Re: Island - Nur die Ringstraße herum

von: benki

Re: Island - Nur die Ringstraße herum - 10.07.16 10:57

Godafoss-Myvatn

Die Sonne scheint, am Himmel ist kein Wölkchen, ich profitiere vom Islandhoch. In Deutschland sorgt dieses Islandhoch für heftige Unwetter und ich schmiere mir heute eine dicke Schicht Sonnencreme auf die Haut. Dabei dachte ich schon, dass ich die Tube Sonnencreme umsonst mitschleppe.



Nach einem ordentlichen Frühstück im Restaurant kann es endlich losgehen. Irgendwie kommt es mir spanisch vor, auf dem Parkplatz vor der Tankstelle sehe ich einen Radfahrer stehen. Als ich näher ranfahre, sehe ich es: Ja, es ist spanisch. Denn es ist Andres, den ich am Vortag in Akureyri aus den Augen verloren habe. Eigentlich ist das ein Ding der Unmöglichkeit, dass er um diese Zeit schon am Godafoss ist.
Die Freude ist groß und er zeigt mir stolz sein repariertes Rad. Am gestrigen hat er mein Rad an der ersten vereinbarten Tankstelle nicht gesehen, da er schon im Suchmodus nach einer Werkstatt war. Nach zwei Stunden hatte er in Akureyri einen Fahrradladen gefunden, die ihm sein Rad repariert haben. Soll nicht ganz billig gewesen sein.
Hauptsache es hält!





Wir fahren heute gemeinsam zum See Myvatn. Für mich und für Andres ist es wie ein Ruhetag, weil es nur 52 km sind. Auch Andres hat heute nur 52 km zu radeln, denn der Herr ist mit dem Bus zum Godafoss gefahren.  Er fragt mich noch, ob der Anstieg zwischen Akureyri und dem Godafoss wirklich so heftig war, wie er diesen aus dem Bus heraus empfunden hat zwinker.
Ich flachse herum und meine, dass ich diesen Anstieg gar nicht gespürt habe, denn der Wind hat mich ja geschoben. Wir verstehen uns prima und es macht wirklich Spaß mit ihm gemeinsam zu fahren.



Nach einem kurzen Anstieg haben wir einen schönen Blick zurück zum Godafoss.


Kurz vor Myvatn.

Wir entscheiden uns, den See Myvatn oder auch Mückensee südlich auf der 848 zu umfahren. Kaum sind wir am See, sind wir auch schon begehrt. Schwärme von Mücken begleiten uns nun. Es sind keine Stechmücken, aber lästig sind sie schon.
Als dann der Wind wieder zunimmt, sind wir die Mücken wieder los. Hat der Wind doch was Gutes.
Andres hat Hunger und ich habe ihm eine Pizza versprochen. In Vogar gibt es eine Pizzeria und auch einen Campingplatz. Den Tipp habe ich hier im Forum bekommen, danke nochmals!
Bevor wir unser Zelt aufbauen, bestellen wir uns eine 16 Zoll Pizza und jeder ein Bier. Lecker! Hätten wir mal erst das Zelt aufgebaut, dann gäbe es Rabatt für die Pizza.
Sonne, Pizza, Bier und noch ein Bier. Ach das Leben ist so schön. Genau an diesem Punkt muss man sich entscheiden, ob das Leben weiter so schön sein soll oder ob wir uns noch was anschauen. Die Preise für das Bier sind so hoch, dass die Entscheidung klar für das Sightseeing getroffen wird.
Nachdem wir unser Zelt aufgebaut haben, fahren wir mit dem Rad in der Gegend herum.
Der See Myvatn liegt 277 m über dem Meeresspiegel und entstand durch das Aufstauen von Lava bei Vulkanaussprüchen vor langer Zeit.







Er hat bizarre Formen, kleine Inseln und ist nicht nur ein beliebtes Vogelparadies. Auch Touristen lieben diesen See in der geologisch sehr interessanten Gegend.




(Erdrisse über den Höhlen)

Als erstes fahren wir zu den Höhlen Grjotagja, wo einst ein Naturbad war. In der Höhle mit dem türkisblauen Wasser sind sehr angenehme Temperaturen. Die Wassertemperatur soll zwischen 45 bis 50 ° C betragen. Baden sehe ich keinen, ist auch verboten.







Danach besteigen wir zu Fuß den Vulkan Hverfjall, einen 312 m hohen Ringwallkrater. Von weitem sieht dieser aus, wie die Ronneburger Abraumhalde.
Der Weg ist steil und steinig. Andres wollte zunächst mit dem Rad hochfahren. Meine moralische Unterstützung hätte er bekommen. Nun weiß ich nicht, ob wir zu wenig Bier getrunken haben. Jedenfalls setzte er seine kühne Idee nicht in die Tat um. Ich hätte ihn auch gefilmt. zwinker



Vom Vulkan hat man einen tollen Blick auf den See und die Lavalandschaft. Im Norden sieht man auch Dampf aus den Bergen hervorsteigen. Dabei handelt es sich um heißen Dampf, aus dem elektrische Energie gewonnen wird. Das Geothermische Kraftwerk liegt am Fuße des 863 m hohen Vulkans Krafla.
Hier brodelt es überall und es gibt unzähliges zu bestaunen.





Wir machen uns noch einen gemütlichen Abend vor unserm Zelt und ich präsentiere Andres meinen Sessel 
Wie der morgige Tag aussehen wird, wissen wir noch nicht. Einen Ruhetag machen oder weiter fahren? Ich überlege es mir bis morgen.

Myvatn-Mödrudalur

Lange schlafen ist nicht möglich, da die Sonne das Zelt ordentlich aufheizt. Es könnte wieder ein wunderschöner Tag werden.
Meine Entscheidung ist gefallen, ich fahre heute weiter. Andres möchte den angeblich langweiligen Abschnitt bis zur Ostküste mit dem Bus fahren. Aber den Dettifoss würde er auch gerne sehen. Er will per Anhalter zum Dettifoss und zurück trampen. Sein Zelt kann er stehen lassen und Abends will er den Bus Richtung Ostküste nehmen.
Wir verabschieden uns herzlich und hoffen uns nochmals zu sehen. Per Facebook bleiben wir aber im Kontakt.
Ich fülle im Supermarkt in Reykjahlid meine Lebensmittel auf. Bis Egilsstadir werde ich keinen Supermarkt oder andere Versorgungsmöglichkeit haben. Das sind bei mir über 200 km.

An dieser Stelle sei erwähnt, dass es in Island kostenlos Karten für Radfahrer: „CYCLING MAP AND BICYCLE SERVICE AROUND ICELAND – SUMMER 2016“
Auf dieser Übersichtskarte sind fast alle aktuellen Versorgungsmöglichkeiten, Campingplätze, Servicewerkstätten, Steigungen, gefährliche Abschnitte (Wind), Verkehrsdichte u.s.w. dargestellt. Für mich war diese Karte sehr wichtig, um meine Strecke zu planen.



Nach einem kurzen 10 %-igen Anstieg, hat man nochmals einen schönen Blick zurück auf Myvatn.
Kurz danach erreiche ich „Hverir“ am Namafjall (Minenberg). Hier wurde einst Schwefel gewonnen und exportiert. Schon von der Straße sieht man den Dampf aussteigen. Es riecht, nein es stinkt nach Schwefel. Überall brodelt heißer Schlamm und es zischen Heißdampfquellen aus der Erde.











In nur 1000 m Tiefe sollen Temperaturen von über 200 ° C herrschen. Der Boden ist brüchig und wenn man von den markierten Wegen abweicht, besteht die Gefahr dass man einbricht und sich am heißen Dampf verbrüht.
Den Abstecher zum Vulkan Krafla mache ich nicht. Ich fahre durch die flache und unbesiedelte Hochlandschaft, am Rande des Burfellshraun, einem Lavafeld.



Rechts kann man den 1682 m hohen Herdubreid sehen. Dieser ist zwar weit weg, aber in der flachen Hochlandschaft wirkt er doch so nah.
Links den 953 m hohen Horstvulkan Burfell.
Nach ca. 30 km bin ich am Abzweig 862, diese gut ausgebaute Asphaltstraße führt zum Dettifoss und endet dort.







Hier gibt es noch wunderschöne Schneefelder und kleinere Seen.
Man könnte auch weiter die F862 weiter nördlich fahren, aber das soll eine übelste Piste sein und ich habe auch nicht Absicht weiter in den Norden zu fahren.

Nach über einer Stunde bin ich am Dettifoss. Hier wimmelt es nur von Touristen. Der 1 km lange Fußweg zum Dettifoss ist nur im Gänsemarsch möglich und auch am Wasserfall herrscht Gedränge. Trotzdem ist der Wasserfall wunderschön.





Der Wasserfall gehört zu den bekanntesten Wasserfällen Islands. Hier stürzt der Fluss „Jökulsa a Fjöllum“ 44 m in die Tiefe. Das Wasservolumen beträgt zwischen 200 qm bis 1500 qm in der Schneeschmelze. Damit ist es der wasserreichste Wasserfall Europas.
Ich habe diesen gesehen und fahre die 25 km zurück bis zur Ringstraße.
Mein heutiges Ziel ist der höchst gelegenste Bauernhof Islands Mödrudalur. Dort soll es ein Restaurant und auch einen Campingplatz geben. Ich unterhalte mich unterwegs noch mit einem Schweizer Paar und zwei Radfahrern aus Alaska. Ansonsten gibt es nicht viel Abwechslung auf der Strecke.


Abzweig F88 zum Herdubreid - geschlossen.



Ich stelle mir die Gegend hier in der Dunkelheit vor, wie eine Mondlandefähre Apollo … aufsetzt und man meint, es wäre der Mond. Die Fahne weht im Wind. zwinker Wer weiß, vielleicht waren die doch nicht auf dem Mond, sondern hier in der Mondlandschaft.




Ich überquere den gewaltigen Fluss „Jökulsa a Fjöllum“, der zum Dettifoss fließt. Der Wind ist wieder grausam. Ich kämpfe gegen diesen und bin total hungrig. Nur noch die eine Bergkuppe.
Ein Bus fährt an mir vorbei. Andres sieht mich in Island zum letzten mal aus dem Bus heraus, wie er mir später berichtet. Am liebsten wäre er ausgestiegen und hätte mich bei dem Wind aufgemuntert.
Endlich habe ich den Abzweig 901 zum Hof Mödrudalur erreicht. Die 8 km Schotterstraße sind für mich nochmal richtig anstrengend. Nach den über 120 km bin ich richtig kaputt, die Hälfte der Strecke war der Wind von vorne. Schneller als 10 km/h ist man dann nicht.



Auf den letzten Metern treffe ich noch eine Frau mit ihrem Kind, die Island zu Fuß oder trampend erkunden. Sie Frau hat einen Wagen dabei und viel Gepäck. Wahnsinn denke ich mir nur, da habe ich es auf dem Rad leichter.










Der Hof und auch der Campingplatz liegen idyllisch. Überall sind noch Schneefelder. Teile des Campingplatzes sind noch nicht nutzbar.



Ich esse im Restaurant Lachs und gönne mir nach der Anstrengung ein Bier.







Mir gefällt der Platz richtig gut und ich sitze lange draußen in der Sonne, mit Blick auf den Herdubreid und diese Vögel.





Dunkel wird es hier nicht und nachts sind Nebelfelder auf dem Platz und Schafe grasen direkt neben meinem Zelt. Leise sind die Wolltiere nicht gerade. zwinker

Pause!