Wetter. Schon von der Fahrt am Meer entlang und dann den Rio Douro hinauf nach Porto war ich sehr angetan. Und die wunderschöne Stadt selber ist natürlich absolut sehenswert!


Viele Angler am Rio Douro zwischen Mündung und Porto.






Tag 01 (So 24 Jul 16)
Strecke: Canidelo – Porto – Melres – Marco de Canaveses – Δ Alto de Espinho (1.025 m) – Δ Serra do Marão (1.415 m)
122 km | 5:38 h | 21,7 km/h | 2.420 Hm
Ü: Camping wild


Der Campingplatz von Canidelo liegt direkt am Atlantik, da ist ein strammer Wind vom Meer her sicherlich nicht ungewöhnlich. Die Böen heute Morgen sind aber schon sehr lebhaft, den Zeltabbau bekomme ich nur mit einigen skurrilen Verrenkungen hin. Ansonsten aber strahlend blauer Himmel, und das mit den lästigen Windböen sollte sich im Landesinneren auch bald erledigen.

Zunächst die paar Kilometer rüber nach Porto. Im Gegensatz zu gestern Abend nicht am Meer entlang, sondern auf der Direktlinie über Canidelo. Ist ein etwas umständliches Gekurve, die Variante am Meer ist eindeutig vorzuziehen. Porto kenne ich seit gestern schon, trotzdem lege ich noch mal eine Pause ein. Es ist einfach herrlich da. Dann geht es endgültig richtig los, für etwa 40 km erst mal immer dem Rio Douro folgend. Sehr schöne Fahrt, bei der ich die bekannten Weinanbaugebiete am Douro für den Portwein aber noch nicht erreiche. Die folgen noch ein gutes Stück flussaufwärts.

Bis hierhin war es, obwohl die Strecke auch nicht ganz flach ist, natürlich ein sehr einfacher Auftakt. Mit Verlassen des Douro-Tales steigt das Gelände Richtung Marco de Canaveses dann allmählich an. Alles noch relativ harmlos, ebenso der danach folgende hüglige Abschnitt. Ab Larim wartet mit dem Schlussanstieg zum Gipfel des Marão dann aber doch noch eine richtige Kletterherausforderung. Bei mittlerweile großer Hitze mache ich dort an einem schönen Picknickplatz vor einem Freibad noch mal eine Pause. Die wurde länger als gedacht, denn eine größere Gruppe von Portugiesen winkt mich zu sich rüber. Prompt sitze ich mit einem Bier in der Hand mitten unter der lustigen Truppe. Schmunzeln muss ich vor allem über die Frauen der Runde. Allesamt nicht gerade mit Idealgewicht gesegnet sitzen sie breit und behaglich da und haben nur Kopfschütteln für meine Reisepläne übrig. Eine zeigt mir glatt den Vogel. grins
Nach einem weiteren Bier soll ich mit den Jungs dann auch noch im angrenzenden Flussbadeplatz baden gehen. Ich winke ab und versuche ihnen klarzumachen, dass ich jetzt doch gedenke endlich mal weiter zu fahren. Mit enttäuschten Minen lassen sie mich dann ziehen. War eine nette Begegnung.

Dann also noch der lange Aufstieg zum Marão. Der ist nicht steil, aber immerhin gut 32 km lang bei knapp 1.300 Höhenmetern. Die letzten 9 km ab dem Espinho-Pass sind dann Stichstraße mit schlechtem Asphalt bis zum Berggipfel. Oben ist es klasse. Großer Rundblick, dazu windstill und richtig warm. Bei solchen Bedingungen ein großartiger Platz zum Wildcampen. Anders ging es für mich heute auch nicht da kein Campingplatz in der Nähe.


Flussbiegung Rio Douro kurz vor Melres


Tagesziel erreicht: Gipfel Serra do Marão




Herrlicher Platz zum Wildcampen.


Tag 02 (Mo 25 Jul 16)
Strecke: Marão – Vila Real – Δ Barragem do Alvão (1.076 m) – Δ Alto de Macieira (934 m) – Mondim de Basto – Δ Nossa Senhora da Graça (927 m) – Ribas
119 km | 5:11 h | 22,9 km/h | 2.260 Hm
Ü: Camping Quinta Valbom | 17,60 €

Auf so einem einsamen Berggipfel rechnet man ja nun nicht unbedingt damit, dass dort führerlose Hunde herumlaufen. Tatsächlich schleichen aber des frühen Morgens zwei stattliche Exemplare um mein Zelt. Rätselhaft - die Auflösung folgt dann aber später gleich nachdem ich losgefahren bin. Zwei Schafherden haben sich in Gipfelnähe mitten auf der Straße niedergelassen und offensichtlich hatte ich Besuch von zwei der Hütehunde. Nun, da ich an ihren Schafherden vorbei will, haben die Kollegen auch deutlich mehr Interesse an mir als heute früh, von einem werde ich regelrecht verfolgt. Schon eine unangenehme Situation.

Den Hunden glücklich entronnen kann ich es nach den ersten Rumpelkilometern ab dem Alto de Espinho auf der langen Abfahrt nach Vila Real dann herrlich laufen lassen. Dann hoch zum Alvão-Naturpark, ein doch ziemlich knackiger Anstieg der mich ganz schön fordert. Irgendwie habe ich meinen Reise-Bergaufrhythmus noch nicht gefunden. Oben in der herrlichen Landschaft noch eine Zusatzschleife über Macieira gedreht und runter ins brütend heiße Mondim de Basto.

Mein nächstes Gipfelziel steht nun an, die mehr als 700 m über der Stadt auf dem Monte Farinha gelegene Kapelle Nossa Senhora da Graça. Schon reichlich geschafft von der Hitze kostet es mich doch etwas Überwindung loszufahren. Aber hier kneifen? Vor einem Anstieg, der im Netz auch schon mal als Alpe d‘Huez Portugals bezeichnet? Das geht natürlich gar nicht, da muss ich einfach hoch. Am Ende läuft es für mich doch ganz flüssig, nicht zuletzt weil ich mein Gepäck am Fuß der Stichstraßenauffahrt am Straßenrand verstecke. Die Auffahrt ist schon anspruchsvoll, aber auch nicht superschwer. Schon allein wegen des phantastischen Rundblicks dort oben lohnen sich die Mühen. Großartig! Und das mit Alpe d‘Huez Portugals? Naja. Ich war zumindest der einzige Radler am Berg, was im richtigen Alpe d’Huez garantiert nicht der Fall gewesen wäre. Überhaupt scheinen die Portugiesen nicht viel vom Radfahren zu halten. Heute habe ich z.B. den ganzen Tag keinen einzigen Radfahrer gesehen.

Der Tag endet später auf dem Camping Quinta Valbom. Der gut besuchte Platz ist spitze, wenngleich auch mit Abstand der teuerste der gesamten Tour. Er wird von Holländern geführt, und das augenscheinlich fast nur für Holländer. Ich habe kein einziges anderes Nummernschild an den Autos gesehen. Aber nett sind sie die Holländer. Meine Zeltnachbarn drücken mir gleich nach meiner Ankunft ein Bier in die Hand und zum Essen werde ich auch noch eingeladen.
Eine Warnung noch vor der Anfahrt zum Camping, zumindest wenn man wie ich von der N-206 kommend der Ausschilderung zum Platz folgt. Dann hat man nämlich nach zunächst rasanter Abfahrt zum Schluss noch eine kurze Steilrampe der ganz verschärften Art vor sich. Ähnlich abartig ist zu Beginn auch die vorgesehene Abfahrt vom Camping wieder hoch zur N-206. Beide Rampen (locker über 20 %) kann man vermeiden, wenn man entgegen der Ausschilderung fährt. Ist dann aber schwer zu finden.


Wenige Meter gefahren und schon liegt die erste Schafherde nebst sehr unfreundlichen Hütehunden im Weg.


Abfahrt Serra do Marão.


Nossa Senhora da Graça


Kein schlechter Arbeitsplatz für die Herren Antennenmonteure.




Ausgangs Mondim de Basto: Blick zurück auf den markanten Bergkegel des Monte Farinha mit der Kapelle Senhora da Graça auf dem Gipfel.


Tag 03 (Di 26 Jul 16)
Strecke: Ribas – Cabeceiras de Basto – Δ Alto do Lodeiro de Arque (952 m) – Montalegre – Δ Serra do Larouco (1.525 m) – Vilamaior da Boullosa – Allariz
135 km | 6:05 h | 22,1 km/h | 2.570 Hm
Ü: Camping Os Invernadeiros | 10,21 €

Gleich vom Start weg die schon im Bericht von gestern angesprochene Hardcore-Rampe. An kühlen Tagen ja mitunter ganz willkommen zum Warmfahren. Heute bräuchte es nichts in der Richtung, denn die Temperaturen gehen schon am Morgen wieder Richtung schweißtreibend. Im weiteren Tagesverlauf war es dann aber doch deutlich angenehmer als an den ersten beiden absoluten Hitzetagen, sogar ein paar schüchterne Wolken haben sich heute mal gezeigt.

Schöne Fahrt auch heute, die grüne Landschaft hier im Norden Portugals hat es mir durchaus angetan. Erst bis Cabeceiras de Basto, dann recht ordentlich ansteigend zum Alto do Lodeiro de Arque und nachfolgend wellig weiter entlang der Rabagão-Stauseen. Etwas dünn gesät sind auf der Route die Einkaufsmöglichkeiten. Erst nach knapp 70 km kann ich in Montalegre endlich nachtanken. Wurde auch Zeit, meine 2 L Wasservorräte vom Tagesstart waren wirklich dahin. Guter Supermarkt, denn es gibt im Eingangsbereich sogar einen richtigen Imbissstand. Feine Sache, habe ich in Frankreich und Spanien seltenst gesehen.

Gefällt mir immer besser in Portugal, Spanien ist aber schon in Sicht. Vorher habe ich mit der Serra do Larouco noch einen echten Berggipfel mit eingeplant. Ganz einfach ist die Auffahrt ab Montalegre nicht, vor allem der obere Teil der eigentlichen Stichstraße. Oben auch hier wieder ein grandioser Rundblick, der Abstecher lohnt sich unbedingt. Absolute Klasse!

Wenig später dann die Grenze zu Spanien. Mit meiner nun gewählten Nebenstraßenroute bis zum Ziel in Allariz wollte ich eigentlich nur weg von der Hauptstrecke Richtung Ourense und hatte keine besonderen Erwartungen. Der Abschnitt gleich zu Beginn zwischen Vilamaior da Boullosa und Covas entpuppt sich aber als absoluter Volltreffer. Leicht ansteigend fährt man dort plötzlich durch ein Gebiet mit überbordender Vegetation und bizarren Felsformationen. Leider nur ein paar Kilometer lang, kann ich trotzdem absolut empfehlen. Die restlichen 30 km des Tages sind im Vergleich dazu dann eher unspektakulär.


Staumauer Rabagão-Stausee. Habe leider nicht gesehen, wie die Anlger auf den Stehleitern turnend einen Fisch aus dem Wasser ziehen. lach


Wer es bis hierhin geschafft hat: Nicht die knapp 400 Hm bis zum Gipfel scheuen, sondern hoch da. Es lohnt sich!




Grenze zu Spanien: Die Galizier sind wieder mal der Meinung, es müsse statt der Landesbezeichnung ihre Provinz auf Galizisch auf dem Schild stehen. Auch viele Passschilder waren so beschmiert.