Re: Fahrrad & Personentransport von Köln - Italien

von: veloträumer

Re: Fahrrad & Personentransport von Köln - Italien - 11.04.17 12:55

In Antwort auf: Tobi aus Franken

"Verkehrsberuhigt" ist ziemlich relativ, von "Fußgängerzone" aber meilenweit entfernt. Die "ZTL" sind in der Regel eine Art Citymaut, Verkehr gibt's aber in Bologna, Rom, Neapel oder Palermo nach wie vor mehr als genug. Auch weil der Zugang zu diesen "Zone a Traffico Limitato" für jeden, der irgendwie in der Stadt zu tun hat, recht günstig im Jahresabo zu erstehen ist.

Das ist jetzt nicht so die ganze Wahrheit, denn Zugangsberechtigungen gibt es überall, wo es Fußgängerzonen gibt - also auch in Deutschland (parallel hier angedeutet die Probleme damit z.B. in Konstanz). Vielleicht fällt dir ein dreirädriger Lieferanten-Piaggio in einer Fußgängerzone in Italien wegen seines Knatterns unangenehmer auf, als die gleichzeitig einfahrenden 20 SUVs von Verwaltungsbeamtentöchtern auf einer deutschen Stadtallee, die allerdings wesentlich mehr Schadstoff ausstoßen. Die Zerschneidung von Städten durch Einfallsverkehr ist in Deutschland nicht selten schlechter als in Italien (dort begünstigt auch wegen kreisförmiger Altstädte ohne breite Straßenzüge, weniger Kriegsschäden) - das kann man hier in Stuttgart sehr gut zeigen, trotz langer Fußgängerzone.

Ich habe persönlich erlebt, wie in Catania ein unbelehrbare Dame mit dickem Knöllchen belegt wurde vom Polizisten, auch dort wird hart durchgegriffen - immerhin Sicilia. Catania war sehr krass - Innenstadt extrem ruhig (Fußgängerzonenbereich), außen die Hölle. Ähnlich übrigens Genua. In Triest habe ich beobachtet, wie die Zulieferung mit Handwägen durchgeführt wird - auch über längere Wegstrecken - nicht nur, wo es eng war - das ist bei uns kaum zu sehen. Und wenn es gemacht wird, wird man schräg angeschaut - habe das mal bei der Post erlebt in Konstanz, wo Briefe vom Amt per Handkarren abgeholt wurden. Alle haben geschaut als wäre ich der Esel vom Dienst.

Ich kann mich auch kaum an eine größere oder mittlere Stadt erinnern, die nicht ähnlich verkehrsberuhigte Zonen hat wie deutsche Städte - eher großflächiger (Florenz auch ein gutes Beispiel). Bologna ist ohnehin ein schlechtes Gegenbeispiel, denn es gibt dazu Zahlen, dass der Individualverkehr um ca. 70 % gesenkt wurde. Bologna gilt sogar als Pilotstadt weltweit, wirst du an der Seite von Kopenhagen, Stockholm, Zürich, Singapur oder Curitiba finden, wenn du über Zukunftsmobilät, future urbanism usw. lesen solltest (Curitiba, Brasilien, hat übrigens Bologna als Vorbild genommen, in Bologna begann die Entwicklung in den 1980er Jahren, in Curitiba in den 90ern). Dem allen nach darf man sich natürlich keine Illusion darüber machen, dass verkehrsarme Innenstädte den Autoverkehr insgesamt zurückdrängen könnten. Dafür muss in der Fläche noch ganz anders an Infrastruktur und Beschränkung des Indiviualverkehrs gearbeitet werden. Dass Italiener Autopaten sind wie die Deutschen, bleibt natürlich auch unbestritten - aber Fiat ist auch nicht mehr das, was es mal war. The times they are a-changin'...