Re: Temperatur und Erfrierung

von: cterres

Re: Temperatur und Erfrierung - 14.01.17 11:47

Erfrierungen sind Gewebeschäden durch Frost. Die Hausfrau oder der Hausmann kennt das unter anderem auch unter Gefrierbrand. Das ist zwar eigentlich eine Austrocknung von Gefriergut, aber wenn man bei einer Erfrierung an so ein runzeliges Tiefkühlschnitzel denkt, ist man schon bildhaft auf dem richtigen Weg.
(Der Begriff passt auch deswegen gut, weil solche Schädigungen genau wie Verbrennungen mit den Verbrennungsgraden I-III eingestuft werden, wobei Erfrierungen mit Verbrennungsgrad III gleichzusetzen ist. )

Nur ist so ein Schnitzel nicht mehr durchblutet.
Zieht sich ein Mensch Erfrierungen zu, gefriert ihm zwar nicht das Blut in den Adern, aber das Gewebewasser im Muskelgewebe.
Dieses Wasser bildet Eiskristalle, dehnt sich aus und zerstört dabei Zellwände. Danach ist dieses Gewebe tot und wird auch durch Erwärmung nicht mehr durchblutet. Muskelfasern und Nervenstränge arbeiten nicht mehr. Das kommt dem Tiefkühlschnitzel dann schon sehr nahe, nur das die Erfrierung schwarz verfärbt sind, da sich hier ähnlich wie bei Totenflecken Blutansammlungen bilden und sich im bereits zerstörten Gewebe verteilen.

Ein lebender Mensch bekommt das natürlich mit. Erfrierungen spürt man als stechenden Schmerz ähnlich wie Verbrennungen bis zu der Schwelle, an der die Nervenenden absterben.
Das betrifft dann aber nur die am stärksten betroffene Körperregion, etwa einzelne Zehenglieder. Durch die noch intakten Nerven nahe des erfrierenden Bereichs erfährt man weiterhin intensiven Schmerz.

Nun gibt es zwei häufige Ursachen dafür, warum Menschen denen Erfrierungen drohen, nicht laut schreien.
Erst einmal wirkt Kälte natürlich nicht nur auf einzelne Körperregionen, sondern auf den gesamten Körper. Der Körper schützt sich gegen starke Kälte dadurch, das er die Kreislaufaktivität und den Stoffwechsel reduziert und dadurch die Durchblutung auf den Torso und das Hirn begrenzt. Extremitäten wie Füße und Hände erfrieren dann zuerst. Durch den reduzierten Stoffwechsel verliert der Mensch aber vorher schon das Bewusstsein.
Erfrierungen erfahren Menschen also meist während Bewusstlosigkeit.

Die zweite Ursache ist der Umstand, das sich manche Menschen absichtlich oder unabsichtlich vergiften und dadurch ebenfalls das Bewusstsein verlieren. Das geschieht durch vermehrte Einnahme von Alkohol, sedativ wirkender Medikamente oder ähnlicher Drogen. Aber auch durch Betäubung mittels Gas oder Lösungsmitteln (Schnüffeln).

Soviel zum Gruselkabinett.
Wer sich durch Frostschäden abgestorbene Zehen mal live ansehen möchte, kann sich um diese Jahreszeit mal als Helfer in der Notaufnahme eines städtischen Krankenhauses engagieren. Da kommt sowas gelegentlich mal rein.

Unterkühlungen (Hypothermie) werden in vier abgestufte Stadien unterteilt. Unter 35°C Körperkerntemperatur spricht man bereits von Unterkühlung. Die erlebt man schon, wenn man im T-Shirt und kurzer Hose im Januar Zigaretten ziehen geht.
Das Kältestadium I endet bei absinken der Körperkerntemperatur unter 32°C. Bis zu dieser Schwelle zittern Menschen vor Kälte. So lange das also noch der Fall ist, droht keine ernsthafte Gefahr.
Im Stadium II bis 28°C KKT verliert man vereinzelt bereits das Bewusstsein oder sind teilnahmslos und die Bewegungsfähigkeit wird eingeschränkt. Gezittert wird auch nicht mehr. Ab diesem Punkt wirds dann kritisch.
Stadium III reicht bis 24°C und ein Mensch ist dann bereits tief bewusstlos.
Unterhalb von 24°C liegt Stadium IV und Organversagen tritt ein.
Bevor man für Tot erklärt werden kann, wird der Körper des Patienten aufgewärmt. Standardregel: "Niemand ist tot, bevor er nicht warm ist und tot."