Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15

von: philipp_k

Re: Deutschland. Deine Flüsse - deine Kanäle 14/15 - 05.05.15 09:26

Dreizehnte Etappe : Regensburg - Ingolstadt 70km


Ingolstadt

Mich zieht es nach Hause. Es war ein voller und anstrengender Winter und jetzt sitze ich gerade wieder jeden Tag bis zu 8 Stunden auf dem Rad. Ich liebe es zu reisen und neue Gegenden zu sehen und zu erfahren, aber die letzten Tage hat sich das Gefühl eingeschlichen, dass es mir reicht. Ich bin müde und möchte einfach ausruhen und nicht darüber nachdenken müssen, wo ich am Abend eine Unterkunft finde. Tatsächlich bin ich reisemüde. Was für ein Luxus mir das einzugestehen und diesem Streben nach immer weiter, höher und besser auch mal nachzugeben. Viele Gedanken mache ich mir darüber woher eigentlich das ständige Streben nach Reisen kommt. Ist es auch eine Art Flucht? Geht es mir nur darum tolle Fotos daheim zu zeigen und auf Facebook zu punkten wie mutig ich mal wieder die Welt allein bereist habe? Wäre es nicht viel schöner mit einer Gruppe was zu machen und an einem Projekt teilzuhaben? Ich bin mir nicht sicher. Wahrscheinlich von allem ein bißchen. Auf jeden Fall nehme ich den Bus nach Regensburg und lasse die Etappe, an der Elbe entlang zu fahren fallen und beschließe noch die Donau nach Westen zu erkunden. Schön ist es hier. Die Stadt so direkt an der Donau. So einen großen Fluss vermisse ich in Freiburg. Es ist herrlich warm und die Menschen verbringen ihre Zeit draußen an der frischen Luft und sehen sehr gesellig aus.

Nach einer Nacht auf dem Campingplatz und der Freude, dass Bayern gegen Porto verloren hat starte ich wieder in Richtung Heimat. Der Weg ist super schön und es fühlt sich toll an hier zu fahren. Beste Beschilderung und direkt am Ufer. Im Sommer ist hier sicher viel los und die ersten 20 km nach der Stadt zeigen mir auch warum das so ist.
Leichte, große Kurve mit schönen Felsformation am Rande prägen die Landschaft. Große Felder und viel Wald sind zu sehen. Es wirkt alles sehr harmonisch. Bayern scheint noch aufgeräumter als der Rest von Deutschland. Bald erreiche ich ein Kloster, dass ich ebenfalls schon oft im TV gesehen habe. Allerdings immer nur in Zusammenhang mit Hochwasser. An der Außenmauer sind Markierungen und auch Fotos angebracht wie es hier bei den extremen Wasserständen ausgesehen haben muss. Krass. Ganze Ortschaften und das halbe Kloster waren nicht mehr zu sehen. Wenn ich mir aber die Stelle anschaue, wo das Gebäude steht, dann wundert mich das auch nicht. Die Donau drückt sich hier durch eine enge Spalte und wird so genau an dieser Stelle abgebremst.


Donau mit Felsformation


Kloster Weltenburg

Zu Mittag mache ich Halt in einem typischen Biergarten und genieße ein Radler. Gemütlich ist es hier. Wenn man sich sonst nicht mit dem Weltgeschehen befasst, dann könnte man glauben die Welt sei die reinste Idylle. Da ich mich langsam Ingolstadt nähere werden die Industrieanlagen wieder mehr. Ebenso eine ganze Region, die vom Automobilbau lebt. Unser Wohlstand ist schon sehr eng mit diesen Vierrädlern verbunden. Sollte ich mir nicht deshalb aus Solidarität auch eines kaufen und auf mein Rad verzichten? Ich denke nicht, denn erst kürzlich habe ich einen Bericht gelesen, der beschreib wie viele Menschen auch in Fahrradunternehmen Lohn finden. Zudem sind Radfahrer lange nicht so aggressiv wie Autofahrer. Erst am Morgen hatte ich wieder eine lautstarke Auseinandersetzung, da mich ein roter BMW-Fahrer schier von der Strasse gedrängt hatte. Ich werfe noch einen kurzen Blick ins Zentrum und suche mir dann einen Campingplatz. Obwohl ich mir fest vornehme noch mal am Abend in die Stadt zu fahren gewinnt heute mein spannendes Buch meine Aufmerksamkeit und somit verbringe ich die restlichen Stunden auf meiner Isomatte.